Credits
Director
Screenplay
Director of photography
Editing
Music
Production company
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Sound
Music
Production company
Original distributor
Duration:
541 m, 20 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:
Erstaufführung (DD): 30.06.1989
Titles
- Originaltitel (DD) Weil ich ein Dicker bin
- Weiterer Titel (DD) Dicke Kinder
Versions
Original
Duration:
541 m, 20 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:
Erstaufführung (DD): 30.06.1989
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Eine differenzierte Sichtweise, die in ihrer Kurz-Dokumentation „Weil ich ein Dicker bin“ jedoch keine Entsprechung findet, die Anfang Februar 1989 beim 6. Nationalen Kinderfilmfestival der DDR „Goldener Spatz“ in Gera uraufgeführt wurde. Denn Robert Becher, der siebenjährige Erstklässler einer Polytechnischen Oberschule in Erfurt, der ganz im Mittelpunkt steht, gibt im Gespräch mit Christiane Hein offen zu, zu viel zu essen – daheim, aber auch draußen auf dem Land bei den Großeltern und der Tante.
Hier soll er in Gemeinschaft binnen sechs Wochen möglichst viel von seinen zehn Kilo Übergewicht verlieren und als Hilfe zur Selbsthilfe lernen, sich gesünder zu ernähren und sich mehr zu bewegen. Ob ein wöchentlicher Safttag, bei dem es bei verordneter Bettruhe nur Fruchtsaft zu trinken gibt, hilfreich ist, muss doch arg bezweifelt werden. Immerhin sind am Ende der für den erstmals über einen größeren Zeitraum von der Familie abgenabelten Jungen viel zu langen sechs Wochen sechs Kilo runter!
Ein Erfolg, der sich nun im Alltag verstetigen muss. Die Eltern scheinen keine große Hilfe zu sein. „Wir sind alle ziemlich stramm“, gibt die Mutter offen zu, „wir essen alle gerne gut.“ Was sich im großfamiliären Kreis auf dem Dorf eher noch verstärkt. Immerhin klappts dort mit der Bewegung besser: Radfahren, Säcke schleppen, überhaupt den Großeltern auf dem Hof helfen. Die Schule dagegen bleibt eine Katastrophe, allen voran der Turnunterricht. Wie eine Lehrerin den Jungen vor allen anderen wie einen nassen Sack an der Kletterstange vorführen kann, bleibt mir ein Rätsel und wird durch die sozialistische Pädagogik der kollektiven Selbstbezichtigung noch getoppt: die Jungen und Mädchen sollen vor der Klassengemeinschaft bekunden, warum und wie sie den übergewichtigen Jungen gemobbt haben. Der auch selbst gesteht, entsprechend ruppig darauf reagiert zu haben.
„Weil ich ein Dicker bin“ fand bei der Festival-Jury keine Gnade: zu positionslos und kritiklos, als Plädoyer für Toleranz exakt das Gegenteil bewirkend. Kann ich nachvollziehen: die zu Beginn selbst eingeforderte Differenzierung hat beim mittellangen Film der Gattin des prominenten Dramatikers Christoph Hein, die über den Umweg als Buchhändlerin, Kranfahrerin und promovierte Philosophin zur Defa gelangte, nicht stattgefunden.
Immerhin versöhnen sehr intensive Gespräche zwischen der Filmemacherin und ihrem jungen Protagonisten auch zu intimsten Fragen wie der, ob und wenn ja wann und warum er 'mal weint. Was für einen Jungen nicht nur seines Alters nur sehr schwer zu beantworten ist – wenn überhaupt. Einmal mehr zeigt sich, dass der Plan zur Erziehung zum sozialistischen Menschen wohl nicht zu erfüllen ist.
Das Porträt eines übergewichtigen siebenjährigen Jungen aus Erfurt, der von seinen Mitschülern gemieden wird und entsprechend ruppig darauf reagiert, ist am 30. Juni 1989 als Begleitfilm zum Hauptprogramm in den DDR-Kinos angelaufen. Christiane Hein, am 10. Juli 1944 in Werder zur Welt gekommen, war seit 1972 Dramaturgin und von 1983 bis 1991 Regisseurin im Defa-Studio für Dokumentarfilme. Nachdem ihr mit Roland Steiner gemeinsam unternommener Versuch eines „Runden Tisches“ zur Rettung der Defa nach der Wende gescheitert war, arbeitete sie als freie Autorin und Regisseurin für Rundfunk und Fernsehen.
Pitt Herrmann