Theo gegen den Rest der Welt

BR Deutschland 1979/1980 Spielfilm

Desaster in der Pinkelpause

"Theo gegen den Rest der Welt" von Peter F. Bringmann



Stephen Locke, TIP Magazin, Nr. 20, 1980

Wie komisch es zugehen kann, wenn ein Ruhrpötter seinem geklauten LKW nachjagt, zeigt der Film "Theo gegen den Rest der Welt" von Peter F. Bringmann. Das Lustspiel mit Marius Müller-Westernhagen in der Titelrolle ist nach zahlreichen Fernsehproduktionen der erste Kinofilm des Regisseurs und zugleich furioses Debüt.

Es ist immer Anlaß zum Jubeln, wenn man eine deutsche Komödie entdeckt, die wirklich komisch ist und diese ist spritzig, schnoddrig, leicht und lustig zugleich. Sie hat etwas von der professionellen Glätte des Fernsehens, aber man kann es ihr nicht übelnehmen, weil sie sich selbst mit ihren Klischees auf den Arm nimmt. "Theo gegen den Rest der Welt" ist Peter F. Bringmanns erster Kinofilm und furioses Debüt.

Der 1946 in Hannover geborene Filmemacher hat allerdings einige Verdienste im Femsehbereich und eine eingespielte Mannschaft hinter sich. Nach seinem Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film München machte er 1974 den Fernsehfilm "Kein Grund zur Unruhe" nach einem Drehbuch, das er zusammen mit anderen HFF-Absolventen entwickelte. Sein bekanntester Fernsehfilm wurde dann "Aufforderung zum Tanz" 1976. nach dem Drehbuch von Matthias Seelig, der auch das Buch zu "Theo" und zu einem weiteren von Bringmann verfilmten Fernsehspielfilm, "Paul kommt zurück", schrieb. Horst Königstein verfaßte das Drehbuch zu Bringmanns 1978 gedrehtem Fernsehspielfilm "Der Tag, an dem Elvis nach Bremerhaven kam".

Theo Gromberg ist ein typischer Herner. Herne, wie jedermann weiß, liegt im Ruhrgebiet, im Kohlenpott. Theo hat eine zu große Schnauze, er weiß nicht was Höflichkeit ist, ist ihm auch egal, weil er genau weiß, daß niemand es mit ihm gut meint. Er muß ein bißchen schneller als die anderen sein, muß ihnen zuvorkommen. weil sie alle gegen ihn sind. Leider ist er nicht immer schneller, manchmal, kriegt er einen auf´n Kopf, und er lebt eher schlecht als recht von seinen kleinen Spielen und gelegentlichen harmlosen Betrügereien, die ihm ohnehin meistens nicht gelingen. Theo wird von Marius Müller-Westernhagen gespielt, und ein großer Unterschied zwischen den beiden ist nicht sofort zu erkennen.



Daß er nicht ganz untergeht, verdankt er hauptsächlich seinem Kumpel Enno Goldini aus Mailand (Guido Gagliardi). Immer wenn Theo zu hitzig wird, sich verfährt, sich unmöglich benimmt oder in der Patsche sitzt, rettet ihn Enno. Mit Ennos Hilfe - man vermutet, daß Enno die Hauptarbeit und das meiste Geld dazu beigetragen hat - hat Theo einen noch hoch verschuldeten Volvo-Lastwagen erstanden und die Firma Gromberg & Goldini gegründet. Mit diesem Riesenbrummer ist er gerade dabei, eine Schwarzladung zu schieben, als ihm an der Autobahnraststätte Stuckbusch (im Ruhrgebiet natürlich) das Bedürfnis überkommt, eine Pinkelpause einzulegen. Als er zurückkommt, fehlt jede Spur seines Lastwagens.

Jetzt beginnt eine internationale Jagd nach dem Volvo. Ohne groß zu fragen, eignet er sich einen zufällig an der Raststätte tankenden Fiat 500 samt dessen Fahrerin, der hübschen Schweizer Medizinstudentin Ines Röggeli (Claudia Demarmels) an, um die Jagd aufzunehmen. Der Wagen hält es aber nicht durch und der Motor brennt aus, was Theo noch maßloser ärgern würde, wenn nicht gerade in dem Augenblick der zuvor alarmierte Kumpel Enno vorbeigekommen wäre. (Irgendwie hatte ich den Eindruck, daß er auf der anderen Straßenseite fahren müßte, um die Tankstelle zu erreichen, aber der Zufall und die Verwechselung sind in diesem Film zum Stilprinzip geworden.)

Alle drei steigen in Ennos geliehenen Wagen ein der bereits mit Geflügel vollgeladen ist, um den Laster zu suchen. Theo vermutet ihn an der Grenze zu Belgien, und er hat nicht unrecht. Was er erwischt, ist allerdings eine Beule am Kopf und das Toupet des Volvo-Diebs, der Lastwagen entkommt über die Grenze.

Eine komische Szene nach der anderen wird jetzt von Bringmann & Co. inszeniert. Der Vergleich wäre zu hochgestochen, aber ich vermute, daß Bringmann und Seelig Buster-Keaton-Filme genau studiert haben. Es herrscht hier die gleiche Mischung aus Komik und handfester Körperlichkeit, die gleichen Versuchen, das Tempo und das Timing präzise durchzuführen, und den gleichen Touch von Romanze inmitten der größten Katastrophe. Da endet allerdings der Vergleich.

Auf einmal werden die Verfolgenden zu Verfolgten. Ein allgegenwärtiger, Finger brechender Krediteintreiber bleibt ständig auf Theos Fersen, um sicher zu sein, daß er einen Kredit von 10000 Mark pünktlich zurückzahlt. Die gejagten Jäger folgen den Spuren des Volvos nun nach Mailand weiter, aber zuerst müssen sie einen Abstecher in. die Schweiz machen, um Ines nach Hause zu bringen. Nichts hält sie aber dort bei ihren reichen. Eltern und ihrem stinkfeinen Verlobten, so daß das Abenteuer bald zu dritt wieder fortgesetzt werden kann.

In Guido findet Marius Müller-Westernhagen einen vorzüglichen und erfahrenen Schauspieler-Kumpel. Ex-Giorgio Strehler-Mitarbeiter Gagliardi hat bereits in "Aufforderung zum Tanz" mitgewirkt. Auch Claudia Demarmels ist ein großer Gewinn für den Film - und man staunt - es ist ihr Debütfilm. Alles in allem ein gelungener Filmspaß.

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