One Way
One Way
Michael Kohler, film dienst, Nr. 3, 2007
In seinem klassischen Buch über die Traumfabrik gibt der Drehbuchautor William Goldman dem Autorennachwuchs ironisch gemeinte Ratschläge, wie man einen Film auf keinen Fall beginnen lassen sollte. Einer davon lautet so: Eine schöne junge Frau hetzt angsterfüllt durchs Unterholz, während mehrere Männer sie verfolgen. Die Blicke der Kamera gehen hin und her, immer kürzer wird der Abstand, immer bedrohlicher sind die Mienen der Jäger, bis die Fliehende erschöpft und verzweifelt unter dem Griff ihrer Peiniger zu Boden sinkt.
Genau diese Szene bringen die Hersteller von "One Way" nun – mit geringfügigen Variationen zum Gröberen – auf die große Leinwand. Abgesehen von der Plumpheit der Materie ist ein derartiger Knalleffekt ein klassisches Stilmittel des Fernsehens, dessen Produzenten in der steten Furcht vor dem nervösen Zeigefinger der Konsumenten leben. Auch Reto Salimbeni, der Autor und Regisseur von "One Way", fürchtet sich offensichtlich vor etwas, vielleicht vor der eigenen Unzulänglichkeit. Deshalb versucht er sein Publikum mit aller ihm zur Verfügung stehenden Macht in seinen Film hineinzuziehen und holt nach dem ersten Paukenschlag gleich zum nächsten aus: Während die jugendlichen Vergewaltiger noch ihr Mütchen kühlen, taucht aus dem Nichts ein schwarzer Riese auf und mäht sie unter dem dankbaren Blick des Mädchens mit einem Maschinengewehr nieder.
Der erste Eindruck wird in der Folgezeit durch nichts gemildert. Til Schweiger spielt in "One Way" den erfolgreichen New Yorker Werbeprofi Eddie Schneider, der kurz davor steht, die Tochter seines Chefs zu heiraten, als sein Schwager in spe Eddies beste Mitarbeiterin und Freundin vergewaltigt. Zunächst will Eddie handfeste Vergeltung üben, doch weiß der Schwager von Eddies zahlreichen Affären und zwingt ihn dazu, vor Gericht zu seinen Gunsten auszusagen. Schon dieser Plot ist derart hanebüchen konstruiert, dass man es nur als Beleidigung des Publikums auslegen kann. Hinzu kommen ein Prozess, der selbst in der Fernsehrealität nie stattgefunden hätte, und Akteure, die bis zum Umfallen chargieren. Doch nicht nur für den Zuschauer, auch für Eddie kommt es dick: Seine Verlobung wird gelöst, sein Arbeitsvertrag gekündigt, und als sein Beinahe-Schwager wenige Tage nach dessen Freispruch ermordet wird, wandert Eddie unschuldig ins Gefängnis. Oh ja, dies ist ein Film über Schuld und Sühne, innere Dämonen und himmlische Vergebung.
"One Way" ist ein später Rückfall in die Zeiten, als jeder deutsche Film wie Hollywood sein sollte. Nur genügt es dazu eben nicht, eine billige Geschichte vor teurem Interieur spielen zu lassen und exquisit eingekleidete Schaufensterpuppen vor der Kamera umher zu schieben. Selten hat man derart viele schlechte (oder schlecht synchronisierte) Schauspieler gesehen – wobei schlecht hier nicht "Ed-Wood-schlecht" bedeutet, also trashig mit ganz eigenem Charme, sondern stümperhaft und ohne den Zusatz von Herzblut und Leidenschaft. Die Frage, warum so etwas zumindest in Deutschland mit großem Brimborium in die Kinos kommt, lässt sich leicht beantworten: weil Til Schweiger, der Produzent und Hauptdarsteller von „One Way“, hierzulande noch so ziemlich jeden Quatsch unter die Leute bringen könnte. Möglicherweise hat er sich diesmal aber übernommen. Sein jungenhafter Charme mag ihn durch Komödien tragen, aber nicht durch den kläglichen Versuch, die Genrethriller Abel Ferraras mit einer „Denver Clan“- Folge zu kreuzen. Einmal mehr spielt Schweiger den unreifen Kindskopf im attraktiven Mann – einen tragischen Charakter wird er auf dem Grund dieser Figur niemals finden.