Summary
The film leads into the heart of a darkness that today is described as toxic masculinity. And illuminates it: In an arena of dark, scarred concrete, four young violent criminals meet three threatening dogs with imposing metal muzzles. If it weren’t for Lu, the fearless, highly concentrated dog trainer, who takes up the challenge of extinguishing fire with fire. Lu places her project – as risky as it is suspiciously supervised by the prison authorities – beyond the questions of perpetrators and victims, guilt and atonement. She gets involved with the unspeakable, the uncontrollable and the uncertain, into which it leads. The perpetrators, the animals, herself.
Thus she becomes a provocation and her approach becomes an explosive device for a system that still believes that good and evil can really be sorted out. Lu also explores the boundaries of masculinity. At the abyss of aggression, violence and ignorance, the male becomes the human border. And their overcoming becomes a topic for all of us: the angry as well as the timid, the acting as well as the repressive, but above all: men as well as women.
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Als sie in den klaustrophobisch-beklemmenden Betontrog eingelassen werden, liegt eine Frau auf dem Boden. Es ist die Hundetrainerin Lu Feuerbach, die bald darauf den Raum durchmisst: „Keine Fragen, keine Vorgeschichte.“ Was für die Gefangenen gilt, nicht fürs Kinopublikum: eine monotone Computerstimme hat die Vergehen der Gewalttäter samt ihrer zu verbüßenden Haftstrafen verlesen, während die dazugehörigen Porträts im Stil von Fahndungsfotos eingeblendet werden. Dann werden von einem Mitarbeiter (Gerd Schuster) drei Hunde in die „Arena“ geführt, die auf der Todesliste des Tierheims stehen, da sie als unvermittelbar gelten: der Pitbull Diego, der bulgarische Straßenhund Georgie und der Schäferhund Face.
Den vier Männern, welche sich zuvor in Gesprächen mit Maria Mischlick dem herkömmlichen Weg der Resozialisierung weitgehend entzogen haben, weil ihnen mit Kategorien wie Gut und Böse, Schuld und Sühne oder Selbstkontrolle und Schutz der Gesellschaft nicht beizukommen ist, nehmen freiwillig an dem außergewöhnlichen Programm teil, um Bonuspunkte für eine vorzeitige Entlassung nach Zweidrittel ihrer Haftzeit zu sammeln. Sie sind nicht wirklich von dieser Therapie überzeugt, doch bereits vom ersten Experiment beeindruckt: Face reagiert auf Zuneigung aggressiv, aber auf darauffolgende Wut-Reaktionen resignierend. Der Schäferhund zieht sich in der Gewissheit, seinem Gegenüber unterlegen zu sein, zurück, wendet den Kopf ab.
Auch bei den folgenden Experimenten, in denen die Gefängnisinsassen mit ihren vierbeinigen Counterparts konfrontiert werden, von denen sie nur durch den stählernen Maulkorb und eine am Boden befestigte Leine getrennt sind, reflektieren die Männer auch ihr bisheriges eigenes Aggressionsverhalten. Lu Feuerbach animiert ihre zweibeinigen Schützlinge, zumeist unterdrückte Ängste und Unsicherheiten zu überwinden, um sowohl auf die Tiere als auch, der schwierigere Part, ohne Konkurrenzdenken solidarisch aufeinander zuzugehen. Mit dem Ziel, dass die mit Tattoos und Leder-Outfit martialisch aussehenden und sich nach außen so selbstbewusst gebenden Gefangenen künftig in der Lage sind, ihr Sozialverhalten situativ anzupassen.
Lu Feuerbach selbst gibt sich nach außen vollkommen abgehärtet. In Outfit und Auftreten lässt sie keinen Zweifel daran, dass sie sich auch gegenüber vermeintlich körperlich Stärkeren durchsetzen kann. Den Beweis tritt sie in einer Gehorsamkeitsübung mit dem von der Leine befreiten Georgie an. Dabei ringt auch sie mit den hier unerklärt bleibenden Dämonen ihrer Vergangenheit in Person eines nicht unbedingt als Engel erkennbaren geflügelten Wesens. Am Ende des fünften Tages, die Therapie unter Orgelklängen währt analog zur christlichen Metapher der Erschaffung der Welt sechs Tage, liegt sie im Kreis des Bunkers mit allen drei von den Beißkörben befreiten Hunden...
Diese über 106 Minuten packende Reise ins Innerste der menschlichen Psychologie basiert auf einem dreimonatigen Workshop des gemeinnützigen Spandauer Vereins Zone 3 und des Berliner Vereins für Straßensozialarbeit Gangway mit jungen Schauspielern, ehemaligen Häftlingen, der erfahrenen Hundetrainerin Nadin Matthews und der Schauspielerin Sabine Winterfeldt, die seit 2003 als Theaterpädagogin und Antigewalttrainerin Projekte in Strafanstalten realisiert. Er mündete am 19. April 2017 in der Premiere des 45-minütigen Theaterstücks „Wir müssen draußen bleiben“ mit allen fünfzehn Mitwirkenden im Berliner Jugendzentrum „Pumpe“.
Connie Walther im Neue Visionen-Presseheft über ihren dritten Kinofilm: „Ich habe vierzehn Jahre lang mit einem unkastrierten Rüden gelebt und glaubte, so ziemlich alles über Hunde zu wissen. Dann traf ich Nadin Matthews. Ich beobachtete die Hundetrainerin bei ihrem Seminar ‚Mehr als beißen können sie nicht‘ - diese Frau war absolut angstfrei und blieb vollkommen gleichmütig beim stundenlangen Kontakt mit wirklich gefährlichen Hunden. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich begleitete sie zu einem viertägigen Aggressions-Seminar in die JVA Wriezen. Die Idee zum Film war geboren.“ Der Spielfilm mit fiktiven Biographien, aber echten Vier- und Zweibeinern mit erheblichen Aggressionsproblemen läuft als Free-TV-Premiere am 9. September 2021 bei Arte.
Pitt Herrmann