Danton

Deutschland 1930/1931 Spielfilm

Danton


da., Lichtbild-Bühne, Nr. 20, 23.1.1931


Ein mit außerordentlichen materiellen und künstlerischen Mitteln ins Werk gesetzter Film. Ein Bildstreifen, der den Tonfilm – soweit dieser Erweis überhaupt noch zu erbringen war – als künstlerisches Ausdrucksmittel ersten Ranges legitimiert. Hier wird ein menschliches Drama vor dem Hintergrund eines bewegten historischen Prospektes mit den Elementen des Wortes und der Gebärde zu einem Erlebnis gestaltet, wie es tiefer, unmittelbarer, erregender auch nicht durch das Medium Theater zu vermitteln ist.

Mit offensichtlichem Bemühen um eine letzte künstlerische Leistung ist hier gearbeitet worden. Sind Einwände gegen Einzelzüge, Rollenauffassung, Motivierung der Katastrophe möglich, so werden Ausstellungen dieser Art der Geschlossenheit des Films gegenüber zu Sekundär-Fragen. Das Buch schuf Heinz Goldberg (durch eine Reihe historischer Stoffe gerade in letzter Zeit in den Vordergrund getreten). Die Struktur der Handlung war in den Hauptzügen vorgezeichnet. Nicht vorgeschrieben waren Akzent-Verteilung, Ausbalancierung des Kräftespiels!

Seit Büchner sind Danton und Robespierre ein klassisches Gegenpaar der großen Dramatik. (Aktion und Reaktion sind in ihren letzten Auswirkungen durch die Geschichte fixiert). Reizvoll aber für den Autor der Versuch: die Hintergründe, die Bewegungsmomente der Danton-Tragödie zu enthüllen.

Goldberg geht politischem Rankespiel nach; legt Hauptgewicht auf die großen Tribunal-Szenen, bleibt uns aber menschlich-intimere Begegnungen mit seinem Helden schuldig. (...)

Mit furiosem Tempo sind diese Szenen hingelegt. Überrumpelnd, Kortner in der großen Gerichtsszene. Bereits in diesen Augenblicken bekommt der Film einen mitreißenden Schwung, dem sich niemand entziehen kann, einen Schwung, der allein in den großen Schlußmomenten gesteigert werden soll.

Soweit die Exposition.

Die Gruppierung der Gegenspieler – Robespierre-Saint Just und Danton-Desmoulin – bereitet sich vor. Dantons "Verrat" an der Sache der Revolution – bei Büchner ist Danton im metaphysischen Sinne schuldig – erscheint in der Goldbergischen Version durchaus nicht als Verrat.

Die Geschichte gibt dem Autor Recht. Haltung und Handlung Robespierres hätten aber durchaus mehr motiviert werden müssen. Robespierre erscheint im Film als niederträchtiger Intrigant. Ist er der ehrgeizige Streber mit den Diktator-Gelüsten gewesen? Oder war er der Idealist, der vom Kult des höchsten Wesens träumte?

Ein durchaus dichterischer Einfall: jener Kleinrentner! Ein Fragezeichen, das immer wieder hinter all dem Gemetzel, hinter den gespreizten Phrasen steht!

Hans Behrends Inszenierung ist ebenso eine Energie-Leistung beträchtlichsten Volumens wie die Arbeit eines instinktsicheren Künstlers. Massen sind selten mit soviel Wucht, in so wundervollem Rhythmus bewegt worden. Die Tribunals-Szenen sind von einer Explosivkraft, die die Leinwand zu sprengen droht. Hier dröhnen nicht nur Worte, hier dröhnt das Bild!

Fritz Kortners Danton ist eine schauspielerische Leistung, wie sie uns der große Künstler lange nicht schenkte. Ist er in den Begegnungen mit Louise Gély spröde, so ist er in den Augenblicken vor dem Tribunal von einer Gewalt und erschütternden Größe, die zutiefst packen.

Robespierre: Gründgens. Eine eigenwillige Auffassung der Rolle ist nicht zu leugnen. Wie weit Gründgens aber dem ihm Vorschwebenden durch seine grotesk-gezirkelten Gesten nahe kommt, bleibt dahingestellt.

Bläßlich und konventionell die Louise der Mannheim. Die glanzvolle Besetzung der weiteren Rollen weist Namen wie Stahl-Nachbaur (Ludwig XVI.) von Wangenheim, Werner Schott, Speelmanns, Goetz usw. auf.

Nikolaus Farkas photographierte hinreißend. Immer wieder überraschen Perspektiven von wundervoller Kühnheit. Die Dialoge verfaßte (unter Benutzung von Original-Texten) Hans J. Rehfisch. (...)

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