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Original distributor
Duration:
84 min
Video/Audio:
Farbe, Dolby
Screening:
Kinostart (DE): 17.07.2008
Titles
- Originaltitel (DE) Sportsfreund Lötzsch
Versions
Original
Duration:
84 min
Video/Audio:
Farbe, Dolby
Screening:
Kinostart (DE): 17.07.2008
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Doch seine sportlichen Erfolge vermochten das nach Täve Schur größte Radsporttalent der DDR nicht mit dem Staat und seinen Funktionären zu versöhnen: Eine Katharina „Kati“ Witt bereiste als schönste Verkörperung des Arbeiter- und Bauernstaates die Welt, ein Wolfgang Lötzsch landete 1977 für zehn Monate im berüchtigten Stasi-Gefängnis Kaßberg. Weshalb es von ihm auch so gut wie kein offizielles Filmmaterial etwa des DDR-Fernsehens gibt. Denn wer einmal von den SED-Funktionären „ausdelegiert“, d.h. aus dem nationalen Sportförderkader ausgeschlossen worden ist, der hat für die unter dem Banner des Sozialismus gleichgeschalteten Medien gar nicht existiert.
Dabei war Wolfgang Lötzsch ein begnadeter Alleskönner: Auf der Straße, auf der Bahn, bei der Verfolgung, im Einzelzeitfahren gegen die Uhr. Er gewann alle nationalen Ausscheidungsrennen in überlegener Manier, um an der Friedensfahrt, den Weltmeisterschaften und natürlich den Olympische Spielen teilnehmen zu können. Doch dafür reichten in der DDR sportliche Erfolge nicht aus, man musste der SED beitreten. Was Wolfgang Lötzsch, der mit Politik nichts am Hut hatte, strikt verweigerte.
Nach republikkritischen Äußerungen schien die Karriere des amtierenden DDR-Meisters bereits im Alter von 18 Jahren beendet, zumal Anfang der 1970er Jahre auch noch ein Cousin von ihm, ebenfalls Radsportler, in den Westen geflohen war. Doch ein Wolfgang Lötzsch ließ sich nicht unterkriegen: Er schloss sich einer Betriebssportgruppe an und ließ fortan die umsorgten, bestens ausgerüsteten Stars der DDR-Sportförderung im schlichten BSG-Trikot (und Freundin im Begleit-Skoda) hinter sich. Was naturgemäß nicht sein durfte, weshalb seine Erfolge von den Staatsmedien verschwiegen wurden.
Als Lötzsch schließlich einen Ausreiseantrag stellte und die „Süddeutschen Zeitung“ über seine Situation berichtete, war es dem Staat zu viel: Er setzte gleich eine ganze Armada von Stasi-Leuten auf den Mann an, der nun auch das Ausscheidungsrennen zur Olympiaqualifikation überlegen für sich entscheiden konnte. Erst in der Haft entschloss sich Lötzsch, das System mit den eigenen Mitteln zu schlagen. Er trat der SED bei und konnte, vorzeitig aus der Haft entlassen, wieder Rennen bestreiten. Gleich in seinem ersten in Berlin-Weißensee deklassierte er den DDR-Nationalkader vollständig...
Sandra Prechtel und Sascha Hilpert ist mit „Sportsfreund Lötzsch“ ein gerade in seiner ruhigen, sachlichen, sich jeden eigenen Kommentars enthaltenden Art bewegender Dokumentarfilm gelungen, der alle DDR-Nostalgiker und „Die Linke“-Verharmloser beschämen müsste. Was aber naturgemäß nicht zu erwarten ist, wie das ungerührte Verhalten des perfiden Stasi-Generalmajors Heinz Engelhardt im Film belegt: Der Mielke-Nachfolger als letzter „Horch und Guck“-Chef des (quantitativ im Verhältnis zur Einwohnerzahl) größten Geheimdienstes der Welt verteidigt nicht nur das Vorgehen seiner Behörde (1975 wird Lötzsch im Ost-Berliner Hotel unter den Linden eine Falle gestellt) und seine eigene Verwicklung in den Fall, er versucht sogar, sich selbst als väterlichen Freund und Förderer des „Sportsfreundes“ hinzustellen.
Der nach der Wiedervereinigung Deutschlands endlich dort radeln kann, wo es ihm passt – und als „Schrauber“ der Teams Gerolsteiner und Milram ordentlich herumkommt in der europäischen Radsportwelt. „Sportsfreund Lötzsch“ ist beim DOK-Festival 2007 in Leipzig mit dem Publikumspreis ausgezeichnet und am 6. Oktober 2008 auf Arte erstausgestrahlt worden.
Pitt Herrmann