Blaue Wimpel im Sommerwind

DDR 1952 Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Die rote Fahne flattert uns voran – und der blaue Wimpel der DDR-Kinderorganisation Junge Pioniere. Als Auftragsarbeit zum JP-Treffen im August 1952 in Dresden hat Herbert Ballmann mit „Blaue Wimpel im Sommerwind“ eine dokumentarische Filmerzählung gedreht, deren propagandistische Haltung die SED-, FDJ- und JP-Spitze um Margot Fest (spätere Honecker) und Erich Honecker so begeistert haben muss, dass sie den Schauspieler 1953 in die Defa-Produktionsgruppe für Kinder- und Jugendfilme holten. Wo dieser sich sogleich bedankte mit der im Jahr darauf herausgekommenen Hymne auf die Volkspolizei und wachsame junge Kommunisten, die an der Ostseeküste Jagd auf finstere Westagenten machen: „Das geheimnisvolle Wrack“.

Als Margot Fest am 23. August 1952 das Dresdener Pioniertreffen feierlich eröffnet, sind Pionierorganisationen aus allen Teilen des Arbeiter- und Bauernstaates mit Abordnungen vertreten, die ihren beiden großen Vorbildern Pieck und Stalin huldigen wie zehn Jahre zuvor die HJ-Pimpfe dem angeblich größten Führer aller Zeiten. Man könnte heute, mit dem Abstand eines halben Jahrhunderts und der geschichtlichen Erfahrung dieser Zeit, die Bilder dieser bannertragenden und fahnenschwenkenden Jungen und Mädchen unfreiwillig komisch finden und manche Kommentare während der Aufführung im Rahmen der Filmreihe „Defa in Farbe“ im Februar und März 2014 im Berliner Zeughauskino gingen in diese Richtung.

Mir bleibt das Lächeln im Halse stecken, auch und gerade der sprachlichen Diktion wegen, die in ihrem Pathos und in ihrem appellativen Charakter allzu stark an Propagandastreifen der 1930er Jahre erinnern. Mitverantwortlich dafür sei der renommierte DDR-Schriftsteller Franz Führmann, wie der Kurator der Filmreihe und Defa-Stiftungsvorstand Ralf Schenk in seiner Einführung erläuterte. Erschreckend auch, wie sich die Bilder einer von Kindesbeinen an militarisierten Jugend gleichen über wenige Jahrzehnte hinweg.

Herbert Ballmann hat die Bilder der Dresdener Aufmärsche und Paraden mit einer Episodenstruktur durchsetzt, die über eine rein dokumentarische Arbeit hinausgehende Spielelemente aufweist. So berichten nacheinander Mädchen und Jungen über ihre aufregenden Ferienwochen vor dem zentralen Pioniertreffen: auf dem FDJ-Segelschulschiff Wilhelm Pieck, auf naturkundlicher Expedition an der Havel, auf atemberaubender Klettertour in der Sächsischen Schweiz, beim Ernteeinsatz in der idyllischen Provinz, mit Freunden und Verbündeten aus Polen und anderen sozialistischen Bruderländern.

Vor der Kamera Götz Neumanns sind eine knappe Stunde lang lachende Gesichter zu sehen, die freilich aus dem jeweiligen Kollektiv herausgezoomt werden müssen: Diese Jungen Pioniere erleben Freude nur in Gemeinschaft, jegliche Individualität wird ihnen notfalls mit Drill ausgetrieben. Bei aller Propaganda erfüllt „Blaue Wimpel im Sommerwind“ heute aber auch eine dokumentarische Funktion, indem der Film Dresden mit seinen, so der O-Ton des Off-Kommentators, „tiefen Wunden amerikanischer Barbaren“ zeigt. Das Feindbild ist so klar wie das eigene Bekenntnis: „Stalin – der beste Freund aller Kinder der Welt.“ Und so erklingt am Ende das „Pionierlied“ von Hanns Eisler und Erich Weinert: „Der schönste Gruß unserer Republik / gilt Josef Stalin und Wilhelm Pieck.“

Für den 56-minütigen Film, der am 12. Dezember 1952 in den Kinos anlief, gab es 1953 drei staatl. Heinrich-Greif-Preise für Film- und Fernsehkunst der II. Klasse für Ella Ensink-Kleberg (Schnitt), Herbert Ballmann (Regie) und Götz Neumann (Kamera).

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Duration:
1528 m, 56 min
Format:
35mm, 1:1.33
Video/Audio:
Agfa Wolfen
Screening:

Uraufführung: 12.12.1952

Titles

  • Originaltitel (DD) Blaue Wimpel im Sommerwind
  • Untertitel (DD) Eine Filmerzählung aus den Ferien unserer Kinder

Versions

Original

Duration:
1528 m, 56 min
Format:
35mm, 1:1.33
Video/Audio:
Agfa Wolfen
Screening:

Uraufführung: 12.12.1952