Anders als die Andern
Anders als die Andern
Job, Film-Kurier, Nr. 13, 20.6.1919
Gar nützlich sehr und angenehm
Ist stets das Sexualproblem.
Dem einen dient’s für Seel‘ und Leib
Zu allbeliebtem Zeitvertreib,
Der andere macht, wenn es sich trefft,
Damit ein glänzendes Geschäft.
So leuchten denn von allen Teilen
Der buntbeklebten Litfaßsäulen
In ganz gigantischem Formate
Die allerneusten Filmplakate.
Hier lockt die "Prostitution"
Uns alle mit Sirenenton,
Dort gibt’s für Männer und für Frauen
"Die Sünde einer Nacht" zu schauen,
Hier ist gar "Sünd’ges Blut" zu sehn,
Doch "Sündenlust" ist auch ganz schön;
"Die Kupplerin" winkt in der Nähe,
Dort lädt man uns zu " Lillis Ehe",
Ich wette, ebenso gefällt’s,
Besieht man sich " Venus im Pelz".
Man sieht " Das mysteriöse Bett",
"Das Gift im Weib" ist grad‘ so nett
Und "Nach dem Mann der Schrei" nicht minder;
Das "Fräulein Mutter" schreit um Kinder.
Wie lieblich wirkt in diesem Tanz
Der gute, alte "Myrthenkranz".
Natürlich erst, wenn er zerrissen,
Wie wir durch "Die Verführten" wissen.
Daneben fällt uns auf beim Wandern
Ein Drama "Anders als die Andern".
Auch dies betätigt mit Genuß
Sich ganz in Sexualibus.
Und wenn ich sehe, wie ringsum
So einstürmt auf das Publikum
In wilder Flut Erotik nur
Unter dem Mantel der Kultur,
Denk" ich: "Wenn ich ‘nen Film nur wüßt",
Der "Anders als die Andern" ist!"