Summary
Good Girl Gone Bad (That's It, Helmut)
West Germany in the 1980s: the ideals of the ‘68s have now reached the provinces too, bringing the desire for change and freedom. That goes too for the smart 17-year-old Ursula, who lives with her conservative family in a small village. Ursula’s lonely life is upended when the left-wing-alternative teacher Siegfried Grimm appears. He and his friends organize self-liberation courses and peaceful protests against nuclear energy and weapons. Ursula becomes politically active and, of course, falls in love with the charismatic Grimm. Unfortunately it is not only she alone who experiences a "Summer of Love". As Grimm seduces all the local women and his sermons reveal themselves to be just empty words, Ursula plans her revenge.
Source: German Films Service & Marketing GmbH
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Das Environment, dass Ursula in den Augen aller lächerlich machen soll, gefällt dem neuen Lehrer für Physik und Biologie, Siegfried Grimm. Der attraktive Linksalternative, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin Erdmut und dem nach einem Zusammenstoß mit einem Polizei-Wasserwerfer an den Rollstuhl gefesselten Aktivisten Hans-Erich eine Wohngemeinschaft mit ökologischer Landwirtschaft gegründet hat, steht sogleich im Mittelpunkt des Interesses der weiblichen Ortsbewohner jeglichen Alters. Erdmut offeriert nicht nur Öko-Koch- und -Backarbeitsgemeinschaften, sondern auch „Muschi-Kurse“ zur vaginalen Selbstuntersuchung und Stimulation, während Siegfried Trainings veranstaltet für gewaltfreie Demonstrationen gegen die geplante Stationierung von amerikanischen Pershing-Raketen in Mutlangen. Sein Flugblatt-Motto „Petting statt Pershing“ wörtlich nehmend, wird der die freie Liebe predigende Lehrer zur Projektionsfläche auch für Ursula, die von ihm als bisher einzigem dazu ermutigt worden ist, zu sich selbst zu stehen und ihre Haltung ohne Rücksicht auf Familie oder gesellschaftliche Konvention zu leben. An ihren Eltern sieht sie die Brüchigkeit herkömmlicher Strukturen: Während Vater Helmut sich als Arzt verwirklicht, hat Mutter Inge ihr Kunststudium abgebrochen nach Ursulas Geburt und sich ganz in den Dienst der inzwischen vierköpfigen Familie gestellt. Kein Modell also für Ursula, die davon träumt, mit Siegfried Grimm nackt im Bett zu liegen wie John Lennon und Yoko Ono. Eher selten im WG-Bett, dafür auf hartem Schulklassenboden, auf Turnmatten in der Sporthalle oder romantisch im Heu des Ökohofes treibt es Ursulas narzisstisches Objekt der Begierde – mit ihrer eigenen Mutter Inge wie mit der Sportlehrerin Karin Teichert. Was irgendwann weder Erdmut noch Ursula verborgen bleibt. Letztere fühlt sich verraten – und beschließt sich zu rächen...
Petra Lüschows Spielfilmdebüt „Petting statt Pershing“, das am 25. Oktober 2018 bei den Hofer Filmtagen uraufgeführt wurde, sollte bereits ein Jahr zuvor unter dem Titel „Es ist aus, Helmut“ in die Kinos kommen. Die knapp hundertminütige Gesellschaftskomödie ist mit der Leinwand-Newcomerin Anna Hornstein großartig besetzt: Bisher nur in TV-Serien wie „Schloss Einstein“ und „Der Lehrer“ unter ihrem früheren Namen Anna Florkowski zu sehen, spielt sie an der Spitze eines erlesenen Ensembles eine junge Frau, die eigentlich klug und stark ist, aber unter ihren üppigen Körpermaßen leidet. Eigentlich will sie nur dazugehören, am Ende, das darf verraten werden, ist Ursula die Einzige, die die Kurve kriegt und ihrer Sehnsucht nach Ausbruch aus der kleinbürgerlichen Welt nachgibt. Petra Lüschow, die das Drehbuch zum auf der Berlinale 2006 herausgekommenen Drama „Nachbeben“ schrieb, aber auch zur Romanadaption „Tannöd“ und zu mehreren „Tatort“-Folgen, reüssierte mit ihrem Kurzfilm „Der kleine Nazi“, welcher zahlreiche internationale Preise gewann.
Mit „Petting statt Pershing“, am 5. März 2021 als Free-TV-Premiere auf Arte zu sehen, ist ihr ein detailreiches Zeitporträt der frühen Kohl-Jahre wie der Spät-1968er geglückt, auch wenn vieles lustvoll-ironisch übertrieben erscheint. Wie die von Christine Schorn verkörperte Mutter der Sportlehrerin, Erna Teichert, die scheinbar selbstlos ein Kriegerdenkmal außerhalb des Dorfes pflegt, in Wahrheit aber auf die alten Kameraden schimpft und sich an einer im Marmor versteckten Schnapsflasche gütlich hält. Petra Lüschow im Presseheft: „Ich war in den 80ern Jugendliche, und meine Beobachtungen haben mich inspiriert. Ich war sehr in der Anti-Atomkraft- und Friedensbewegung und vielen Gruppen engagiert, u.a. habe ich Artikel gegen Neonazis und über Umweltschutz verfasst. Das andere war, dass ich in den Politgruppen oft die Jüngste war. So kam ich nicht selten in die Rolle der Beobachterin und erlebte, wie diese Gruppen funktionierten, die Spielchen, die amourösen Verflechtungen. Mich hat schon als Jugendliche beschäftigt, wie viele ihre Widersprüche so verwischen, dass sie die Ideale überhöhen, aber vergessen, wer sie wirklich sind, woher sie kommen, was sie vielleicht geformt hat. ‚Petting statt Pershing‘ ist ein Film über das Politische im Privaten, über die Widersprüche einer Gesellschaft, die in den 80ern noch sehr piefig war, vor allem was das Frauenbild anging.“
Pitt Herrmann