Ein blonder Traum
Ein blonder Traum
Was sich gestern auf dem Kürfürstendamm vor dem Gloria-Palast abspielte, sah einen Vorgeschmack des Ereignisses, das sich im Innern des Hauses abrollte. Und zugleich ein einwandfreies Horoskop für die fernere Laufbahn des neuen Ufa-Films. Man braucht nicht gelernter Astrologe zu sein, um die Zeichen zu deuten, die diesem Film einen strahlenden, ungewöhnlichen Run durch Deutschlands Lichtspielhäuser künden.…
Zunächst gab es den Run an der Gedächtniskirche. Während drinnen der "Blonde Traum" vor einem begeisterten Hause ablief, stauten sich draußen die neugierigen Massen derart, daß ein strammes Polizeiaufgebot durchgreifen mußte, um überhaupt eine Verkehrsmöglichkeit zu schaffen. Innen aber jubelte ein hingerissenes Auditorium einem musikalischen Volksstück zu, das einen glücklichen Treffer bedeutet, wie er nur unter besonders günstigen Gestirnen geboren wird. Ein Dreigestirn war es: Lilian Harvey, zum letztenmal zu sehen mit ihrem traditionellen Partner Willy Fritsch, und das Ganze ergänzt und übersteigert durch Willi Forst. Die drei Künstler zeigten sich von ihrer besten Seite. Willi Forst sogar von einer Seite, wie man ihn bisher noch kaum kannte, so gelöst, natürlich, überzeugend. Jeder in seiner persönlichen Art so vollkommen, daß einem von ihnen die Siegespalme zu verleihen sinnlos wäre – zumal die Regie aus allen Dreien eine prachtvoll in sich abgestimmte, menschlich nuancierte Einheit zu schaffen wußte. (Und doch: Willi Forst …!)
Die Regie: wer selbst nicht geneigt ist, jenem Star-Kult zu verfallen, der gestern den Kurfürstendamm in Mobilmachungszustand versetzte, wird mit uns die Regieleistung an die Spitze dieser hundertprozentigen Gewinnbilanz setzen. Paul Martin ist ein entschiedener Gewinn für den deutschen Tonfilm, und selten hat sich der Mut einer neuen Kraft eine Chance zu geben, so belohnt, wie hier bei der Ufa. Das Libretto, das Walter Reisch und Billy Wilder schufen, muß ihm freilich eine vorzügliche Unterlage gewesen sein. Selten fand man das stets schwierige Problem des operettenartigen, musikalischen Drehbuchs so befriedigend gelöst; das funkelt von Einfällen, und zwar nicht nur im amüsanten Dialog, sondern in sehr origineller Bild- und Szenenführung; das sprudelt von optischen Einfällen und löst in beispielgebender Form das Ineinander von Bildhandlung und Musik. Und diese Musik Werner Richard Heymanns, die in ihrer volkstümlichen Schlagkraft hinter seiner "Kongreß" -Musik nicht nachsteht, wird entschieden zu einem der maßgebenden Erfolgsfaktoren. Ausgezeichnet die beiden volksliedhaften Hauptschlager für die Harvey und Hörbiger.