Ferien
Ferien
Arslan hat seit 1994 vier Spielfilme gedreht, zuletzt einen Dokumentarfilm: "Aus der Ferne" (fd 37 520), eine Reise ins Land seines türkischen Vaters, nach Ankara, Istanbul sowie aufs Land, an die türkisch-iranische Grenze am Fuße des Ararat, wo er den Genozid der Türken an den Armeniern zur Sprache brachte. "Enthüllungsarbeit" scheinbar vernarbter Wunden leistet er auch in "Ferien" und verzichtet zudem erstmals auf den bi-kulturellen Bezug, der seine Trilogie über das Leben junger Deutsch-Türken in Berlin prägte. Das war auch höchste Zeit, denn längst riskierte er – neben Fatih Akin – zum Aushängeschild des deutschen Migrantenkinos zu avancieren. Mit "Ferien" wagt er einen Schritt nach vorn und bricht mit einer weiteren Erwartungshaltung, indem er für sein nach innen implodierendes Gefühlsdrama nach Jahren der Arbeit mit Laien auf professionelle Schauspieler zurückgreift. Keiner der Anwesenden wird nach dem wenig erholsamen Urlaub so weitermachen wie bisher, und doch wird wohl alles beim Alten bleiben. Kurz vor der Abreise ist die Natur plötzlich nicht mehr idyllisch, sondern erdrückend öde. Anna möchte sich von ihrem Haus trennen und Laura vom Vater ihrer Kinder. Den härtesten Schritt bringt der Tod der Großmutter, der die Frauen wieder annähert; auch für dieses Ereignis, in einem Melodram die Gelegenheit zum Reinigen der Affekte, braucht Arslan gerade mal zwei kurze Szenen. Die aber haben es in sich: Der Anruf aus dem Krankenhaus erreicht Anna ganz unspektakulär am in die Sonne getauchten Küchentisch. Kein Weinen, kein Wort fällt. Dann die Rückenansichten der Familienmitglieder auf Kirchenbänken, und zum Abschied ertönt andächtige Orgelmusik, nur um dem Bild der im Grünen spielenden Kinder zu weichen. So ernst, reif, formal vollkommen und wunderschön einfach wie diese letzten Szenen ist der ganze Film – ein Höhepunkt und Meisterstück der Berliner Schule.