Bürgschaft für ein Jahr

DDR 1980/1981 Spielfilm

Summary

On Probation

Nina Kern, a young single mother in her mid-twenties, has just lost custody of her three children because of "asocial moral conduct". With the help of her friends, neighbours and colleagues, she tries to sort out her life to get back her children. She is officially supported by two warrantors, an engineer and a female music teacher. But Nina is a fun-loving person. When old friends visit her, she nearly forgets about her good intentions. Furthermore, an unhappy relationship makes her turn to alcohol again. But her warrantor prevents her from giving up. Nina is obviously overwhelmed. Thus, a compromise is made: Nina keeps two of her children, while she gives up her oldest and most difficult daughter for adoption.

Comments

You have seen this movie? We are looking forward to your comment!

Heinz17herne
Heinz17herne
Der Jugendhilfeausschuss tagt, Nina Kern erscheint an der Seite Traudel Brauns, einer Nachbarin und Freundin. Seit der Scheidung vor drei Jahren von ihrem Mann, einem versoffenen freischaffenden Maler, der die Alimente nur sporadisch zahlt und immer nur dann auftaucht, wenn er völlig blank ist, kommt die Endzwanzigerin nicht mehr richtig auf die Beine. Sie hat die Nächte mit Kneipenbekanntschaften durchbummelt und ihre drei Kinder vernachlässigt. Weshalb diese seit geraumer Zeit von Amts wegen in einem Kinderheim untergebracht sind und nun zur Adoption freigegeben werden sollen.

Doch Nina will das Sorgerecht nicht kampflos preisgeben. Ihr Lebenswandel ist seriös geworden, wie die Nachbarin bestätigt, sie hat einen neuen Job in einer Reinigungsbrigade der Berliner Verkehrsbetriebe, und sie hat mit Werner Horn einen neuen festen Freund. Der fährt Schulspeisen aus und ist auch sonst ein grundsolider junger Mann, der mit ihrem bisherigen Umgang, der Clique aus der Kneipe um die Ecke mit Ober-Rabauke Dieter, nichts zu tun hat.

„Wollen die Kinder denn überhaupt nach Hause?“ – „Die meisten wollen.“ Und in diesem Fall alle drei, sogar die sich sehr verschlossen gebende älteste Tochter Jacqueline. So beschließen die Ausschussmitglieder nach heftiger, kontroverser Diskussion eine Art Probezeit für Nina: Sie darf die fünfjährige Mireille, ihre jüngste Tochter, wieder zu sich nehmen, deren beiden ältere Geschwister bleiben im Heim. Zwei Bürger mit tadellosem Leumund übernehmen für die zunächst zweiköpfige Familie – mit Option auf Vergrößerung – die Bürgschaft für ein Jahr: der verheiratete Bauingenieur und SED-Genosse Peter Müller, der den „gesellschaftlichen Auftrag“ nur äußerst widerwillig akzeptiert, und die alleinstehende Musiklehrerin Irmgard Behrend, welche die für sie ungewöhnliche Aufgabe allein aus christlicher Verantwortung heraus übernimmt.

Und bald richtig gefordert ist. Denn Mireille muss immer wieder bei der Nachbarin Traudel Braun bleiben, auch über Nacht, weil sich Ninas alte „Freunde“ der Wohnung bemächtigen – und ihre junge, so sympathische wie lebensuntüchtige Mutter, schwankend zwischen der Furcht, etwas zu verpassen im Leben und dem Gefühl der Verantwortung nicht nur für das eine Kind in ihrer Obhut, nicht für ein bürgerliches Leben an der Seite des dazu bereiten Werner entschließen kann. Und dann funkt es auch noch zwischen ihr und dem attraktiven Heiner Menk. Doch der Hallodri, der zu allem auch noch gut mit Kindern kann, denkt gar nicht an eine feste Beziehung. Und die völlig überforderte Nina steht erneut vor einem Scherbenhaufen, was sogar Mireilles Pankower Heimleiterin nicht verborgen bleibt.

„Fast ’ne richtige Familie, nur ohne Mann“: Während der spießige Genosse Müller rasch die Brocken hinwirft, nicht zuletzt getrieben von seiner eifersüchtigen Gattin, kommt Frau Behrend, die den Heiligabend in kirchlicher Gemeinschaft verbracht hat, wo sie sich nicht nur am Klavier einbringt, sondern sich rührend um die Alten kümmert, erst richtig in Schwung: Sie ist es gewohnt, sich uneigennützig und vorurteilsfrei zu engagieren. Sie unterstützt Nina im beruflichen wie privaten Alltag, bringt System in die Haushaltsführung, treibt Alimente ein, hilft bei ausstehenden Ratenzahlungen, richtet sie psychisch wieder auf. Und bestärkt sie in ihrem Entschluss, sich selbst nicht zu überfordern und die verschlossene Jacqueline zur Adoption freizugeben. Doch deren Abschiedsworte nach ihrem letzten Besuch im Kinderheim werden Nina noch lange beschäftigen: „Du holst uns doch bald ’raus hier, Mama?“

„Bürgschaft für ein Jahr“ ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswerter Defa-Film. Herrmann Zschoche stellt das von der DDR-Staatspartei propagierte Rundum-Sorglos-Paket „Von der Wiege bis zur Bahre“ bloß. Und lässt dabei an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: In der Prenzlberger Boheme kann sich ein freischaffend-selbstverwirklichender Künstler leisten, die Alimente für seine drei Kinder zu versaufen. Die Behörden entziehen einer mit ihrer Mutterrolle hoffnungslos überforderten jungen Frau zwar das Sorgerecht über ihre Kinder, die aber wollen, obwohl sie Schlimmes erlebt haben müssen, so schnell wie möglich wieder aus staatlicher Betreuung nach Hause entlassen werden, welches Chaos sie auch immer dort erwartet. Eine Jugendhilfe-Kommission fällt rasch Urteile über Zwangsadoptionen, auch ohne die betroffenen Kinder vorher befragt zu haben. Und wenn es dennoch zu einer Bürgschaft für ein Jahr kommt, verabschiedet sich der SED-Genosse rasch aus der gesellschaftlichen Verantwortung, als die ersten größeren Probleme auftauchen. Während diese von der christlich orientierten und kirchlich engagierten Nicht-Genossin als Herausforderung angenommen werden...

„Bürgschaft für ein Jahr“ setzt die DDR-Stars authentisch-realistisch ins Bild etwa in den so situations- wie tragikomischen Szenen in Ninas Katastrophen-Wohnung in Erwartung der Jugendhilfe-Kommission oder bei der nicht weniger chaotischen Kinderzimmer- und Wohnungsrenovierung im Hinblick auf Mireilles Rückkehr. Herrmann Zschockes Sympathie gehört der am Leben verzweifelnden Nina und ihren Kindern, der offene Schluss lässt aber auch die Möglichkeit eines bitteren Endes zu.

„Bürgschaft für ein Jahr“ ist im Februar 1982 im Wettbewerb der 32. Berlinale gezeigt worden. Der Film wurde mit Auszeichnungen überhäuft, 1981 in der DDR mit dem Kritikerpreis „Große Klappe“ als bester Defa-Gegenwartsfilm sowie vom Jugendmagazin „Neues Leben“ als populärster Defa-Film. 1982 folgten auf der Berlinale der „Silberne Bär“ für Katrin Saß als beste Darstellerin und der OCIC-Preis des Office Catholique International du Cinéma sowie beim 2. Nationalen Spielfilmfestival der DDR in Karl-Marx-Stadt gleich vier Auszeichnungen für Gabriele Kotte, Herrmann Zschoche, Dieter Adam und Anne Hoffmann.

Pitt Herrmann

Credits

Director of photography

Cast

All Credits

Assistant director

Scenario

Script editor

Director of photography

Assistant camera

Still photography

Production design

Set construction

Costume design

Audio mixing

Unit production manager

Location manager

Original distributor

Duration:
2545 m, 93 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 17.09.1981, Suhl, Kulturhaus

Titles

  • Originaltitel (DD) Bürgschaft für ein Jahr

Versions

Original

Duration:
2545 m, 93 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 17.09.1981, Suhl, Kulturhaus

Awards

Nationales Spielfilmfestival der DDR 1982
  • Beste Kostüme
  • Bestes Szenenbild
  • Bestes Drehbuch (ex aequo >Die Beunruhigung<)
  • Beste Regie (ex aequo >Die Beunruhigung<)