Summary
Hla and Nyo Nyo live in a country torn by conflict. Hla is a Buddhist and the owner of a makeshift medical clinic in western Myanmar, where the Rohingya (a Muslim minority community) are persecuted and denied basic rights. Nyo Nyo is a Muslim and an apprentice midwife who acts as an assistant and translator at the clinic. Her family has lived in the area for generations, yet they are still considered intruders. Encouraged and challenged by Hla, who risks her own safety daily by helping Muslim patients, Nyo Nyo is determined to become a steady health care provider for her community.
Source: German Films Service & Marketing GmbH
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Schnitt. Die andere, archaische Seite der scheinbaren Idylle: Eine hochschwangere Frau wird von Familienangehörigen auf dem Fahrrad in eine „Klinik“ gebracht, die aus einer zugigen Wellblechbaracke besteht. Die hygienischen Verhältnisse in der einstigen Garage des Hauses der Inhaberin sind nach europäischem Maßstab unvorstellbar. Ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeiten betreibt die buddhistische Hebamme Hla die auch für Rohingya-Frauen offene Station. Mehr noch, mit Nyo Nyo bildet sie eine Muslima als Hebamme aus. Der für die dreimonatige klinische Ausbildung in der früheren Hauptstadt Rangun, dem heutigen Yangon, sowohl ein Visum als auch das Geld fehlt.
In ihrem 92-minütigen Dokumentarfilm „Midwives“ begleitet die in Rakhine geborene, in Myanmar und Deutschland ausgebildete Snow Hnin Ei Hlaing die beiden so unterschiedlichen Frauen über sechs Jahre. Hla spricht arakanesisch, während die meisten Muslime arabischsprachig sind. Nyo Nyo darf keine buddhistischen Patientinnen behandeln, immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen auch mit Soldaten. Weil sich Hla nicht mehr in die Dörfer der Rohingya traut, müssen die muslimischen Frauen in die Station kommen – und dafür oft weite Strecken zurücklegen.
Weil muslimische Kinder keine staatlichen Schulen besuchen dürfen, hat Nyo Nyo neben der „Klinik“ eine provisorische Schule eingerichtet. Mit Unterricht in der arakanesischen Landessprache. „Ich bin nicht glücklich, eine Frau zu sein“ bekundet Hla, die von schönen Kleidern und städtischem Komfort träumt, während sie ihrem nur „Sir“ genannten Gatten, der selbst nicht arbeitet, das Mittagessen zubereitet. „Single sein ist am besten“ ist Hlas Mutter überzeugt. Die medizinische Station dient zugleich als Umschlagplatz für Nahrungsmittel und Lager für die Wassereis-Verkäufer, die mit dem Fahrrad in die umliegenden Dörfer radeln. Sie werden von der buddhistischen Mehrheitsgesellschaft als „Kalar“, als Farbige, bezeichnet: für die Regierung in der Retortenstadt Naypyidaw gibt es „keine Rasse der Rohingya“, sondern nur „illegale Einwanderer“.
Zeitsprung. Nyo Nyo, inzwischen Mutter von drei Kindern, hat sich selbständig gemacht. Und sich beim Ausbau einer vergleichsweise modernen „Klinik“ in Ziegelstein-Bauweise trotz Förderung durch die Europäische Union finanziell übernommen. Weshalb sie nun Reisfelder der Familie verpfänden muss. Ihr Mann arbeitet als Lehrer, sie eröffnet einen Gemischtwarenhandel als Ergänzung ihrer Hebammen-Tätigkeit: Viele Patientinnen können nicht sofort bezahlen. Als Hla ihre Freundin besucht, der sie zunächst böse war, ist sie stolz auf ihre einstige Schülerin. Die nun über ihre in Rangun lebende Schwester über ein Smartphone verfügt. Nyo Nyos Tochter soll dort einmal zur Schule gehen und bei ihrer Tante wohnen, um ein besseres Leben zu haben…
„Midwives“, das bemerkenswerte, weil höchst empathische Langfilmdebüt der Dokumentaristin Snow Hnin Ei Hlaings, ist beim Sundance Film Festival und anschließend in Austin und Prag gleich mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden. Der vielleicht wichtigste deutsche Kinostart am 26. Januar 2023, der uns saturierten Mitteleuropäern einmal mehr vor Augen führt, welche Belanglosigkeiten unsere Debatten bestimmen angesichts der Probleme außerhalb unseres Elfenbeinturms, läuft leider nur in wenigen Lichtspielhäusern.
Pitt Herrmann