Stellungswechsel
Stellungswechsel
Von Mike Beilfuß, film dienst, Nr. 20, 2007
"Ganz oder gar nicht" (fd 32 812) war 1997 eine Erfolgskomödie. Der britische Film um sechs arbeitslose Stahlarbeiter, die beschließen, eine Männerstriptease-Gruppe zu gründen, um so ihr Geld zu verdienen, scheint für "Stellungswechsel" Pate gestanden zu haben, das Regiedebüt der Drehbuchautorin und Schauspielerin Maggie Peren. Der Unterschied: Im deutsche Pendant geht es um fünf Männer aus unterschiedlichen Berufen, die eine Begleitagentur für Frauen gründen. Ein Blick auf die bisherigen, von Maggie Peren verfassten Drehbücher lässt für "Stellungswechsel" nichts Gutes erhoffen: Zwar hat die 33-Jährige gute Vorlagen für Dramen wie Vanessa Jopps "Vergiss Amerika" (fd 34 546), Marco Kreuzpaintners "Ganz und gar" (fd 35 986) und Dennis Gansels "Das Phantom" (2000) sowie "Napola" (fd 36 860) geliefert, ihre Komödien-Scripts – u.a. für die Kinoerfolge "Mädchen, Mädchen" (fd 34 779) und "Mädchen Mädchen 2 – Loft oder Liebe" (fd 36 530) – waren indes seicht bis schlecht. Nun beginnt Maggie Peren ihre Regiekarriere ausgerechnet mit einer Komödie.
Der doppeldeutige Titel "Stellungswechsel" verspricht denn auch mehr, als der Film letztlich halten kann. Der Verweis auf die Jobsuche zum einen und auf die gewünschten oder notwendig werdenden sexuellen Aktivitäten zum anderen könnte auf eine gelungene Gesellschaftskomödie deuten; doch das entspricht nur bedingt dem tatsächlichen Film, der allzu seine Charaktere im Klischee belässt. Da wäre zum Beispiel der Softie Frank, der seinen Job bei einer Frauenzeitschrift wegen Stellenstreichungen verloren hat. Er putzt die Wohnung, kocht für seine Freundin, ist verständnisvoll und hört gern zu. Sein Konterpart in der Männerrunde ist Gy, abgeleitet von Günther, der Macho-Polizist, der in Geldnot geraten ist. Seine Wohnung ist unaufgeräumt, und er kann quasi nicht anders, als über seine Kollegin beim Autofahren herzuziehen. Die Entwicklung dieser beiden Charaktere, die dramaturgisch konsequent im Laufe des Films dazulernen und jeweils von ihrer extremen Position abrücken, ist banal und folgt gängigen Komödienmustern. Wesentlich besser ist die Skizzierung der drei etwas weniger im Fokus stehenden Charaktere: Gustav-Peter Wöhler als Besitzer eines kurz vor dem Konkurs stehenden Feinkostladens überzeugt ebenso wie Herbert Knaup als nach 30 Jahren entlassener Managertyp, der 60 Angestellte unter sich hatte. In beiden Rollen blitzen am ehesten noch die Leere und Verzweiflung auf, die Menschen befällt, wenn ihnen der Halt im Leben genommen wird.
In einer Szene trifft Frank auf seine ehemalige Vorgesetzte, die ihn entlassen hat – sie bestellt bei der Agentur einen Mann auf ihr Hotelzimmer, und das ist zufällig Frank. Hier spürt man, was dem Film gut getan hätte: In der sich entwickelnden Diskussion der beiden über die Entlassung verliert seine ehemalige Chefin die Fassung, ihre cool wirkende Fassade bröckelt. Sie erzählt, dass sie alleinerziehende Mutter ist, dass sie selbst ständig Druck bekommt, ausgelaugt und am Ende ist, und fragt Frank, ob er denn wohl glaube, dass es ihr Spaß mache, Leute zu entlassen. Solche Momente sind es, die dem Film ein Profil geben, eine greifbare Wirklichkeit, die einem die Charaktere näher bringt. Wenn die Filmemacherin ihren Personen mehr menschliche Züge verliehen hätte, hätte dies das Schema einer allzu vorhersehbaren Komödie aufbrechen können – in diesem Fall käme ihr Film dem Vorbild "Ganz oder gar nicht" wesentlich näher. So jedoch ist "Stellungswechsel" eine harmlose Komödie mit einigen treffenden Pointen und Witzen, durchaus unterhaltsam und flott inszeniert, aber auch ohne neue Ideen und mit vielen verschenkten Chancen.