Vom 14. bis 24. November 2019 präsentiert das Festival in 11 Tagen insgesamt 57 Filmproduktionen aus 38 Ländern. 37 Filme werden im Wettbewerb präsentiert, 12 Produktionen im Rahmen des Kinderfilmfestivals und 8 Filme laufen im sogenannten "Special" – Programm.
"Bei der Sichtung fallen uns immer wieder Produktionen auf, die zwar keine echten Newcomer-Filme oder keine Premieren mehr sind, auf die wir aber dennoch nicht verzichten wollen. Sie ergänzen unser Programm und setzen filmische Schwerpunkte, wie zum Beispiel die beiden deutschen Produktionen 'Sag Du es mir' von Michael Fetter Nathansky, der auf dem Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein den Filmkunstpreis 2019 erhielt, und 'Crescendo' von Regisseur Dror Zahavi, der mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. Bei der Aufführung klatschten 1.200 Kinobesucher den gesamten Abspann hindurch und dann standen sie auf und feierten das Team auf der Bühne. 15 Minuten Standing Ovations, das habe ich noch nie erlebt. Nun bin sehr gespannt, wie das Publikum in Mannheim-Heidelberg reagiert", so Festivaldirektor Dr. Michael Kötz.
Die Preisverleihung des 68. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg findet am Samstag, den 23. November 2019 um 19.00 Uhr im Rahmen eines Galadinners statt. Der Ticketvorverkauf in Mannheim (Paradeplatz) und Heidelberg (Hauptstraße, Ecke Theaterstraße) sowie online unter tickets.iffmh.de hat am 31. Oktober 2019 begonnen.
Das vollständige Programm finden Sie hier.
Die Sondervorführungen 2019
"Life As It Is: Miloš Forman on Miloš Forman" von Robert Fischer
115 Min., Deutschland
"Wie haben Sie das gemacht?" – Diese Frage aller Fragen im Gespräch mit FilmemacherInnen stellte auch Robert Fischer dem Meisterregisseur Miloš Forman – am 1. Mai 2000 in dessen Büro in den USA. Als nun am 13. April 2018 Forman verstarb, erinnerte sich der Filmhistoriker und Filmemacher Robert Fischer wieder an das Gespräch, das er dereinst aufgezeichnet hatte. Er illustrierte es mit einigen Filmausschnitten und Standbildern und beließ es ohne jeden Kommentar als das, was es war: ein einziges großartiges Gespräch über Leben und Werk des berühmten Regisseurs, und zwar aus dessen eigener Sicht! Es beginnt damit, dass er als junger Mann in seiner Heimat in der Tschechoslowakei die "Neue Welle" initiiert, mit "Der Feuerwehrball", mit dem er das Kino seines Landes 1967 auf die Weltkarte des Films zauberte – und der übrigens auch dereinst auf der Mannheimer Filmwoche zu sehen war. 1968 auf der Flucht aus seinem Land in die USA emigriert, stieg er dort in kürzester Zeit zur Weltklasse der Kinematographie auf, mit "Einer flog über das Kuckucksnest" 1975, mit "Hair" 1979 – schließlich mit "Amadeus" 1984. Zweimal gewinnt er einen Oscar, vor allem aber schafft er stilbildende Arbeiten und zeitgeschichtliche Meilensteine des Kinos. Und davon erzählt er.
"Tobby" von Hansjürgen Pohland
81 Min., Deutschland
Ein Film von 1961. Mit radikaler Lässigkeit auf dem Fahrrad in Berlin – und keinen Moment ohne Jazz! Er habe noch nie einen Film gesehen, der es so geschafft habe, "unmittelbar die Atmosphäre des Jazz abzubilden", schrieb der "Jazzpapst" Joachim-Ernst Berendt damals. Und man war sich einig, hier sei ein Meisterwerk der Beatnik-Ära entstanden. Der Filmpionier und Mitunterzeichner des Oberhausener Manifestes Hansjürgen Pohland schaffte es damals, dass sein Werk in einem Atemzug mit Jean-Luc Godards "Außer Atem" und John Cassavetes "Shadows" als stilbildend für den Zeitgeist der 1960er Jahre genannt wurde. Die Geschichte des Schlagzeugers Tobby, der ein lukratives Angebot ausschlägt, um seiner Jazz-Musik treu bleiben zu können, wirkt jedenfalls immer noch frisch und experimentell frech, mit viel Spaß an den Improvisationen des modernen Jazz, die kongenial und eindrucksvoll in Filmsprache übersetzt wurden. Gelegentlich noch im Trümmermief der Nachkriegszeit angesiedelt, startet der Held seine Odyssee durch die Moderne der Clubs der damaligen Szene. Dabei ist das Berlin der frühen 1960er Jahre noch ebenso improvisiert wie der Modern Jazz. Und der Musiker Tobby Fichelscher spielt sich selbst, als gäbe es kein Morgen.
"Der nackte König - 18 Fragmente über Revolution" von Andreas Hoessli
108 Min., Deutschland, Schweiz, Polen
Vor 40 Jahren war er als junger Kriegsreporter dabei beim Aufstand von Solidarność in Polen und der Absetzung des Schahs in Persien, dem Beginn der islamischen Revolution des Iran. Als Regisseur kehrt er zurück und redet mit den Menschen über das, was davon geblieben ist. Dabei entsteht ein faszinierender, dokumentarischer Essay über Glück und Unglück von Revolutionen. Waren diese Aufbruchsstimmungen, diese Revolutionen, allein das bald verblassende Zwinkern eines Augenblicks? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich der essayistische Dokumentarfilm in einer poetischen Montage aus atmosphärischen Aufnahmen, historischen Dokumenten, Interviewfragmenten und Musikakzenten. Einen besonderen Schwerpunkt setzt die durch den Film führende literarische Erzählung mit der Stimme von Bruno Ganz, die die Emotionen, Stimmungen und Märchen der Revolution artikuliert. Ist Revolution nicht ohnehin nur eine Phantasie fernab jeder Wirklichkeit, die am bald folgenden Realitätstest doch stets zerbrechen muss? Da ist die Nacktheit des Kaisers oder Königs ohne Kleider nur eine der ewigen illustrierenden Legenden in diesem ebenso sinnlichen wie klugen Essayfilm voller aufrüttelnder, aber auch meditativ nachdenklich stimmender Bilder.
"Land des Honigs" von Ljubomir Stefanov und Tamara Kotevska
86 Min., Nordmazedonien
Hatidze hütet ihre Wildbienenkolonien in den Felsspalten an einem Berg in Nordmazedonien. Ihr Leben ist hart, und der Ertrag ihrer mühevollen Arbeit ist bescheiden. Sie fühlt sich zugleich als Hüterin der Bienen, weswegen sie nach alter Sitte immer einen gewissen Teil des Ertrags zurücklässt. So kann sie nur wenig Honig in der Stadt verkaufen. Dieses fein austarierte System ändert sich dramatisch, als eine Nomadenfamilie mit sieben Kindern und 150 Kühen in dem kleinen verlassenen Dorf auftaucht. Zunächst freut sie sich, weil sie nicht mehr so allein ist. Doch auch die neuen Bergbewohner/innen wollen am Honiggeschäft partizipieren, jedoch ohne sich an die Prinzipien der traditionell verankerten Imkerei zu halten. Nun kommt alles darauf an, was der Familienpatriarch über die Zukunft Hatidzes entscheidet. Ein Dokumentarspielfilm über das Leben von Mensch und Biene, bei dem Ljubomir Stefanov und Tamara Kotevska so nah an ihre Protagonistin herankamen, dass wir im Film authentisch miterleben können, wie sich die Moderne und deren Ausbeutung der Natur durchzusetzen droht. In grandioser Landschaft und mit einer phantastischen Heldin im Mittelpunkt zeigt der Film eindrucksvoll, welche Folgen die Zerstörung unserer Umwelt auch in diesem Dorf in Nordmazedonien hat.
"My Little One" von Frédéric Choffat und Julie Gilbert
101 Min., Schweiz
Zwei Männer kommen erschöpft in der Wüste an und warten darauf, von Jade, in die sie vor langer Zeit einmal verliebt waren, abgeholt zu werden. Doch dem altersschwachen Truck, der dann kommt, entsteigt die kaum zehnjährige Frida, die ihnen burschikos und offenbar an Kummer mit "Gringos" gewöhnt, gleich ihren Platz zuweist. Ihre Mutter Jade, in einem alten Trailer mitten in der Wüste residierend, schläft gerade. Dabei hat sie Alex und Bernardo ausdrücklich und mit einer dringenden Bitte sogar aus dem fernen Europa, nämlich der Schweiz, herbeigerufen. Denn Jade ist krank, todkrank. Trotzdem erleben wir bald eine mitten im Leben stehende Zauberprinzessin, die mit ihrer handfesten, coolen kleinen Tochter das Leben im Navajo-Reservat trotz allem beherrscht. Zugleich ist sie den Geistererscheinungen und Riten der Indianer zugetan und will ihre Geheimnisse mit den Freunden von früher nicht gleich teilen. Ihre alte Liebe und eine seltsame neu erwachende Faszination für diese Frau halten die Männer in ihrem Bann. Zwischen Navajos an Glücksspielautomaten, einem Solo-Rockkonzert und den Weisheiten des Schamanismus leben Tochter und Mutter, die einstige Musik-Queen, hier in der Wüste – in großartigen Szenarien einer mystischen Landschaft.
"Omar and Us" von Mehmet Bahadir Er und Maryan Er Gorbach
104 Min., Türkei
Eben war er noch Kommandeur der türkischen Küstenwache, jetzt soll Ismet die Rolle des Pensionärs akzeptieren, wo doch täglich weitere Geflüchtete kommen. Eine Gruppe von ihnen attackiert einen alten Fischer, um dessen Boot zu stehlen. Verwundert sieht Ismet, dass ein aus Syrien geflüchtetes Paar statt sich in Sicherheit zu bringen, lieber diesem Alten hilft und sich selbst in Gefahr bringt. Er ist irritiert. Und das auch deshalb, weil seine Frau nach Amerika will, wo der gemeinsame Sohn schon ist. Als dann auch noch der Nachbar diesem Paar, Omar und Mariye, hilft und es aufnimmt in seinem Haus, weil sie den alten Fischer gerettet haben, ist Ismets Welt aus den Fugen. Denn eigentlich, findet der stramme und rechtschaffene Soldat, müssten sie doch in ein Lager. Dabei, daran erinnert ihn seine Frau, ist sein eigener Vater doch einst aus Pristina im Kosovo gekommen, so sehr er sich heute auch als Türke fühlt. Schritt für Schritt muss Ismet umdenken, sich von seinem früheren Beruf entfernen. Schließlich wird er Omar anbieten, mit ihm Volleyball am Meer zu spielen. Und nicht nur das. Nächstenliebe und Toleranz stehen im Mittelpunkt dieses kleinen Lehrstücks um einen Mann, der sein Weltbild korrigieren muss, um mit anderen Augen in die Welt zu schauen – hier am Meer an der Griechisch-Türkischen Grenze.
"Crescendo #makemusicnotwar" von Dror Zahavi
106 Min., Deutschland, Israel, Italien
Im Rahmen eines Friedensgipfels in Südtirol soll ein Jugendorchester spielen. Damit sich genügend junge MusikerInnen der beiden verfeindeten Gruppen von Palästinenser/innen und Israelis finden, haben die deutschen Veranstalter den weltweit renommierten Dirigenten Eduard Sporck verpflichtet, der sich aus persönlichen Gründen dazu bereit erklärt. Schon der Weg zum Vorspielen, das in Tel Aviv stattfindet, ist für die PalästinenserInnen steinig und von harten Grenzkontrollen geprägt und beim ersten Blindvorspiel hinter einer Trennwand blitzen die Konflikte auf zwischen den beiden Fraktionen des Orchesters. In Südtirol am Ort der Friedenskonferenz ist das ganze Geschick des Dirigenten gefragt, die Musik als verbindende Kraft zur Geltung zu bringen. Ein Meisterwerk und das im Stil, in der Tiefe der Dialoge, im Tempo der Montage, der Liebe zu den Details, und nicht zuletzt im großartigen Spiel des Peter Simonischek als Dirigent. Eine wunderbare Hymne auf die Kraft der Musik und auf den Frieden.
"Sag Du es mir" von Michael Fetter Nathansky
102 Min., Deutschland
Zwei Schwestern in Schwierigkeiten. Moni kommt eigens aus Spanien nach Potsdam zurück, um ihrer Schwester Silke zu helfen. Die ist übel zugerichtet worden auf einer Havel-Brücke. Die beiden suchen den Täter. Doch der hat seine eigene Perspektive. Und auch die Schwestern haben – genau besehen – verschiedene Theorien über den Tathergang. Drei Figuren. Drei Geschichten. Und die Wahrheit dahinter wird immer mehr zu einem Spiel mit wohlfeilen Lügen und hintergründigen Täuschungen: Wer braucht tatsächlich wen und warum? Und kann es sein, dass Gewalt gegen andere immer die Folge einer nicht gelungenen Selbstliebe ist? Ein großartiger Einblick in die Seelen von Verlorenen, die dennoch nicht aufgeben zu suchen, weil sie sich finden wollen – und sei es in der Seele der Anderen.
Quelle: www.iffmh.de