Einem neuen Bericht der Europäischen Kommission zufolge hat die digitale Revolution die meisten europäischen Einrichtungen zum Erhalt und zum Schutz des Filmerbes noch nicht erreicht, so dass sie noch nicht in der Lage sind, Filme digital aufzubewahren.
Einige unserer heutigen Filme laufen Gefahr, künftigen Generationen für immer verloren zu gehen, ganz so wie die Werke aus der Stummfilmzeit, von denen nur noch 10 Prozent erhalten sind. Gleichzeitig könnten aufgrund von Formatierungs- und Interoperabilitätsproblemen auch Filme aus den Anfängen des digitalen Zeitalters für immer verloren gehen.
Neue Technologien bieten die Möglichkeit, den Menschen Zugang zu einer Million Stunden europäischer Filme zu verschaffen, die derzeit in Dosen verschlossen in den Archiven lagern. Gegenwärtig sind lediglich 1,5 Prozent des europäischen Filmerbes für gewerbliche Zwecke oder für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich.
Dazu Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission: "Es ist geradezu grotesk, dass unser Filmerbe im 21. Jahrhundert unsichtbar ist. Die Kultur ist das Herz Europas, und das Filmschaffen ist ein Herzstück unserer Kultur. Ich werde mich entschlossen dafür einsetzen, dass dieses Vermächtnis online verfügbar gemacht wird. Deshalb werde ich 2013 einen entsprechenden Vorschlag vorlegen, um die Mitgliedstaaten und die beteiligten Akteure dabei zu unterstützen, ihre Kräfte im Hinblick auf die Online-Bereitstellung von Filmwerken zu bündeln."
Nur 1,5 Prozent des europäischen Filmerbes wurden bisher digitalisiert. Digitalisierung ist eine Voraussetzung für Online-Zugänglichkeit. Ohne Digitalisierung werden den Filmfans auch künftig die Möglichkeiten, die die Online-Welt bietet, verschlossen bleiben. An mangelndem Interesse liegt es nicht. So wurden seit 2009 beispielsweise zwei Millionen Mal Filme auf der EU finanzierten Online-Plattform "Europa Film Treasures" angesehen.
Zu den Hindernissen, die derzeit einer Digitalisierung im Wege stehen, zählen die Knappheit der nationalen und privaten Finanzmittel und die Komplexität (sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht) der Rechteklärung.
Als beispielhaft gelten Schweden und das Vereinigte Königreich.
Hintergrund
Die Kommission ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten ihr Filmerbe in ihre nationalen Digitalisierungs- und Archivierungsstrategien einbeziehen sollten; auf diese Weise soll insbesondere das Filmangebot des Portals Europeana erweitert werden. Ferner müssen innovative Finanzierungs- und Sammlungsmethoden entwickelt werden: so könnten beispielsweise weitere Forschungsarbeiten zu Scanning-Technologien für archivierte Filme eine Reduzierung der Digitalisierungskosten bewirken. Darüber hinaus sind Verbesserungen bei Ressourcen, Einrichtungen und Qualifikationen für die Bewahrung sowohl analoger als auch digitaler Filme erforderlich.
Das Europäische Parlament und der Rat haben am 16. November 2005 eine Empfehlung zum Filmerbe angenommen.
Der erste Durchführungsbericht wurde im August 2008 veröffentlicht, der zweite im Juli 2010. Der diesjährige dritte Bericht enthält eine Analyse der nationalen Berichte, die die Mitgliedstaaten – auf der Grundlage eines von der Kommission versandten Fragebogens – übermittelt haben. Die nationalen Berichte stehen online jeweils in englischer Sprache und der Originalsprache zur Verfügung.
Im Januar 2012 hat die Kommission eine von unabhängigen Experten erstellte Studie zu einer digitalen Agenda für das europäische Filmerbe ("Digital Agenda for European Film Heritage") veröffentlicht.
Im Oktober 2011 hat sie eine Empfehlung zur Digitalisierung und Online-Zugänglichkeit kulturellen Materials und dessen digitaler Bewahrung angenommen. Gegenstand der Empfehlung ist das kulturelle Gedächtnis Europas, unabhängig davon, in welcher Form es sich manifestiert, also auch das Filmerbe.
Ebenfalls im Jahr 2013 wird die Kommission mit den beteiligten Akteuren Gespräche über dringende Fragen des Urheberrechts, unter anderem über Probleme des Erhalts und der Online-Verfügbarkeit des filmischen Erbes, führen und prüfen, inwieweit es angezeigt ist, im Jahr 2014 einen Legislativvorschlag zur Modernisierung der Richtlinie 2001/29/EG über das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft, einschließlich Ausnahmen und Beschränkungen, vorzulegen.
Quelle: www.europa.eu