Vater und Sohn

Deutschland Russland Frankreich Italien Niederlande 2002/2003 Spielfilm

Vater und Sohn

Der neue Film von Aleksandr Sokurov erzählt von einer Liebe zwischen einem Vater und seinem Sohn


Jörg Taszman, epd Film, Nr. 8, 02.08.2004

Zwei schöne männliche Körper baden in einem warmen, gelb-rötlichen Licht ... Wer jedoch glaubt, Aleksandr Sokurov filme eine Liebe unter Männern, täuscht sich. Der jugendliche Vater hält den von einem Albtraum geplagten Sohn in den Armen. Immer wieder sieht man die beiden mit entblößtem Oberkörper auf dem Dach eines Hauses Sport treiben, die Homoerotik scheint unübersehbar ... Allein, der russische Regisseur geißelte Kritiker in Cannes bei der Uraufführung des Films 2003 als westlich dekadent, die in dieser Form der Vaterliebe sexuelle Anspielungen gesehen haben wollten.

Aleksandr Sokurov geht es wie schon in "Russian Ark", seiner 90-minütigen Kamerafahrt durch die Eremitage, viel mehr um Ästhetik, Formvollendung und seine Idee von Schönheit als um nachvollziehbare Inhalte. Gerade im Westen wird der stark nationalistische und auch reaktionäre Unterton seiner Filme oft übersehen. "Russian Ark", eine unkritische Verherrlichung der Zarenzeit, spielte allein in den USA drei Millionen Dollar ein; die meisten Filme Sokurovs entstehen mit deutschem Geld.

"Vater und Sohn" beschwört die reine, platonische Liebe unter Männern. Frauen kommen nur kurz vor, ein Mädchen ohne Namen verlässt zu Beginn des Films den Sohn, der als junger Kadett in einer Militärschule ausgebildet wird. Lange glaubt man sich in einer russischen Märchenstadt am Meer zu Beginn des 20. Jahrhunderts, bis einmal eine Lissaboner Straßenbahn durchs Bild fährt. Sokurov gelingt es mit solchen Szenen, den Zuschauer kurz zu blenden, auch zu überraschen. Von den Bildern geht eine große Sogwirkung aus, die Schönheit des Lichts, der Bilder ist durchdrungen von Sinnlichkeit. Auf einer rein gefühlsmäßigen Ebene funktioniert "Vater und Sohn" gut: als Poesie in bewegten Bildern, unterlegt mit viel Tschaikowsky. Schade nur, dass bedeutungsschwere Mono- oder Dialoge und Weisheiten wie "Die Liebe eines Vaters kreuzigt den Sohn, und ein treuer Sohn nimmt die Kreuzigung in Kauf" den eingelullten Zuschauer unsanft aus dem Sog der Bilder erwachen lassen.

Neben den herausragenden Bildern von Kameramann Aleksandr Burov überzeugt der Darsteller des Vaters, Andrej Schchetinin, während Aleksej Neymyshev als Sohn leicht überfordert ist und den Rebellen sehr viel besser verkörpert als den reifen, nachdenklichen jungen Mann.

Aleksandr Sokurovs neuer Film verzaubert und irritiert, ist "l"art pour l"art" in seiner reinsten Form und in seiner Aussage über die "wahre Liebe" zwischen einem Vater und seinem Sohn ebenso gewöhnungsbedürftig wie fragwürdig.

Rights statement