Der Katzensteg

Deutschland 1915 Spielfilm

Der Katzensteg


Ernst Kämpfer, Bild und Film, Nr. 10, 1914/15


Ein nicht gerade sehr erbauliches Kapitel in der Geschichte des Filmdramas bilden die augenblicklich so ziemlich verschwundenen Autorenfilme. Nun kommt als Spätling Sudermanns "Katzensteg". (...)

Ich konnte mir von dem Experiment nicht viel versprechen. Die Gründe, die von jeher gegen die Autorenfilme sprachen, liegen so klar auf der Hand und sind so stark, daß sie, solange man bei dem bisherigen System bleibt, einfach unwiderlegbar sind. – Bühnenstücke, Romane usw., verlangen eben naturgemäß eine andere technische Behandlung in Aufbau und Wirkung als das Filmstück. Will man nun einfach (und man machte es sich oft sehr einfach) eine literarische Schöpfung auf den Film übertragen, so muß das Resultat ein mehr als klägliches sein. Wollte man aber durchaus derartige sehr überflüssige Versuche wagen, so mußte man eben mit der bisherigen Skrupellosigkeit der glatten Übertragung brechen. Dann läßt sich – vielleicht – ein besseres Ergebnis erzielen. In diesem Falle hätten aber Filmbearbeiter und Regisseur so viel Eignes dem Gegenstand zugefügt, daß der Erfolg sich nicht einstellte, weil es ein Autorenfilm war, sondern trotzdem es sich um einen solchen handelte. Vom eigentlichen Autorenwerk blieb dann nicht viel mehr übrig als die Idee.

In einem Punkte nun wenigstens, das sei gern bestätigt, hat man bei dem "Katzensteg"-Film wirklich gelernt: Das Stück verfügt über eine aus sich selbst heraus verständliche Handlung. Aber weitere, und zwar künstlerische Vorzüge? Man wird sie vergebens suchen. (...)

Psychologisch bleibt das Stück – es ist immer nur vom Film die Rede – so ziemlich alles schuldig. Die Charakterzeichnung der Handelnden ist unsicher. Die Gestalten schwanken schemenhaft hin und her. Was im Roman logisch motiviert durchgeführt ist, wirkt hier wie an den Haaren herbeigezogen. Man hat sich rein mechanisch an die äußere Handlung gehalten.

Irgendwelche filmkünstlerische Offenbarungen bringt also auch dieser Autorenfilm nicht. (...)

Bei dieser Gelegenheit noch ein Wort, das die Leitung der Union-Theater angeht. (...) Hier einige Proben aus der offiziellen Beschreibung des "Katzensteg"-Films: ... "Mit rohen Fäusten erpreßt er von Regine den Ursprung des Goldes; und unter den würgenden Fäusten des Trunkenboldes gesteht Regine ihren Verrat." "Das glorreiche Morgenrot des Freiheitskrieges ist angebrochen." "Durch einen Trinkspruch will man endlich ein Wort von ihm erpressen, der junge Merkel taumelt zu ihm, der nicht mit einstimmt und in seinem Schweigen verharrt, heran; da schleudert Boleslav seinen Namen entgegen." "Im Honorationszimmer verlangt Boleslav die Beerdigung seines Vaters." "Da flammt ein Schein über Boleslavs Gesicht, etwas von Regines dunkler Leidenschaft flammt in ihm über, stark reizt er Regine an sich: "Komm, wir gehen!" und feierlich reckt sich der alte Pfarrer auf und verflucht ihn und seine Magd." "Ungekannte Leidenschaften toben in Boleslav; es drängt ihn etwas Dunkles in Regine, die seine Sinnlichkeit in wilden Flammen aufflackern läßt und wie, um sich von etwas Unreinem zu befreien, beschließt er, Schloß Schrauden neu erstehen zu lassen." "Mit einem zarten Leuchten im Auge kehrt Boleslav mit ihr in sein Haus zurück." Soweit die BIütenlese! – Ein Skandal! – Und auf diesem Wisch steht der Name eines deutschen Dichters! –

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