Schicksalswende

Deutschland 1922/1923 Spielfilm

Der Fridericus-Film


H. Fr., Lichtbild-Bühne, Nr. 12, 24.3.1923


Selten ist wohl ein Filmwerk so mißdeutet – und auch mißbraucht worden, wie dieser Film, den man sowohl als nationalistischen, wie auch als antimilitaristischen Tendenzfilm aufzuputschen beliebt hat, und den man jüngst sogar in einigen recht amüsanten Ankündigungen französischer und belgischer Fachblätter im antideutschen Sinne auszuwerten versuchte. – In Wirklichkeit will dieser Film, der jetzt in seiner Totalität vorliegt, nichts anderes sein, als ein großes historisches Filmwerk, und wenn es die Aufgabe eines historischen Films ist, eine Zeitepoche widerzuspiegeln, so kann man wohl sagen, dass dieser einer der besten historischen Filme ist, die je geschaffen wurden. Worin besteht, künstlerisch, die große Schwierigkeit für den Regisseur eines historischen Films? In der Gefahr, daß die Dynamik, die doch letzten Endes die Wurzel aller Filmkunst ist, im Episodenhaften erstarrt, weil doch der Schöpfer eines historischen Films die Handlung, die sich dem eine frei erfundene Fabel Gestaltenden von selbst ergibt, nicht immer aus der Fülle der Begebenheiten herausschälen kann, ohne der Gesamtwirkung irgendwie Abbruch zu tun.

Bei den ersten beiden Teilen des "Fridericus"-Filmes war diese Gefahr nicht so sehr groß, weil gerade hier der gewaltige Stoff sehr viel von jener Dynamik barg, die dem Film Lebenselement ist. Akut wurde die Gefahr im dritten Teil, der ganz und gar episodenhaft und ohne dramatische Steigerung das Idyll von Sanssouci schildert, und gewissermaßen nur als die Exposition zum 4. Teil des Werkes zu betrachten ist. Man muß es jedoch dem Regisseur Arzen von Cserépy lassen, daß er es gerade hier auf dem dramatisch toten Punkt des ganzen Werkes verstanden hat, zusammen mit seinen technischen Mitarbeitern Reiner und Metzner (Bauten) und Guido Seeber (Photographie) Bilder von stärkster Einprägsamkeit zu schaffen, die trotz dem Manko an dramatischer Entwicklung auch diesem Teil des Werkes hohen künstlerischen Wert verleihen, wie denn überhaupt hier die größte Leistung des Regisseurs in der Unsumme von fleißiger Kleinarbeit und hübschen Einfällen liegt.

Der 4. Teil sollte, äußerlich, den Höhepunkt des ganzen Stückes bringen: die Schlacht von Leuthen; und doch mußte auch hier trotz der sehr geschickten (wohl von geschulten Militärs beratenen) Konstruktion der Schlacht, trotz der meisterhaften Beherrschung der Massenszenen durch Cserépy und Prager, diese sehr breit angelegte Darstellung letzten Endes etwas eintönig wirken. Von außerordentlich starker Wirkung ist dann wieder der Schlußakkord des Ganzen: das Dankgebet am Abend des großen Tages.

Für die Darstellung hatte man eine kaum übersehbare Menge von hervorragenden Kräften aufgeboten, die fast alle ihre Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit lösten. Otto Gebühr hatte die von ihm geschaffene Fridericus-Gestalt noch vertieft und bot nicht nur in der Maske eine treffliche Charakterstudie des großen Königs.

Wenn man auch die letzten beiden Teile des großen Werkes nicht ganz uneingeschränkt loben kann, so wird, nach der begeisterten Aufnahme der Premiere zu urteilen, der äußere Erfolg dem der ersten beiden Teile gewiß nicht nachstehen.

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