Der Bergadler

Deutschland 1925/1926 Spielfilm

Der Bergadler


Film-Kurier, Nr. 125, 1.6.1926


(...) Man weiß nicht recht, was dem Regisseur Alfred Hitchcock bei der Behandlung dieses Stoffes vorgeschwebt hat. Wollte er den Untergang eines gewalttätigen, brutalen Tyrannen zeigen oder die Tragödie eines innerlich Einsamen, der mit sich selbst und der Welt hadert? Vielleicht wird dieses Verschwommene und Unklare durch das Spiel Bernhard Goetzkes in der Rolle des Bürgermeisters hervorgerufen, der nicht mit kalten Mitteln den üblichen Schurken spielt, sondern versucht, seine Rolle psychologisch zu vertiefen. Dem gegenüber stehen andere Szenen, die einem herkömmlichen Wildwestfilm entnommen sein könnten.

Dem Film fehlt die große Linie. Bernhard Goetzke spielt jede Szene bis zum äußersten aus, dann ist wieder das Tempo durch Schnitte künstlich forciert. Man pendelt ständig zwischen einem Kammerspiel und einem ganz schablonenhaften, kaum zu bestimmenden Filmgenre hin und her.

Hinzu kommt, daß in den vielen indirekten Titeln ein Teil der Spannung vorweggenommen wird. Diese Überfülle der erläuternden Worte läßt den Film fast zu einem illustrierten Roman werden.

Auch das Milieu des Dorfes ist nicht genau ausgeprägt. Bald scheint die Handlung irgendwo im Bayerischen Wald zu spielen, bald wird dieser Eindruck durch englische Inschriften und andere Äußerlichkeiten wieder verwischt.

Der Film beweist, daß internationale Zusammenarbeit auch nicht immer das Richtige ist. Bernhard Goetzke, ein typisch deutscher Darsteller, paßt nicht recht zu einem Amerikaner wie Malcolm Keen, der in der Titelrolle trotz einiger Ansätze zur Vertiefung doch immer der konventionelle amerikanische Wildwest-Held bleibt.

Auch Hitchcocks Regie ist von deutschen Vorbildern beeinflußt, ohne sich zu einer Richtung durchringen zu können.

Nita Naldi in der weiblichen Hauptrolle wirkt durch ihre vornehme Zurückhaltung.

Alles in allem ein Film, der viele gute Einzelleistungen bietet, der aber zu viele einander widerstrebende Momente aufweist.

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