Summary
No One's With the Calves
It‘s the height of summer in the middle of nowhere in Mecklenburg, Germany. Five houses, one bus stop, cows and nothing but fields. 24-year-old Christin lives on the farm of her long-term boyfriend Jan, 25. The exciting post-reunification years that defined her childhood are long gone.
Her relationship is loveless. Her father drinks. Christin, too, keeps the cherry liqueur close at hand, tucked under her car seat. In the shimmering heat of summer, time seems to stand still – that is, until 46-year-old wind energy engineer Klaus arrives from Hamburg and sets the world spinning again.
Source: German Films Service & Marketing GmbH
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Der aus Hamburg stammende 46-jährige Familienvater nimmt die attraktive junge Frau stirnrunzelnd in seinem Kombi mit in Richtung Hansestadt, lässt sie aber auf ihren Wunsch an einer Tankstelle heraus. Wo Torsten, ein guter Freund aus dem Dorf, gerade Feierabend macht und Christin zurück nach Schattin nimmt. Der spontane Ausflug in die große weite Welt endet an der einzigen Haltestelle weit und breit, die ganz den Anschein macht, als sei der letzte Bus vor Jahren hier vorbeigekommen.
Die Zeit ist stehengeblieben, von der Aufbruchstimmung der Jahre nach dem Mauerfall ist nichts mehr zu spüren. Was auch für die private Beziehung gilt: Christin lebt mit Jan auf dem Milchviehbetrieb seines Vaters Frank, der mit der jungen, lebenslustigen und sich ganz offenbar nach der Großstadt sehnenden Freundin seines Sohnes nicht warm wird. Weil aus ihr wohl keine Bäuerin mehr wird, auch wenn sein ständiger Vorwurf, sie sei arbeitsscheu, ganz offenbar nicht zutrifft.
Zumal sich Christin rührend um ihren entwurzelten und inzwischen völlig dem Alkohol verfallenen Vater Jens kümmert, der nach dem Tod seiner Gattin Anne den Hof aufgeben musste und in einem gesichtslosen Mehrfamilienhaus gestrandet ist. Wenn ihre beste Freundin Caro nicht gerade Christins Beine mit Honig peelt, bevor beide aufgebrezelt zum trostlosen Besäufnis der Dorfdisco stöckeln, ist Langeweile angesagt. Und mehr noch: Sprachlosigkeit. Da hilft auch ein Schluck aus der stets präsenten Kirschlikör-Flasche nicht wirklich.
Da ist der Windrad-Ingenieur Klaus von anderem Kaliber. Der sie nach ihren Träumen fragt, bevor es zum allerdings kaum weniger freudlosen Sex auf Traktorreifen im Heuschuppen kommt. Um der Gluthitze des Sommers und der tödlichen Langweile in diesem Kaff jottwede zu entkommen, könnte er der Rettungsanker sein. Christin stellt sich in der Stadt etwas Eigenes vor, eine kleine Wohnung, einen Friseurladen oder wenigstens ein Fingernagel-Studio. Doch dann fährt Klaus mit Familie auf Urlaub nach Dänemark.
In der folgenden Nacht brennt die Scheune ab. Ein Menetekel? Jedenfalls Brandstiftung, heißt es. Christins zweiter Ausbruchsversuch scheitert ebenso kläglich wie der erste: Nachdem sie morgens im Kuhstall ohne ein klärendes Wort von Jan brutal zusammengeschlagen worden ist, packt sie ihre wenigen Sachen und fährt mit dem Auto zu Danilo (Julius Nitschkoff), einem alten Freund. Doch der wird vor ihren Augen von der Polizei verhaftet – und Christin kehrt zurück. Unvermittelt biegt sie bei der Bushaltestelle ab und fährt durch die flache norddeutsche Landschaft, das Ziel wohl auch ihr selbst unbekannt. Es könnte das Ende dieser toxischen Beziehung sein…
Saskia Rosendahl, nach der Uraufgeführt in Locarno mit dem „Leopard“ als beste Darstellerin ausgezeichnet, verkörpert mit Christin eine junge, vom tristen Dasein auf dem Lande und nicht zuletzt von ihrem ganz in der Arbeit auf dem Hof aufgehenden Freund unbefriedigte Frau, die auch durch den Schmerz einer brennenden Zigarette ihres Liebhabers wieder Leben in sich spürt. Neugierde auf etwas anderes paart sich bei ihr mit sexueller Sehnsucht, der sie innerhalb der geschlossenen Dorfgesellschaft nur mit ihrem aufreizenden Outfit Ausdruck verleihen kann.
Nach dem gleichnamigen, 2017 erschienenen Debütroman von Alina Herbing räumt „Niemand ist bei den Kälbern“ mit dem bei stressgeplagten Großstädtern grassierenden Mythos vom romantischen Landleben inmitten der Natur gründlich auf. Gedreht in Hamburg, Schleswig-Holstein (Süsel) und Mecklenburg-Vorpommern (Stöllnitz, Dömitz und Lübtheen) fand die Deutsche Erstaufführung am 23. September 2021 auf der 21. Filmkunstmesse Leipzig statt.
Pitt Herrmann