Credits
Director
Screenplay
Director of photography
Editing
Music
Production company
All Credits
Director
Screenplay
Commentary
Script editor
Director of photography
Optical effects camera
Editing
Consultant
Music
Voice
Production company
Unit production manager
Original distributor
Duration:
930 m, 34 min
Format:
35mm
Video/Audio:
s/w, Farbe, Ton
Screening:
Uraufführung (DD): 31.07.1981
Titles
- Originaltitel (DD) Liebster Dziodzio
- Arbeitstitel (DD) Schmetterlinge von Pawiak
Versions
Original
Duration:
930 m, 34 min
Format:
35mm
Video/Audio:
s/w, Farbe, Ton
Screening:
Uraufführung (DD): 31.07.1981
Comments
You have seen this movie? We are looking forward to your comment!
Login or register now to write a comment.
Róża Berger-Fiedler konzentriert sich in ihrem 34-minütigen Kurz-Dokumentarfilm „Liebster Dziodzio“ auf die Briefe an Leo Jogiches. Rosa Luxemburg studierte an der Universität Zürich, da zu diesem Zeitpunkt nur in der Schweiz Frauen zum Studium zugelassen wurden, ihr Doktorvater Julius Wolf bezeichnete sie als die Begabteste unter seinen Studenten. Als 19-Jährige lernte sie dort den 1867 im damals zum Russischen Kaiserreich gehörenden Wilna geborenen Leo Jogiches kennen. Im Ersten Weltkrieg lebte der Sozialist in Berlin im Untergrund. Zusammen mit Franz Mehring, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gründete er den Spartakusbund, aus dem 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands hervorging, deren Vorsitz er nach der Ermordung Luxemburgs und Liebknechts übernahm.
Róża Berger-Fiedler, deren Vorname auf die Verehrung ihrer Eltern für Rosa Luxemburg resultiert, hat in „Liebster Dziodzio“ die charismatische Arbeiterführerin vom Denkmal-Sockel geholt. Sie hat die in Moskauer Archiven lagernden Briefe selbst aus dem Polnischen ins Deutsche übersetzt und als Sprecherin aus dem Off vorgelesen. Diese offenbaren eine Frau aus Fleisch und Blut, eine sinnliche, leidenschaftlich-fordernde und darin nicht zimperliche Liebhaberin, die von ihrem „allerliebsten Giorgio“ auch in schwerster politischer Bedrängnis ein Kind will. Dieser Widerspruch zum häufig kolportierten Bild einer steifen asexuellen Suffragette, das Primat des Privaten vor dem Politischen stieß bei der Defa auf Vorbehalte, sodass der Film mit dem ursprünglichen Arbeitstitel „Schmetterlinge vom Pawiak“ ohne offizielle Premiere am 31. Juli 1981 als Begleitfilm zum Hauptprogramm in nur wenigen DDR-Kinos anlief.
Wie Róża Berger-Fiedler bei einer Vorführung Mitte März 2022 im Filmmuseum Potsdam berichtete, hatte es bei der Abnahme durch die Hauptverwaltung Film (Zensurbehörde beim Ministerium für Kultur) geheißen, der Film sei zu anspruchsvoll: „Unsere Menschen werden ihn nicht verstehen.“ Weshalb es nur drei Kopien für die Bezirksfilmdirektionen gab und eine vierte speziell für Karl-Marx-Stadt. Die Regisseurin, 1940 als Tochter polnischer Juden in Frankreich geboren und in Polen aufgewachsen, ist im Alter von 16 Jahren mit ihren Eltern von Breslau nach Leipzig gekommen. Nach dem Abitur hat die überzeugte Sozialistin, die für die Defa mehr als 40 Dokumentarfilme drehte, zunächst als hauptamtliche FDJ-Sekretärin gearbeitet. Bald landete die allzu Aufmüpfige zur Bewährung in der sozialistischen Produktion in der Druckerei des Leipziger Verlages Hermann Duncker, bevor ihre Defa-Karriere zunächst im Synchronstudio begann.
Ihr Film, der nicht auf bewegte Bilder Rosa Luxemburgs zurückgreifen kann, weil es schlichtweg keine gibt im Gegensatz zu ihrem männlichen Mitstreiter Karl Liebknecht, ist auf besondere Art visuell gestaltet: Neben historischen Aufnahmen und Faksimiles der Briefe konnte Kameramann Peter Milinski 1980 die im Staatlichen „Archivum Akt Nowyh“ in Warschau gehüteten, aus den USA in die polnische Hauptstadt in einem Schuhkarton geschickten Blätter des von 1913 bis 1918 gesammelten Herbariums Rosa Luxemburgs auf 35mm bannen. Der Dietz-Verlag, der 2016 eine Faksimile-Ausgabe ediert hat, kolportiert dagegen, erst der Leiter der Rechtsmedizin an der Berliner Charité, Michael Tsokos, habe es 2009 in Warschau aufgespürt.
Zudem arbeitet Róża Berger-Fiedler in ihrer, so der Untertitel, „Film-Erzählung“ immer wieder mit Collagen und Überblendungen, rückt das historische Geschehen an die durchaus auch idealisierte DDR-Gegenwart heran. Wenn etwa gleich zu Beginn der Abriss von Altbauten zugunsten von Arbeiterschließfächern in industrieller Plattenbauweise als Fortschritt im Sinne Rosa Luxemburgs dargestellt wird. Mit seiner assoziativ-essayistischen Bildsprache versucht dieser ungewöhnliche Dokumentarfilm, die Gedanken- und Gefühlswelt Rosa Luxemburgs mit adäquaten Mitteln darzustellen.
Pitt Herrmann