Nich' mit Leo

Deutschland 1994/1995 Spielfilm

Nich" mit Leo


Rolf-Ruediger Hamacher, film-dienst, Nr. 3, 31.01.1995

Seitdem Heinz Erhardt Anfang der 70er Jahre seinen letzten Film gedreht hat, hat kein Komiker im deutschen Kino seine Nachfolge antreten können. Zwar versuchte vor allem der Kabarettist Dieter Hallervorden, diese Lücke zu füllen, aber das Publikum akzeptierte ihn nicht als Identifikationsfigur. Danach kam die Zeit der Fernseh-Unterhalter und Showmaster, die aber allzu sporadisch (wie Loriot) für die Leinwand arbeiteten oder lediglich ihre fernseherprobten Gags (wie Otto) als Nummernrevue für das Kino bearbeiteten. Oder sie überschätzten wie Thomas Gottschalk und Mike Krüger ihr komisches Talent und drehten eine Plotte nach der anderen. Nun wagt sich auch der "Geld oder Liebe"-Showmaster und Alleinunterhalter Jürgen von der Lippe auf die Leinwand, und das gleich in drei Rollen: als Bordellbesitzer Charly, als Missionar, Charlys Zwillingsbruder Wilhelm, und als beider Halbbruder Leo, der aus der Fremdenlegion entflohen ist, bringt er ein verträumtes Städtchen in Aufruhr.

Nach seiner Rückkehr aus Afrika entdeckt Wilhelm, daß sein Vorgänger nicht nur ein eifriger Bordellkunde war, sondern auch mit seiner attraktiven Haushälterin ein Techtelmechtel hatte. Um den Sündenpfuhl trockenzulegen, verbündet er sich mit der Polizei. Ohne zu wissen, daß es sein Zwillingsbruder ist, kidnappt Charly den Priester, um ihn mit fingierten Sex-Videos zu erpressen. Als er den Bruder erkennt, schlüpft er in dessen Soutane und betreut auf seine Art Haushälterin und Gemeinde. Mittlerweile lernt Wilhelm unter den kundigen Händen von Charlys Geliebter und Geschäftspartnerin Rosi das weltliche Leben kennen. Als der Bischof das belastende Video zugeschickt bekommt, beschließt er, das Bordell, das auf kircheneigenem Grundstück steht, zu schließen und Wilhelm zurück in die Mission zu schicken. Aber da taucht plötzlich Leo, verfolgt von zwei Killern, in der Stadt auf und entpuppt sich beim "Finale" im Bordell als "studentischer Seitensprung" des Bischofs. Nun kann die Mutter ihre drei Söhne in die Arme schließen – den Rest wird der Himmel schon richten ...

Die Geschichte von den Fehltritten eines Geistlichen ist weder neu noch originell: sie grassiert an jedem Stammtisch. Daß aber ein "Herren-Witz" als Plot für einen ganzen Spielfilm herhalten muß, sagt schon viel über das Drehbuch aus. Daß Jürgen von der Lippe auch vor derben Geschmacklosigkeiten und sexistischen Anspielungen nicht zurückschreckt, ist man aus seinen Fernsehshows gewöhnt. Aber in ihrer Potenzierung wirken sie hier noch ärgerlicher. Da er weder schauspielerisches Talent besitzt noch Dialoge schreiben kann, klopft er ständig Sprüche oder zitiert einschlägige Bibelstellen. Sein "wahres Talent" entfaltet er in jener Szene, in der er einem Kaffee-Kränzchen alter Damen schlüpfrige Witze ("Warum haben Hähne keine Hände? Weil Hühner keine Brüste haben.") erzählt. Weil er eitel nur sich als (dreifachen) Mittelpunkt des Films akzeptiert, gehen die Nebenfiguren fast alle baden, so die vom Ansatz her witzigen Figuren des Bischofs und seines "Adjutanten", die sich auf die "Holy Open" in Rom vorbereiten. Aber Harald Schmidt und Herbert Feuerstein laufen, von Buch und Regie im Stich gelassen, wie Falschgeld durch die Gegend, hanebüchene Dialoge vor sich hinbrabbelnd. Nicht besser ergeht es Moderator-Kollege Karsten Speck als trotteligem Puff-Faktotum. Auch Jürgen von der Lippe geht die Puste aus: seine dritte Rolle als Fremdenlegionär wirkt wie eine doppelte und somit den ohnehin schwachen Witz zerstörende Pointe. Da die mitspielenden Frauen lediglich von ihrem Aussehen her gefordert werden, zeigt nur Dirk Bach als sado-masochistischer Bordell-Besucher schauspielerisches und komödianisches Talent. Der Regisseur sah seine Aufgabe offenbar darin, den Stil der 50er-Jahre-Komödien mit dem der Soft-Pornos der 70er "aufzufrischen".

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