Summary
The Brutalisation of Franz Blum
Actually, insurance clerk Franz Blum is living an outright honest, middle-class life. But one day, he suddenly participates in a bank robbery. He gets arrested and is sentenced to five years in prison. At first, sensitive Blum has a hard time to find his way in the brutal world of the prison. But in the course of time, he learns to battle his way through. With scheming, snitching and brute force, he rises in the prison’s pecking order to the rank of a leader – valued by the prison administration for his "regulatory measures" and feared by his fellow inmates. Eventually, Blum is released ahead of schedule as a supposedly rehabilitated, exemplary former convict.
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Hinter Gittern herrscht das Recht des Stärkeren – in Person des brutalen Schlägers Walter „Tiger“ Kuul. Franz wird zusammengeschlagen und auch psychisch gedemütigt. Aber er lernt, so schmerzlich das auch ist, täglich hinzu. In der anstaltsinternen Hackordnung rangiert nur der ehemalige Student Bielich unter ihm. Der herzkranke, vom Gefängnisarzt aber als Simulant angesehene Intellektuelle hat sich beim Versuch, die Mitgefangenen zum solidarischen Handeln zu bewegen, mehr als nur ein paar blaue Flecke geholt. Als er beim Hofgang einen Schwächeanfall erleidet, malträtieren ihn Kuul und dessen Anhänger noch zusätzlich mit Fußtritten.
Nun sieht Franz Blum seine Zeit gekommen. Er sagt gegen Kuul aus in der Hoffnung, diesen dadurch kalt zu stellen. Doch ein dilettantischer Versuch Bielings, mit einer Pistolenattrappe eine ärztliche Untersuchung zu erzwingen, dreht die Verhältnisse wieder um. Kuul schlägt Franz Blum dermaßen zusammen, dass dieser einen Selbstmordversuch unternimmt. Eine zweite Chance sieht Blum bei einem Arbeitseinsatz zum Torfstechen im Moor. Mit Sonderrationen, die er Aufsichtsbeamten abgeluchst hat, spielt er Kuuls Anhänger gegeneinander aus. Mit Hilfe sedierender Tropfen kann er seinen Widersacher erstmals auch körperlich besiegen, während diesem ein untergeschobener Kassiber endgültig das Genick bricht: Einzelhaft.
So rückt Franz Blum in den Augen der Häftlinge wie des Aufsichtspersonals zur Führungsperson auf und lässt sich zum Vorsitzenden des neu gegründeten Sportvereins wählen, um den illegalen Handel mit Spirituosen, Tabak und Kaffee zu beherrschen. Nur Bielich kann er nicht auf seine Seite ziehen, auch nicht, als er ihm die Beschaffung eines dringend erforderlichen Herzmedikamentes verspricht. Am Ende kehrt Franz Blum, wegen guter Führung vorzeitig entlassen, in die bürgerliche Welt zurück...
Reinhard Hauffs gut hundertminütiger Fernsehfilm beeindruckt und verstört zugleich. Weil er einerseits den Alltag in den Justizvollzugsanstalten realistisch darstellt. Der Regisseur Ende November 1974 im Gespräch mit dem NDR-Studioleiter Schudnagis anläßlich einer Filmvorführung im Oldenburger Ziegelhof-Kino: „Viele andere Lebensbereiche können Filmzuschauer auf ihre Identität mit der Darstellung überprüfen, das ist bei Gefängnisfilmen nicht möglich.“ Weshalb er mit seinem Film ein Höchstmaß an Informationen vermitteln wollte.
Andererseits war die brutale Härte hinter Gefängnismauern, vom Autor Burkhard Driest am eigenen Leib erfahren, nachdem er drei Monate vor dem juristischen Staatsexamen eine Bank überfallen und zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden war, Mitte der 1970er Jahre noch kein alltägliches Bildschirm- oder Leinwand-Erlebnis. Burkhard Driest im Pressetext des Westdeutschen Rundfunks über die autobiographischen Hintergründe der Romanvorlage: „Ich komme aus einer sogenannten guten Familie, mein Vater ist Diplom-Volkswirt, meine Mutter war Klavierlehrerin, ich hatte vier jüngere Geschwister. Ich war ein renitentes Kind, ein widerborstiger Schüler, bekam Verweise, musste Schulen wechseln. Nach der Währungsreform wollten alle möglichst viel Geld machen. Ethische Normen fanden in der Praxis wenig Platz, die meisten heuchelten, spiegelten etwas vor und handelten nur zu ihrem Vorteil. Ich geriet in eine grundsätzliche Gegeneinstellung zur Gesellschaft, die mir ständig sinnlose Ordnungsvorschriften machte. Ich hatte während des Studiums mehr Umgang mit Arbeitern als mit Kommilitonen. Es gab damals noch keine Studentenbewegung, durch die ich Zugang zu theoretischen Gesellschaftsanalysen gefunden hätte. So habe ich gesellschaftliche Zustände zwar intuitiv erfasst, erkannte aber nicht die Zusammenhänge, die dahinter steckten, fand keine Erklärung, war frustriert. Schließlich stand ich vor der Situation, in drei Wochen Examen machen zu müssen, mit der Perspektive, Recht sprechen oder akzeptieren zu müssen, das ich nicht als gerechtes Recht empfand. Ich fühlte mich zunehmend in die Ecke gedrängt, wollte angreifen, egal wie. Das führte zu dieser Kurzschlusshandlung.“
„Die Verrohung des Franz Blum“, und das ist eine Stärke des Distanz wahrenden Regisseurs, bietet dem Publikum keine Gelegenheit zur einseitigen Identifikation. Franz Blum entwickelt sich vom Ausgebeuteten zum Ausbeuter und Kuul, der brutale Schläger, ist letztlich weder so clever noch so radikal wie der ihm intellektuell überlegene Widersacher. Alle handelnden Personen werden aus ihrem Milieu heraus geschildert, und das ganz ohne Aussicht, aus eigener Kraft dort herauszukommen. Dabei ist es Burkhard Driest selbst, der mit Härte gegen sich selbst und Stehvermögen das Gegenteil unter Beweis stellt, indem er Barrieren überwindet, obwohl er immer wieder in die eigene Image-Falle tappt wie jüngst in der von „Bild“ und anderen Marktschreier-Medien zum Skandal hochstilisierten Talk-Show mit Romy Schneider.
Pitt Herrmann