Summary
Frieder, who is in his early thirties and likes to party as the singer of a rock band, takes a lucrative job offer as a factory manager and moves from Germany to rural Poland. He integrates well into the new environment, winning the trust of the workers and falling in love with Gosia, a farmer′s daughter. Everything seems perfect and the two decide to marry – but then Frieder′s former bandmates unexpectedly arrive for his bachelor party. Cultures clash when the rockers meet the townspeople and the now bourgeois Frieder has to confront his much wilder past.
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Nun aber gehts aus dem verschlafenen Heide tief nach Osten, was Frieder als Befreiungsakt ansieht: Er soll eintausend Kilometer vom Elternhaus entfernt irgendwo in der polnischen Provinz die Zweigstelle eines deutschen Unternehmens leiten. Und das mit Ende Zwanzig, was den Vater auf die Palme bringt: „Denk an deine Mutter, die kann keine Nacht mehr schlafen. Im Grunde ist das ein wildes Land.“
Drei Jahre später an der polnischen Ostgrenze, die zugleich, Schengen sei Dank, die Festung Europa sichern soll: Soldaten werden von einem amerikanischen Indianer (Tim Sikyea) geschult, nicht nur im Fährtenlesen, weil das beim heutigen Stand der Nachtsicht-Elektronik kein Problem mehr darstellt, sondern auch mental: Die Grenzer sollen sich in den zum „Feind“ erklärten Eindringling hineinversetzen, um seine nächsten Schritte vorausahnen zu können.
Frieder hält sich inzwischen selbst für einen halben Polen – mindestens. Woran ein reizender „Schmetterling“ namens Gosia keinen geringen Anteil hat: Mit ihr will der mit eigenem Häuschen und ungebremstem Karrieredrang nunmehr etablierte Spießer vor den Traualtar schreiten. Weshalb er in jeder freien Minute, und sei es beim Autofahren, die polnische Hochzeitsformel auswendig lernt.
„Eisgekühlter Bommerlunder, Bommerlunder eisgekühlt“: Alles läuft nach Plan, bis am feucht-fröhlichen Polterabend Frieders einstige Band-Kumpel Jonas, Paul, Knack und Manni in der Eigenheim-Baustelle stehen. Und so gar nicht in Frieders neues Leben – und seine polnische Umgebung – passen wollen.
Was eine Menge mit dem Gastgeschenk der sich so cool wie einst gebenden Jungs zu tun hat: Als Überraschungs-Ei präsentieren sie Ines, Frieders Freundin aus längst vergangenen „Hurrican“-Zeiten, für einen heißen Junggesellen-Strip. Was Gosia, ihren Vater Zbigniew und die anderen polnischen Gäste nicht wirklich erfreut, weshalb kräftig gepoltert wird im Feuerwehrhaus, wobei Porzellan eigentlich kaum zerschlagen wird.
Für handfeste Auseinandersetzungen unter den frisch unierten europäischen Nachbarn gibt es freilich auch noch einen richtigen Grund: Die naturgemäß gewerkschaftlich organisierten polnischen Arbeiter wollen neben einer Lohnerhöhung im zweistelligen Bereich auch noch Sozialleistungen auf deutschem Hängematten-Niveau erstreiken. Da kommt ihnen mit Jonas, dem arroganten Sohn von Frieders Chef, gleich der Richtige in die Quere...
„Hochzeitspolka“, am 2. Dezember 2013 vom NDR erstausgestrahlt, ist eine turbulent erzählte und schwungvoll verfilmte deutsch-polnische Komödie über Männerfreundschaften, das Pflegen von gegenseitigen Vorurteilen, über Klischees und Missverständnisse. Dabei nehmen die beiden Autoren Lars Jessen und Przemyslaw Kowakowski, die sich von der Berlinale her kennen, kein Blatt vor den Mund, Polen wie Deutsche bekommen ihr Fett ab, und zwar nicht zu knapp.
Der 1970 in Warschau geborene Filmemacher Nowakowski, hierzulande vor allem bekannt als Drehbuchautor für Andzej Wajdas Weltkriegsdrama „Das Massaker von Katyn“, zum deutsch-polnischen Culture Clash, der hinter all' dem derben Klamauk durchaus zum Vorschein kommt: „In der polnischen Sprache gibt es so ein Wort wie 'Spießer' nicht. Bei uns geht das in eine andere Richtung: Die Leute haben angefangen, sehr bürgerlich zu sein und viel Geld zu verdienen, zu konsumieren. Es gibt einen großen Nachholbedarf an überschaubarem Wohlstand. Daran herrschte ja in kommunistischen Zeiten Mangel, deshalb kommt man gar nicht auf die Idee, das spießig zu nennen.“
Übrigens: Das mit der Rothaut an der polnisch-ukrainischen Grenze ist keine abstruse Erfindung: Sioux-, Navajo- und Tohono-Indianer vom amerikanischen Grenzschutz in Arizona haben 2004 polnische Polizisten im Fährtenlesen und Spurensuchen ausgebildet. Ob sie auch wie hier zum Seelenfrieden einer polnischen Braut beigetragen haben, ist dagegen nicht überliefert. Apropos „Eisgekühlter Bommerlunder“: Wer nach neunzig Minuten Knabbertüte und Trinkbecher einpackt und schnurstracks zum Ausgang eilt, verpasst den Abspann. Und das wäre wirklich schade!
Pitt Herrmann