Europäischer Filmpreis 2017: Der russische Filmemacher Aleksandr Sokurov erhält den Ehrenpreis für sein Lebenswerk

Aleksandr Sokurov wird von der European Film Academy im Rahmen der 30. Verleihung des Europäischen Filmpreises am 9. Dezember in Berlin für seine herausragende Arbeit als Regisseur, Dramaturg und Kameramann mit dem Ehrenpreis für ein Lebenswerk ausgezeichnet.

Nach Abschluss eines Geschichtsstudiums drehte Aleksandr Sokurov bereits mehrere Fernsehfilme und Dokumentationen, ehe er ein Studium am renommierten Moskauer Gerassimow-Institut für Kinematographie (vgik) begann. Seine Filme, die während der Sowjetzeit entstanden und in der UdSSR verboten waren,  feierten im Ausland Erfolge. Zu seinen ersten Spielfilmen zählt "Gramvolle Gefühlslosigkeit", der 1987 direkt in den Wettbewerb der Berlinale eingeladen wurde. Im selben Jahr gewann sein Debütfilm "Die einsame Stimme des Menschen" den Bronzenen Leoparden in Locarno. Beim ersten Europäischen Filmpreis 1988 im damaligen West-Berlin war Sokurovs Film "Tage der Finsternis" in der Kategorie "Bester Nachwuchsfilm" nominiert. Eine weitere Nominierung beim Europäischen Filmpreis erhielt er 2001 für "Elegy Of A Voyage" in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm".

Für sein Epos "Mutter und Sohn", das 1997 beim Internationalen Filmfestival Moskau Premiere feierte, nahm Sokurov zahlreiche Preise entgegen, darunter den "Fipresci"-Preis des Sochi Festivals und den Preis der Ökumenischen Jury im Berlinale Forum. Die Fortsetzung der bislang unvollständigen Trilogie "Vater und Sohn" gewann 2003 den "Fipresci"-Preis in Cannes.

Auch seine Tetralogie über die Mechanismen der Macht fand weltweit Beachtung: Der erste Teil, "Moloch", über Adolf Hitler, wurde 1999 bei den Filmfestspielen in Cannes für das "Beste Drehbuch" ausgezeichnet und beim Europäischen Filmpreis nominiert. Im zweiten Teil, "Taurus", der 2001 ebenso in Cannes Weltpremiere feierte, setzt sich Sokurov mit Lenin auseinander und übernahm neben der Regie auch die Kameragestaltung. Der Film erhielt den russischen "Nika" Preis in den Kategorien "Bester Film", "Regie" und "Kamera". "Die Sonne" über den japanischen Kaiser Hirohito, für den Sokurov abermals auch hinter der Kamera stand, lief 2005 im Wettbewerb der Berlinale und gewann einen "Nika" für das "Beste Drehbuch". Mit "Faust" findet die Tetralogie ihren Abschluss – der Film erhielt den Goldenen Löwen in Venedig, den Preis der Ökumenischen Jury und den "Nika" als "Bester Film".

2002 verblüffte er Filmliebhaber und Kritiker gleichermaßen mit seinem Beitrag "Russian Ark – Eine einzigartige Zeitreise durch die Eremitage", der in einer einzigen Einstellung gedreht wurde. Der Film war für den Europäischen Filmpreis nominiert und gewann einen "Nika" in den Kategorien "Produktion" und "Kostümdesign". 2015 stellte er im Wettbewerb von Venedig seinen Film über die Besetzung des Louvre durch die Nazis – "Francofonia" – vor, der den Fedeora Preis und den Fondazione Mimmo Rotella Preis erhielt. Sokurov wurde bisher zudem mit dem Robert-Bresson-Preis der Filmfestspiele Venedig und dem Vittorio De Sica-Preis ausgezeichnet.

Neben seinen Spielfilmen dreht er in Russland weiterhin Dokumentationen – ein wiederkehrendes Thema dabei ist das Militär in der ehemaligen Sowjetunion. Von 2011 bis 2016 unterrichtete er Filmwissenschaft an der Staatlichen Universität Kabardino-Balkarien im Nordkaukasus, wo er ein Seminar für junge Filmschaffende aus der Region einführte. Seit einigen Jahren verhilft seine Stiftung "Example of Intonation" jungen Talenten zu größerer Aufmerksamkeit, sammelt Gelder und bringt Filme aufstrebender Regisseure heraus. Daneben hat er die "Sokurov's Group for the Protection of the Cultural and Historical Image of Russian Cities" ins Leben gerufen.

Als Autor und Regisseur ist Aleksandr Sokurov nach wie vor eine wichtige und inspirierende Stimme im russischen und europäischen Kino, nicht nur aus künstlerischer Sicht, sondern auch durch seinen mutigen Einsatz für Redefreiheit, die Freiheit der Kunst und humanistische Werte.

Aleksandr Sokurov wird als Ehrengast an der Preisverleihung des 30. Europäischen Filmpreises am 9. Dezember in Berlin teilnehmen, die live auf www.europeanfilmawards.eu übertragen wird.

Quelle: www.europeanfilmacademy.org