Frei nach Plan

Deutschland 2006/2007 Spielfilm

Frei nach Plan


Aus Frankreich kommen immer wieder Filme, die sich verschlungenen Familienstrukturen widmen. "Alles bestens (Wir verschwinden)" (fd 34 572) war beispielsweise so ein Film, der Miou-Miou, Sandrine Kiberlain und Natacha Régnier als ungleiche Schwestern porträtierte. Nach Jahren der Abwesenheit ließ er sie ohne jede Sentimentalität einem Vater begegnen, der im Schoß der Familie auf den Tod warten wollte, ein ebenso stilles wie ernstes Familiendrama über Verzeihen, Abschied und Trauer. Der nach "Nachbarinnen" (fd 37 035) zweite Film von Franziska Meletzky sucht eine ähnliche Konstellation, tauscht aber die existenzielle Schwere gegen eine tragikomische Grundstimmung, die freilich nicht immer der Komplexität der Figuren gerecht wird.

Die in der deutschen Provinz spielende Familiengeschichte handelt von drei grundverschiedenen Schwestern: Während sich Iris in einer Art Hassliebe-Wohngemeinschaft selbstvergessen um die launische Mutter kümmert, hält Anne gegen jede Vernunft das Klischee eines vagabundierenden Lebens als Rock-Sängerin aufrecht. Wie Iris lebt die Jüngste, Marianne, mit ihrem arbeitslosen Ehemann immer noch im Heimatdorf. Als die große Geburtstagsfeier der Mutter geplant werden muss, treffen sich die drei Frauen im Elternhaus wieder und lassen den alten und neuen Konflikten freien Lauf. Während die auf Selbstkontrolle bedachte Iris unbedingt einen festen Plan für die Festvorbereitung braucht, ist Marianne mit ihrem Job und dem Ehemann eigentlich schon genug ausgelastet und Anne wie immer pleite. Dass die Mutter ihre Depressionen mit Alkohol bekämpft und die Dorftheatergruppe, mit der sie den Weltuntergang inszeniert, nicht im Griff hat, macht die Organisation der Feier nicht gerade leichter. Zu guter Letzt taucht auch noch der Vater samt junger Geliebter auf und macht der Mutter auffällig indiskrete Avancen.

Die Verwirrung der Gefühle nimmt ihren obligatorischen Lauf, und wäre da nicht der temperierte fernsehtaugliche Humor, hätte das selbstironische Frauentreffen eine beachtliche Verbeugung vor den dänisch-schwedischen Ensemble-Filmen werden können. Dafür verliert es aber auf halber Strecke zu sehr den Antrieb zur bissigen Grenzüberschreitung, und auch die Möglichkeiten des Kinos nutzt es nur in Ansätzen. Sieht man von den allzu durchschaubaren Wendungen des Drehbuchs ab, das bis auf das Finale vor der eigenen Courage zurückschreckt, erfreut man sich an den wunderbaren Hauptdarstellerinnen, die das Gleichgewicht zwischen Verletzlichkeit und Lebensmut, gegenseitiger Fürsorge und aufbrausender Eifersucht, Liebesbedürftigkeit und der Fähigkeit zu lieben, vortrefflich zu halten vermögen – allen voran Corinna Harfouch, die mit ihrer klug gezeichneten, emotional hin und her gerissenen Figur der Iris gegen das Image des gefühlskalten Eisblocks anspielt. Weniger erfreulich sind die das übliche TV-Niveau unterbietenden Nebenfiguren und der aufgesetzte Polka-Score, der das äußere und innere Chaos unnötig verdoppelt. Das ist schade, denn der Regisseurin gelingen mitunter einige wenige vorbildlich aufgelöste Kinoszenen, etwa wenn Marianne durch ein sommerlich gelb schimmerndes Rapsfeld flüchtet, nachdem sie das Techtelmechtel zwischen Anne und ihrem Mann entdeckt hat. Ein turbulenter Familienreigen, der einiges wagt und dann doch verschenkt, die Schwierigkeiten des Lebens anspricht und sie gefällig im schmerzfreien Komödienstrudel verpuffen lässt.

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