Meine fremde Freundin

Deutschland 2017 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Judith Lorenz, eine gebürtige Tirolerin, die im niedersächsischen Wolfsburg aufgewachsen ist, tritt ihren Dienst in der Abteilung Veterinärwesen im Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Hannover an. Für die neuen Kollegen hat sie Apfelkuchen gebacken, kommt mit ihrer offenen Art allgemein gut an und versteht sich gleich bestens mit ihrer Büronachbarin Andrea Bredow. Die ihr hilft, sich einzugewöhnen und auch Judiths Eltern beim Schleppen der Umzugskartons in die neue Wohnung unterstützt.

Dafür hatte sich auch der nassforsche Kollege Volker Lehmann angeboten, sich aber in Judiths Augen mit anzüglichen, von entsprechenden Gesten unterstützten Bemerkungen wie „Sie tragen eh‘ recht schwer“ über ihren Körperbau disqualifiziert. Obwohl eine seiner früheren Kolleginnen aufgrund seiner Zweideutigkeiten und sexuellen Anspielungen gekündigt hat, hält die Amtsleiterin Frau Dr. Gonzor nach wie vor ihre Hand über Volker, auf dessen qualifizierte Mitarbeit sie in Zeiten großen Personalmangels glaubt nicht verzichten zu können. Zumal die an Krebs erkrankte Kollegin Monika Schmidt wohl bald ausfallen wird.

Volker Lehmann lässt nicht locker mit Sprüchen unter der Gürtellinie, stellt sich der Neuen auf dem Flur demonstrativ in den Weg und bedrängt sie im Archivraum dermaßen, dass Judith Lorenz zum Mittel der Lüge greift, um ihn sich vom Leib zu halten: Sie zeigt ihn bei der Polizei wegen Vergewaltigung an. Und wird darin von Andrea Bredow, dessen Gatte Martin als Rechtsanwalt tätig ist, in jeder Hinsicht unterstützt. Seiner Chefin bleibt keine Wahl, als ihren erklärtermaßen besten Mitarbeiter bis zur gerichtlichen Klärung zu suspendieren.

„Irgendwas musst du doch gemacht haben“: Zum Entsetzen seiner zwiegespaltenen Gattin Kirsten und Tochter Manja wird Volker Lehmann in Untersuchungshaft genommen. Da Judith Lorenz bei ihrer Aussage bleibt, unterstützt von ihrer Anwältin Dr. Mona Schäfer (Gisa Zach) und der Psychologin Sabine Slowinski, wird der an seiner verzweifelten Situation nicht ganz Unschuldige zu fünf Jahren Freiheitsentzug sowie den Kosten des Verfahrens verurteilt.

Nach anderthalb Jahren, in denen Judith Lorenz immer neue phantastische Geschichten erzählt, dämmert es Andrea Bredow, dass auch die Vergewaltigungs-Story eine Erfindung sein könnte und bittet ihren Mann, sich für ein Wiederaufnahmeverfahren einzusetzen. Bei seinen Recherchen kommt heraus, dass Judith unter Paranoia leidet und auch auf ihren beruflichen Stationen zuvor Menschen ihrer Umgebung manipuliert hat – mit der eigenen Biografie und der ihrer (Groß-) Eltern.

Als Judith behauptet, ihr neuer Freund Christian (Urs Rechn) sei nach einem Unfall auf den Rollstuhl angewiesen und dann auch noch Martin Bredow der sexuellen Nötigung bezichtigt, ist selbst dem Gerichtsgutachter (Mathias Max Herrmann) klar, dass es ein zweites Verfahren geben und Volker Lehmann vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen werden muss…

Das Drehbuch des an authentischen Orten (JVA Sehnde und ein aufgelassenes Amt in Hannover) gedrehten Dramas orientiert sich deutlich an einem hessischen Justizskandal: Der Biologie- und Sportlehrer Horst Arnold ist 2002 von seiner Kollegin Heidi K. angezeigt, vom Landgericht Darmstadt zu fünf Jahren Haft verurteilt und erst 2011, also erst nach Verbüßen seiner Strafe, in einem Wiederaufnahmeverfahren wegen erwiesener Unschuld freigesprochen worden. Arnolds Berliner Verteidiger Hartmut Lierow war der Bruder von Anja Keinath, der Frauenbeauftragten der Gesamtschule in Reichelsheim/Odenwald. Sie hatte anfangs Heidi K. unterstützt, bis ihr – reichlich spät – Widersprüche in deren Aussagen aufgefallen war.


Die Zeichnung der Rolle des Beschuldigten Volker Lehmann als chauvinistischer Sprücheklopfer und zumindest verbal anzüglicher Kollege, der jegliche Grenze der Kollegialität überschreitet, ist angesichts des tragischen Opfers dieses nur als „Justizirrtum“ verharmlosten Justizskandals, Daniel Nocke, selbst skandalös. Lässt es durch die absolute Nähe des Drehbuchs zum realen Fall, der im Grunde nur von Hessen nach Niedersachsen und von der Schule in ein Amt verlegt worden ist, das Opfer noch posthum als Mitschuldigen erscheinen! Es ist schon mehr als bedenklich, dass die generell positive Film-Kritik diesen Aspekt völlig unbeachtet gelassen hat.

Pitt Herrmann

Credits

Director

Director of photography

Editing

Cast

All Credits

Shoot

    • 14.02.2017 - 15.03.2017: Hannover und Umgebung
Duration:
90 min
Format:
16:9
Video/Audio:
Farbe, Stereo
Screening:

Uraufführung (DE): 08.10.2017, Hamburg, Filmfest;
TV-Erstsendung (DE): 08.11.2017, ARD

Titles

  • Originaltitel (DE) Meine fremde Freundin
  • Arbeitstitel Die Lüge ihres Lebens

Versions

Original

Duration:
90 min
Format:
16:9
Video/Audio:
Farbe, Stereo
Screening:

Uraufführung (DE): 08.10.2017, Hamburg, Filmfest;
TV-Erstsendung (DE): 08.11.2017, ARD

Awards

Filmfest Hamburg 2017
  • Hamburger Produzentenpreis Deutsche Fernsehproduktion