Gallery
All Pictures (5)Credits
Director
Screenplay
Director of photography
Editing
Cast
- Lily Brest
- Raoul
- Jude
- Luise Müller
- Herr Müller, ihr Mann
- Polizeichef Müller
- Kleiner Prinz
- Zwerg
- Emma
- Marie-Antoinette
Production company
Producer
All Credits
Director
Assistant director
Screenplay
Director of photography
Assistant camera
Still photography
Lighting design
Set design
Make-up artist
Costume design
Hairdresser
Editing
Assistant editor
Sound
Sound assistant
Cast
- Lily Brest
- Raoul
- Jude
- Luise Müller
- Herr Müller, ihr Mann
- Polizeichef Müller
- Kleiner Prinz
- Zwerg
- Emma
- Marie-Antoinette
- Oscar
- Thomas
- Violet
- Tau
- Olga
- Jim
- Hans von Gluck
- Helifritz
Production company
Producer
Unit production manager
Location manager
Duration:
2768 m, 101 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Eastmancolor, Ton
Censorship/Age rating:
FSK-Prüfung (DE): 10.08.1976, 48445, ab 18 Jahre / feiertagsfrei
Screening:
Uraufführung (CH): 31.01.1976, Solothurn, Filmtage
Titles
- Originaltitel (DE) Schatten der Engel
- Weiterer Titel (ENG) Shadows of the Angels
Versions
Original
Duration:
2768 m, 101 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Eastmancolor, Ton
Censorship/Age rating:
FSK-Prüfung (DE): 10.08.1976, 48445, ab 18 Jahre / feiertagsfrei
Screening:
Uraufführung (CH): 31.01.1976, Solothurn, Filmtage
Prüffassung
Duration:
2884 m, 105 min
Comments
You have seen this movie? We are looking forward to your comment!
Login or register now to write a comment.
Am Schauspielhaus Bochum kam es während der Intendanz Peter Zadeks am 5. Dezember 1976 im Rahmen eines „BO Weekend“-Spektakels zu einer u.a. mit Fassbinder, Ingrid Caven, Peer Raben, Werner Eichhorn und Hermann Lause hochkarätig besetzten Stücklesung. An der anschließenden Diskussion unter der Leitung von Volker Canaris nahmen u.a. Jean Amery, Erich Fried, Gerhard Zwerenz, Ingrid Caven und Rainer Werner Fassbinder teil. Was die Theatergeschichtsschreibung unterschlagen hat: Bochum war auch der Austragungsort der szenischen Uraufführung am 22. Januar 1979, allerdings nicht im imposanten Theaterschiff an der Königsallee, sondern in der Alten Mensa der Ruhr-Universität. Günther Wille, Leiter der dem Musischen Zentrum angeschlossenen RUB-Studiobühne, inszenierte „Der Müll, die Stadt und der Tod“ u.a. mit Manuela Brinkmann als Prostituierte Roma B. und Uwe Riedel als Frankfurter Grund-und-Boden-Spekulant („reicher Jude“). Die Fassbinder Foundation wertet dagegen die presseöffentliche Vorstellung der Inszenierung Dietrich Hilsdorfs am 4. November 1985 im Schauspiel Frankfurt als Uraufführung.
Das Medium Film war schneller. Nach dem Weggang Fassbinders vom TAT hatte er versucht, sein Stück selbst zu verfilmen, scheiterte aber an der Finanzierung: Weder der angefragte Westdeutsche Rundfunk noch die Filmförderunganstalt sahen sich in der Lage, ein solches heißes Eisen zu unterstützen. So konnte der Schweizer Film- und Opernregisseur Daniel Schmid die Gelegenheit nutzen, mit „Schatten der Engel“ seinen ersten Film nach einem fremden Drehbuch zu drehen: mit Fassbinder hatte er 1966 die Aufnahmeprüfung zur Berliner dffb-Filmakademie gemacht – und im Gegensatz zu RWF bestanden. Angesichts der öffentlichen Skandalisierung der Vorlage ist es schon erstaunlich, dass die beinahe buchstabengetreue Leinwandadaption ohne mediales Aufsehen ab 3. September 1976 störungsfrei in den deutschen Kinos lief. Schmid hievt freilich das Schauspiel um einen jüdischen Baulöwen mit der stilisierten Kamera Renato Bertas und der abgehoben Kunstsprache Fassbinders auf eine neue, realitätsenthoben-surrealistische Ebene. Schiffssirenen zu Beginn suggerieren einen norddeutschen Ort der Handlung, erst das Autokennzeichen des dicken amerikanischen Straßenkreuzers, in dem sich der Baulöwe durch die Straßen kutschieren lässt, verweist auf Wien, was dem Sujet offenbar einiges an politisch-moralischer Spannung genommen hat.
Lily Brest ist die ausgesprochen aparte Hure ihres einfach gestrickten Brutalo-Machos von Zuhälter Raoul. Der nur eine Ehre kennt: mit dem kargen Lohn seiner „Pferdchen“ auf der Rennbahn zu spekulieren und im Kreis Gleichgesinnter zu renommieren. Ein armer kleiner Wicht, ein gefühlskalter Zocker einfachsten Zuschnitts. Lily ist von ihrem Vater, Herrn Müller, der sich als Travestie-Sänger in einer schmuddeligen Nachtbar verdingt, schon früh sexuell missbraucht worden. Zusammen mit Emma versieht Lily ihren Dienst in eiskalten, zugigen Hauseingängen und Straßenunterführungen. Die Sprache der Huren ist, ein geradezu Brechtscher Verfremdungseffekt, der Hochsprache und dem Versmaß unserer Klassiker entlehnt. Klaus Löwitsch gibt den reichen Juden in Entsprechung des Shakespearschen Shylock in der Interpretation durch den Regisseur Peter Zadek und den Schauspieler Gert Voss am Wiener Burgtheater nicht als orthodoxen Glaubenskämpfer, sondern ganz säkularisiert. Ein kalter, berechnender, über Leichen gehender Geschäftsmann, der mit Immobilienspekulationen sein Geld macht und mit Hilfe der örtlichen Administration ganze Stadtviertel abreißen lässt, um den Baugrund mit opulenten Neubauten gewinnbringend weiterzuveräußern.
Löwitsch ist ein Baulöwe, aber auch ein einsamer Mann, der in der Hure Lily eine ideale Zuhörerin gefunden hat für seine philosophischen Ergüsse über Architektur und Stadtlandschaft, über Leben und Tod. Auch diese in einer abgehobenen, gänzlich theatralischen Sprache – surreal. Seine Geschäfte gehen zu gut, ahnt der reiche Jude, das schreit nach Strafe. Weshalb seine grundsätzlichen Gedanken in eine Art katholisch-christliche Beichte münden – nicht weniger surreal. Als Lily zur ständigen Begleiterin des Juden und mit Reichtümern überhäuft wird, verzweifelt Raoul und zieht zu einem homosexuellen Freund. Als er in einer Schwulenbar zusammengeschlagen wird, schwenkt er auf die Linie von Herrn Müller ein: der Jude trinkt nur unser Blut, die Nazis haben vergessen, ihn zu vergasen. Was ist das für ein Staat, der zulässt, was geschieht? Raoul und Herr Müller sind sich einig: der Faschismus wird siegen!
Antisemitismus bei Fassbinder? Gerade die Verkörperung des reichen Juden durch Klaus Löwitsch ist ein Garant dafür, dass solche Anschuldigungen ins Leere laufen. Sein Immobilienhai ist in der Tat ein Jude, aber einer, der keinem Vorurteil, keinem Klischee entspricht. Er ist ein Kapitalist und wie jeder Kapitalist ein Ausbeuter. Lilys Mutter Luise ist an den Rollstuhl gefesselt und hasst ihre schöne, lebensfrohe Tochter wie ihr körperliches Gebrechen. Sie akzeptiert Lilys Beziehung zum Juden ebensowenig wie deren bisheriges Umfeld. Aber für die Zuhälter und die anderen Prostituierten ist Lily nun eine, die es geschafft hat, die auf der anderen Seite steht. Was Lily selbst anders sieht. Sie erträgt den kalten Zyniker nicht länger, betet verzweifelt in der Kirche, die Daniel Schmid opulent in ein einziges Kerzenlichtermeer verwandelt, bittet um den Tod – und der Jude stranguliert sie. Lustmord, jüdischer? Kann ich nicht erkennen. Eher Ausdruck unumschränkter Macht eines reichen Kapitalisten. Der weder moralische Grenzen noch staatliche Gewalt zu fürchten hat. Polizeichef Müller II und Thomas, die Vertreter des Staates, schützen den Täter und lassen stattdessen den Kleiner Prinz genannten Adlatus und Fahrer hinrichten: „Mir ist grad einer aus dem Fenster gehüpft“. Der Fassbindersche „Zwerg“, Entlastungszeuge für den reichen Juden, ist bei Schmid mit Jean-Claude Dreyfuss ein großgewachsener, schlanker, athletischer junger Mann mit kahlgeschorenem Schädel und fremdländischem Akzent. Warum auch immer.
Rainer Werner Fassbinder am 5. Dezember 1976 im Schauspielhaus Bochum: „Dieses Stück war einer der Gründe, warum wir das TAT verlassen mussten. Schmid hat die expressionistische Sprache des Stücks interessiert, nicht die Frankfurter Situation. Er hat mit der Verfilmung eine Kunstwelt geschaffen, die auf die Frankfurter Wirklichkeit allerdings Rückbezüge schaffen kann. Das Stück ist ohne mein Wissen im unfertigen Zustand gedruckt worden und darf ohne mich nicht aufgeführt werden. Die TAT-Inszenierung ist ja auch geplatzt. Die Meinungen, die im Stück geäußert wurden, und das ist doch deutlich erkennbar, sind nicht die meinigen, sind keine Aussagen des Stücks als solches.“
Pitt Herrmann