Felix und der Wolf

DDR 1987/1988 Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Die dreiköpfige Familie Grosser lebt in einem Altbau, der in der Tat sanierungsbedürftig ist. Wie offenbar das ganze Viertel. Dem siebenjährigen Felix (unbefangenes Naturtalent: Nico Wohllebe) ist das egal, während seine Eltern bei ihren Spaziergängen am Wochenende schon ’mal einen sehnsüchtigen Blick auf die vielgeschossigen Platte-Neubauten werfen: Diese genormten Arbeiter-Schließfächer verfügen wenigstens über moderne sanitäre Einrichtungen, während sie selbst noch mit dem Klo auf halber Treppe leben müssen.

Doch das soll nun anders werden. Die Bau-Brigade ist angerückt und saniert Wohnung für Wohnung und schließlich auch das Dach. 37 Jahre hat Oma Goldberg hier gewohnt, die freilich nur „Oma“ genannt wird. Denn Enkelkinder hat sie keine, ihre beiden Söhne sind beruflich zu stark engagiert („Sie finden keine Zeit fürs liebe Glück“), um für Nachwuchs zu sorgen. Nun muss sie ausziehen, vermutlich in ein Heim, jedenfalls kann sie nur wenige persönliche Sachen mitnehmen. Weshalb sich Oma Goldberg zwar nicht leichten Herzens, aber doch ganz bewusst von einer Truhe auf dem Dachboden trennt, deren Inhalt einmal für ihre Kindeskinder bestimmt gewesen ist: Wunderbar nostalgisches Blechspielzeug.

Es ist eine prall gefüllte Wunderkammer voller Erinnerungen, die sie Felix übergibt unter der Bedingung, dass die historischen Spielsachen nicht in „falsche Hände“ geraten. Fortan genießen sie, allen voran eine Spieluhr mit einem feurigen Schimmel, bei Felix einen Ehrenplatz neben Plaste und Elaste aus Schkopau. Und auch seine Eltern geraten in Verzückung ob dieses drehbaren Kleinods, weshalb Felix ihnen noch nichts von seiner Schatztruhe auf dem Dachboden erzählt. Dafür aber seinem besten Freund und Klassenkameraden Thomas – mit Folgen: Bald wissen es alle. Außer seinen Eltern.

Auch seine neue Banknachbarin in der Klasse, die kokette Sina, auf die es die halbe Klasse abgesehen hat, ist sehr daran interessiert, einmal einen Blick auf seine Schätze zu werfen. Wogegen nichts einzuwenden wäre. Im Gegensatz zum Klempner namens Wolf, der sich nicht nur in Küche und Bad der Grossers zu schaffen macht, was schließlich seine berufliche Aufgabe ist, sondern sich auch sehr auffällig für die Spieluhr interessiert. Und den Rest des sagenumwobenen Schatzes, von dem auch er inzwischen Wind bekommen hat.

Doch Felix lässt sich nicht erweichen. Weder durch die Aussicht auf ein neues Fahrrad noch durch Mark der DDR, mit der besagter Wolf im Schafspelz des Kinderfreundes wedelt. Hat der Klempner doch mit dem ortsansässigen Antiquitätenhändler offenbar schon seit geraumer Zeit einen Hehler an der Angel, der ihm die wertvolle Beute großzügig versilbert. Zumal Felix beim sonntäglichen Ausflug zur Galopprennbahn Hoppegarten (mit diesem göttlichen sowjetischen Sahneeis in der hochgefährlichen, da Flecken durch tropfendes Eis geradezu zwangsläufig hervorrufenden Verpackung) Zeuge eines dubiosen Deals zwischen einem nun auffällig elegant gekleideten Herrn Wolf und einem Unbekannten wird, bei dem eine Taschenuhr den Besitzer wechselt.

Vor lauter Aufregung verbaselt Felix nicht nur seinen Wettschein, was besonders ärgerlich ist, nachdem sein Favorit Macaroni tatsächlich gewonnen hat, sondern er wird nachts von heftigen Alpträumen geschüttelt, in denen Wolf die Hauptrolle spielt. Und dann entdeckt Sina, mit ihrer Mutter zum Bettenkauf unterwegs, die Pferde-Spieluhr im Schaufenster des Antiquitätenhändlers: Sofort wird der Kriegsrat einberufen und Felix macht sich große Vorwürfe, nicht genug aufgepasst zu haben. Das soll ihm nicht noch einmal passieren: Bevor die wertvollen Preziosen in die falschen, also in Wolfs Hände geraten, verteilt er sie lieber auf all’ seine Freunde...

Dass die Regisseurin Evelyn Schmidt nach „Felix und der Wolf“ Schwierigkeiten mit der SED-Kulturbürokratie bekommen hat, verwundert nicht. Eher schon die Tatsache, dass dieser im übrigen von Claus Neumann wunderbar unspektakulär auf Zelluloid gebannte Kinderfilm Ende Juli 1988 im Rahmen des Sommerkino-Festivals im Berliner „Colosseum“ uraufgeführt werden konnte. Thematisiert Evelyn Schmidt, die nach Intervention des Künstlerischen Rates nur haarscharf ihrer Entlassung entging und von der Defa zur Regieassistentin heruntergestuft wurde, doch rechtsfreie Räume im Arbeiter- und Bauernstaat: Diebstahl und Hehlerei ganz offen unter den Augen der Menschen, und kein ABV (Abschnitts-Bevollmächtigter der Volkspolizei) auch nur in Sichtweite. Dass solch Ungeheuerliches die DDR-Zensur passiert hat, gehört zu den nicht eben seltenen Defa-Wundern. Und die finale Fete von Kindern und Eltern um einen mit Oma Goldbergs Spielsachen prall gefüllten Tisch kann man schon anarchisch nennen...

Pitt Herrmann



Credits

Director

Director of photography

Editing

Cast

All Credits

Director

Scenario

Script editor

Director of photography

Production design

Costume design

Editing

Cast

Unit production manager

Original distributor

Duration:
1956 m, 72 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 31.07.1988, Berlin, Colosseum

Titles

  • Originaltitel (DD) Felix und der Wolf

Versions

Original

Duration:
1956 m, 72 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 31.07.1988, Berlin, Colosseum