Summary
Hirayama cleans luxury public toilets in Tokyo. He likes to listen to music on his way to work, loves books and photographs trees in his spare time. Hirayama seems content with his everyday life. A series of chance encounters gradually reveal more about his past. The toilets in the film are part of a project in which Japanese star architects designed 17 public toilets in the Shibuya district of Tokyo.
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Mit seinem Daihatsu-Transporter durchquert er auf gewaltig dimensionierten mehrstöckigen Autobahnen die Millionenmetropole, um zu seinen verstreut liegenden Arbeitsplätzen zu gelangen. Zu „House oft he Rising Sun“ der „Animals“ nimmt er den ersten Schluck Kaffee aus der Dose: Hirayama vergisst nie, eine seiner alten Musikkassetten aus den 1960er bis 1980er Jahren einzulegen. Sie bestimmen auch den Sound des Films: Lou Reeds „Perfect Days“, nach dem der Film betitelt ist, aber auch Songs von Velvet Underground, Otis Redding, Patti Smith, The Kinks und anderen bis hin zu japanischer Musik aus derselben Zeit.
Wenn er Glück hat, kommt sein fauler, stets missgelaunter junger Mitarbeiter Takashi wie immer viel zu spät hinzu. Der lässt sich von der immer wiederkehrenden, monotonen Arbeit leicht ablenken, nicht zuletzt durch seine extravagante Freundin Aya, die mit Hirayama den Oldie-Musikgeschmack teilt. Mittags macht Hirayama Essenspause in einem Park unter Bäumen, deren filigranes Astwerk er mit seiner analogen Pocket-Kamera im Gegenlicht aufnimmt. Nach der Arbeit zieht er seine „The Tokyo Toilet“-Jacke aus, steigt aufs Fahrrad, besucht ein Badehaus, isst eine Kleinigkeit in einem Bahnhofs-Schnellrestaurant oder besucht die Bar der immer noch stimmgewaltigen Mama.
Hirayama ist mit sich und seiner Welt im Umkreis des nachts mehrfarbig leuchtenden Fernsehturms „Skytree“ zufrieden, verfolgt das Leben eines Obdachlosen, führt ein entlaufenes Kind seiner undankbaren Mutter zu und lässt sich die gute Laune nicht durch abschätzige Blicke einer sich vornehm gebenden jungen Frau bei der Mittagspause verderben. Als eines Abends plötzlich seine von daheim fortgelaufene junge Nichte Niko auf der Treppe vor der Wohnung hockt, nimmt er sie ganz selbstverständlich auf. Niko begleitet ihn bei der Arbeit und wäre gern länger bei ihrem lebensklugen, belesenen Onkel geblieben, wird aber von dessen Schwester Keiko in einer Nobelkarosse mit Chauffeur abgeholt. Für einen kurzen, emotionalen Moment wird der Toilettenmann mit seiner völlig anderen Vergangenheit konfrontiert. Doch bereits am anderen Morgen blickt Hirayama mit einem freundlichen Lächeln in den Himmel, bevor er sein Tagwerk beginnt…
„Perfect Days“ ist eine poetische, tief berührende Betrachtung über die Schönheit der alltäglichen Welt und die Einzigartigkeit eines jeden Menschen. Toilettenputzen ist aus der Sichtweise des Protagonisten keine minderwertige Arbeit, sondern eine Dienstleistung – und schließlich sogar eine spirituelle Haltung als Geste der Gleichheit und Bescheidenheit. In seinen von der Fotografin und Regisseursgattin Donata Wenders visualisierten Traumsequenzen offenbart Hirayama seine Faszination für die in Japan „Komorebi“ genannten Schattenspiele von Bäumen und Pflanzen im Sonnenlicht, die ihm den Weg zu seinem bescheidenen Leben gewiesen haben.
Anfang 2022 erhielt Wim Wenders einen Brief aus Tokio mit dem Vorschlag, eine Fotoserie oder einen dokumentarischen Kurzfilm über das Phänomen der öffentlichen Designer-Toilettenanlagen in der japanischen Hauptstadt zu machen. Der Regisseur im DCM-Presseheft: „Mir gefielen diese architektonischen Meisterwerke in Miniatur, die eher Tempeln glichen als Toiletten, und der künstlerische Aspekt, der das Projekt umgab.“ Und: „Ich finde, ‚Orte‘ sind in einer Geschichte, in Spielfilmen, immer besser aufgehoben als in dokumentarischen Formaten. Zum Beispiel mit einer Hauptfigur, die etwas von dem japanischen Sinn für das Gemeinwohl verkörpern würde. Ich hatte am ersten Tag schon die Männer kennengelernt, die sich um die Hygiene der Toiletten kümmerten. So einen könnte ich mir gut vorstellen, einer, der sich verantwortlich dafür fühlen würde, dass diese Orte schön, einladend und sauber blieben...“
In dem Schriftsteller und kreativen Kopf Takuma Takasaki fand Wenders „einen großartigen Sparring-Partner“ als Co-Autor. Und mit Koji Yakusho einen Schauspieler, den er mehrfach gesehen („Shall We Dance“, „Babel“) und bewundert hatte. Die Deutsche Erstaufführung fand am 19. September 2023 im Cinestar Leipzig im Rahmen der 23. Filmkunstmesse statt.
Pitt Herrmann