Credits
Director
Director of photography
Editing
Music
Cast
- Jörg Ratgeb
- Barbara
- Bischof
- Joß Fritz
- Junge Bäurin
- Thomas Niedler
- Albrecht Dürer
- Agnes Dürer
- Gaukler
- Seine Frau
Production company
All Credits
Director
Assistant director
Scenario
Script editor
Director of photography
Assistant camera
Still photography
Lighting design
Production design
Property master
Make-up artist
Costume design
Editing
Music
Cast
- Jörg Ratgeb
- Barbara
- Bischof
- Joß Fritz
- Junge Bäurin
- Thomas Niedler
- Albrecht Dürer
- Agnes Dürer
- Gaukler
- Seine Frau
- Frau Ratgeb
- Christoph Enderlin
- Vogt
- Fiedler
- Kommandeur
- Dudelsackpfeiffer
- Alter Bauer
- Landsknecht
Production company
Unit production manager
Location manager
Original distributor
Duration:
2715 m, 100 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:
Uraufführung (DD): 24.02.1978, Berlin, Kosmos
Titles
- Originaltitel (DD) Jörg Ratgeb, Maler
- Schreibvariante Jörg Ratgeb - Maler
Versions
Original
Duration:
2715 m, 100 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:
Uraufführung (DD): 24.02.1978, Berlin, Kosmos
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Denn Niedler gehört wie die anderen in Ratgebs Atelier zum Bundschuh, zu den aufständischen Bauern, die zwischen 1493 und 1517 in Südwestdeutschland in teilweise rivalisierenden Gruppen eigene, zumeist rein lokale Gemeinschaften bildeten und als Feldzeichen einen Schnürschuh aus Leder mitführten. Bis auf die historische Figur des Joß Fritz, der in Untergrombach, Lehen im Breisgau und am Oberrhein größere Gemeinschaften gegen die adligen Herrn ins Feld führte, konnte der Bundschuh freilich keine nachhaltige Wirkung erzeugen.
Dennoch gilt er als die Wurzel der deutschen Bauernkriege zwischen 1524 und 1526 – und damit auch als Mitauslöser der deutschen Reformation Martin Luthers. Zumal in der DDR, für die der Theologe, Reformator an der Seite Luthers und Bauernkriegs-Revolutionär Thomas Müntzer, der 1525 in der Schlacht von Frankenhausen gefangen genommen und anschließend gefoltert, öffentlich enthauptet und aufgespießt wurde, zum Gründungsmythos des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden gehört.
Joß Fritz verlangt von Ratgeb, die zerschlissene Bundschuh-Fahne auszubessern. Doch selbst, als die Eindringlinge beginnen, Arbeiten des Malers und sogar eine von Albrecht Dürer zu verbrennen, lässt dieser sich nicht zwingen und die Bundschuh-Leute verlassen unverrichteter Dinge das Haus. Ratgeb wird ihnen früher, als ihm lieb ist, wieder begegnen – auf dem Weg nach Nürnberg zu seinem großen Vorbild Albrecht Dürer. Zum Verdruss seiner – hier im Film als Ehefrau bezeichneten - Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder: als Leibeigene des Herzogs Ulrich ist sie an Heilbronn gebunden.
Unterwegs all' seiner Kleidung beraubt, findet Ratgeb Unterschlupf bei einer jungen Witwe, die ihm die Kleidung ihres verstorbenen Gatten andient – gegen ein bisschen Liebesglück und die Hoffnung auf männlichen Schutz für sich und ihr kleines Kind. Doch der Vogt, der schon den Gatten der schönen Bäuerin aufknüpfen ließ, weil dieser verbotenerweise im Bach des adligen Herrn angelte, will nun auch an Ratgeb ein Exempel statuieren. Der weiß sich zu wehren – und gibt so das Signal, den Vogt und seine Spießgesellen zu töten.
Schon ist der Maler, der nichts anderes sein wollte als Künstler, ein von der Herrschaft gesuchter Bundschuhler – und landet im streng gesicherten Lager von Joß Fritz. Wo es nicht weniger unmenschlich-streng zugeht wie bei den verhassten blaublütigen Ausbeutern: wegen eines kleinen Geldbetrages, den er für sich behalten hat, wird Enderlin zum Tode verurteilt. Und das Urteil von Thomas Niedler vollstreckt, weil sich – warum auch immer – kein weibliches Wesen fand, für sein Leben zu bitten.
Das ist, glücklicherweise und erst auf mehrfache bittende, ja geradezu flehende Nachfrage des nur nach außen hin zu kühl-brutalen Joß Fritz, bei Ratgeb anders, der sich erneut seiner Vereinnahmung durch die aufständischen Bauern verweigert hat: ein kleines, stummes Mädchen, Barbara (die Laiendarstellerin Margit Tenner als weiblicher Kaspar Hauser), bittet für ihn – und folgt dem sogleich in die Freiheit entlassenen Maler wie ein treues Hündchen auf Nürnberg zu. Unterwegs treffen sie auf den Gaukler Amandus (der einstige Zirkusartist Rolf Hoppe kommt ohne Double aus), der von einem christlichen Theater träumt, und dessen Gattin: Ratgeb bemalt für ihn Masken, im Gegenzug bringt Amandus das in sich gekehrte Mädchen Barbara erstmals zum Lachen. Ratgeb schleicht sich frühmorgens heimlich davon, seinen kleinen Schützling in guten Händen wissend, um Albrecht Dürer aufzusuchen.
Dessen Gattin Agnes eine Begegnung der beiden Künstler gern vermieden hätte. Es muss erst ein kostbares Muranoer Glas zerschlagen werden, bevor Ratgeb den Druckstock Dürers bewundern kann. Ein Angebot, als sein Assistent in Nürnberg zu bleiben, lehnt er ab: der Maler hat auf seiner weiten Reise zum bewunderten Meister zu viel erlebt, zu viel Schreckliches gesehen. Er kann nicht länger schweigen und will, sich nun zum Bundschuh bekennend, ein politischer Künstler sein – der er als Maler des Herrenberger Altars schließlich auch wurde. Zu den entsprechenden Motiven durfte Otto Hanisch in der Staatsgalerie Stuttgart drehen.
Bernhard Stephans anekdotisch-sprunghafter, den Plot nicht stringent erzählender Spielfilm wurde am 25. Februar 1978 während der 28. Berlinale in West-Berlin mit Konrad Wolf als Jurymitglied uraufgeführt, was die Defa-Datenbank bis heute verschweigt. Er ist, etwa aus dem Umfeld des Instituts für Deutschlandforschung an der Ruhr-Universität Bochum, für seine ahistorische Vermischung von Bundschuh und Bauernkrieg, für die wilde Mischung des Szenenbildners Peter Wilde und der Kostümbildnerin Dorit Gründel, für die allzu glatte Verkörperung des Titelhelden durch den tschechischen Schauspieler Alois Svehlik sowie für die kommerzielle Musiksauce des polnischen Komponisten Andrzej Korzynski, unschwer als Meisterschüler des Italieners Ennio Morricone zu identifizieren, kritisiert worden.
Andererseits ist „Jörg Ratgeb, Maler“ kein Propagandafilm, sondern bricht vielmehr mit der offiziellen DDR-Geschichtsschreibung der heroischen, aber tragisch endenden Bauernkriege. Joß Fritz und die Seinen werden ebenso als totalitäre Gesellschaft bloßgestellt wie die adligen Ausbeuter. Bernhard Stephan hat ein Jahr nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns und dem damit verbundenen Aderlass eines großen Teils der Künstler-Elite ein Statement gesetzt: „Wenn ihr alle zwingen wollt“ ist nicht nur zwischen den Zeilen Klartext in einem aktuellen politischen Film über Macht und Künstlertum, der nur im mittelalterlichen Gewand die Zensur-Freigabe bekommen konnte.
Pitt Herrmann