Der Wixxer
Der Wixxer
Rüdiger Suchsland, film-dienst, Nr.10, 13.5.04
Als 1959 mit Harald Reinls "Der Frosch mit der Maske" (fd 8 431) die erste von insgesamt 32 deutschen Wallace-Verfilmungen ins Kino kam, gab es bereits über 80 Wallace-Filme. Mit dem hiesigen Ableger begann nun auch das Wirtschaftswunderland der 1960er-Jahre, sich in eine Traumwelt zu projizieren, die im Gegensatz zu den zeitgleich entstandenen Winnetou-Filmen wenigstens ein paar visuelle Accessoires des Expressionismus in sich trug. Die schwarzweißen Schattenspiele, Weltherrschaftsträume und übersinnlichen Fähigkeiten wirkten wie ein fernes Echo aus der Stummfilmzeit. Die junge Republik fand im Nacht-und-Nebel- London ein Stück seiner eigenen Vergangenheit und in den braven Bobbys und Detektiven die Repräsentanten einer staatlichen Ordnung, die unbelastet von jeder bösen Vergangenheit waren. All diese illusionären Räume eines "reinen" Unterhaltungskino, aber auch die naiven Hoffnungen auf eine populäre Mythologie geraten zwangsläufig in den Blick, wenn die Wallace-Filme nun zum Gegenstand einer Parodie werden. "Der Wixxer", dies vorweg, gelingt und unterhält, wenn auch in bescheidenem Rahmen. Die Story ist das Unwichtigste und dient eher als Startrampe für ein halbwegs flottes Spiel mit dem Wallace-Touch. Handlungsklischees, vertraute Requisiten und Inszenierungsweisen sollen für nostalgischen Wiedererkennungswert sorgen. Wie der verwandte "Der Schuh des Manitu" (fd 34 974) lehnt sich auch "Der Wixxer" visuell stark ans Vorbild an, das zugleich veralbert wird. Geringes Budget wie darstellerische Schwächen gelten als charmant, weil der Film sich angeblich nicht ernst nimmt und man die Liebe zum Vorbild spüren soll. Regie führt Tobi Baumann, der bislang Fernsehserien wie "Ohne Worte" und "Ladykracher" verantwortete. Das Drehbuch stammt von den Comedy-Schauspielern Oliver Kalkhofe und Bastian Pastewka, die auch die Hauptrollen übernommen haben. Der Rest des Ensembles besteht aus den üblichen Verdächtigen, Anke Engelke und Olli Dittrich, sowie einigen Altstars wie dem 74-jährigen Wolfgang Völz, der einst schon in Original-Wallace- Krimis mitspielte, oder dem 60-jährigen Thomas Fritsch. Letzterer mimt den sinistren Earl of Cockwood, der es bald mit dem Serienmörder Wixxer zu tun bekommt.
Zweck des Ganzen sind Retro-Kult und Parodie. Einzelne Gags zünden prächtig, es gibt auch hübsche Anspielungen auf andere Filme. Besonders begeistert die Kinski-Parodie von Lars Rudolph. Insofern erfüllt "Der Wixxer" seinen Unterhaltungszweck recht unangestrengt. Überzeugend spielt der Film dabei auch mit der Absurdität, die fast allen Wallace-Plots innewohnt, egal, ob es die kuriosen Mordinstrumente sind oder die an den Haaren herbeigezogenen Leiden und Lebensweisen der britischen Aristokratie. Trotzdem bleibt die Frage, welche Art von Humor hier dominiert. Es sind durchweg eher sanfte Scherze, ein Art Schülerzeitungs- Humor mit gelegentlichen Abstürzen ins Pubertäre, aber ohne jede Abgründigkeit. Auch sucht man vergebens nach subversivironischen Elementen oder komödiantischem Biss. Vielleicht ist das von einer Massenkomödie auch zuviel verlangt. Trotzdem kann man darin ein Indiz sehen, dass die Gegenwart zu den Infantilismen der Nachkriegsära zurück tendiert – wenn auch ohne deren Peinlichkeitsempfinden. Da Filme aber immer auch Wunscherfüllung und Angstabwehr in einem sind, kann man in "Der Wixxer" auch unschwer verborgene Sehnsüchte entdecken: nach einer nicht-amerikanischen Fantasiewelt, nach einer Unschuld des Erzählens, vor allem die Sehnsucht nach einer Tradition, auf die man sich beziehen und mit der man sich versöhnen kann – also nach allem, was dem deutschen Kino fehlt. So ersteht Papas Kino dann doch wieder – als Farce.