Ruttmann Opus 4

Deutschland 1925 Kurz-Animationsfilm

Ruttmann Opus IV


Lichtbild-Bühne, Nr. 64, 4.5.1925


Ein Herr erläuterte eingangs, was mit dem absoluten Film gemeint sei. Sinn der Ausführung war, daß der absolute Film auf die Gegenständlichkeit verzichte und nur die innere Seelenbewegung wiedergäbe. Er sagte ferner sehr richtig, daß es sich nicht um eine Kunst für das große Publikum, sondern um eine Kunst für Künstler handle.

Sehr verständlich waren die vorgeführten kurzen Filme nicht. Die "reflektorischen Farbenspiele" von Hirschfeld-Mack waren sehr hübsche Farbenspielereien, bunte Flächen, die sich verschoben und bewegten. Dann kam Herr Egeling mit einer französisch angezeigten "Symphonie diagonale", die bald drei, bald vier schräge Striche zeigt, die einmal klein und dann wieder groß, wurden und schließlich verschwanden. An ihrer Stelle tauchten dann Halbkreise auf, die wieder allerlei Bewegungen vollführten. Allen Bewegungen eigentümlich war die schräge Richtung, daher wohl die diagonale Symphonie. Einen Sinn hineinzulegen, war für einfaches Publikum wohl kaum möglich und ja auch nicht beabsichtigt.

Viel Beifall fanden die Filme des Herrn Ruttmann. Farbenspiele mit bunten Flächen, die bald viereckig, bald oval, bald elliptisch über die Leinwand dahinfuhren. Es war sogar viel Bewegung darin, es gab auch sehr schöne Farbtönungen, und man ging bei vielen Sachen unwillkürlich innerlich mit. Für ein großes Publikum kam natürlich auch diese Vorführung nicht in Frage.

Aus Frankreich hatten die Herren Leger und Picabia Filme geschickt, die schon viel lustiger waren. Hier kamen wirklich sehr komische Dinge und die Möglichkeiten der Filmtechnik werden geschickt ausgenutzt. Manche Sachen, wie die Photographie einer Tänzerin, von unten beleuchtet, durch eine Glasplatte aufgenommen, gefiel sehr, auch ein sehr komisches Begräbnis in einem Dromedarwagen, das bald mit Zeitlupe, bald mit Trick aufgenommen war, fand Beifall. Das Publikum war an sich sehr beifallsfreudig – ein Einfall, wie eine alte Frau, die hintereinander geklebt immer wieder dieselben Treppen hinaufsteigt, rief lautes Lachen hervor. Immerhin war das bunte Durcheinander wirklich nicht ohne innere Lustigkeit, und wenn man diese beiden Filme auf die Hälfte zusammenschneidet, ist es vielleicht möglich, einen bestimmten Teil des Großstadtpublikums dafür zu interessieren.

Eine andere Frage ist, wie weit Versuche dieser Art die Filmkunst fördern. Und da lassen wir die Möglichkeit offen, daß unsere Filmleute Anregungen empfangen können, die vielleicht für die praktische Arbeit nützlich und förderlich sein können. Interessant ist die Vorführung, die am nächsten Sonntag wiederholt wird, sicherlich für alle, die zum Film gehören.

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