Inhalt
Die phantastische Fabel ist fast ohne Worte, dafür mit überbordend detailreichen Bildern erzählt: Schauplatz ist ein verfallenes Jugendstilbad, mitten in einem zeitlich und örtlich nicht näher zu bestimmenden Niemandsland. Dort lebt Anton, der seinem Vater vorgaukelt, das Bad sei noch in Betrieb, während sein geldgieriger Bruder Gregor einen Abriss des Gebäudes erreichen will. Eines Tages begegnet Anton im Bad Eva, die mit einem Dampfer zur See fahren will. Um den Dampfer flott zu machen, benötigt sie ein Ventil aus der Maschine, mit der Anton das Bad am Leben erhält. Die beiden bekämpfen sich daher zunächst, vereinen sich dann jedoch gegen die Intrigen Gregors und reisen nach dem Untergang des Bades gemeinsam auf Evas Schiff zur Insel Tuvalu.
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Seine Zeit verbringt Anton damit, dem bisweilen mit herrischer Attitüde auftretenden Vater die heile Welt eines erfolgreichen Badebetriebs vorzugaukeln. Mit Hilfe eines Tonbandes hat er die Geräusche Badender zu einer Endlosschleife montiert. Eines Morgens bekommt Antons Leben eine Wende, als die junge Kapitänstochter Eva das Bad besucht. Am Rand des Beckens entspinnt sich eine zarte Romanze, zumal auch Eva einen Traum hat: Sie will das heruntergekommene Boot ihres Vaters wieder seetüchtig machen und die geheimnisvolle Insel Tuvalu finden.
Das geht aber nur mit Hilfe eines Kolbens aus der alten Imperial-Maschine im Keller des Schwimmbades. So versucht Eva heimlich, den Kolben auszubauen. Antons geldgieriger Bruder Gregor, ein Immobilienmakler, beobachtet sie dabei. Und das durchaus mit Wohlwollen, will er selbst doch das marode Bad abreißen lassen, um mit einem Neubau einen satten Gewinn einzustreichen.
Als Anton mit Hilfe seiner Freunde den Plan Gregors durchkreuzt, greift dieser zu einem letzten Mittel: Er stoppt das Tonband – und bricht damit dem Vater das Herz. Nun kann der seinen Plan in die Tat umsetzen, das Schwimmbad zu zerstören. Anton und Eva retten im letzten Moment die Dampfmaschine, bauen sie in den alten Schleppkahn ein und begeben sich auf die Reise zur Insel Tuvalu...
Veit Helmers Kinodebut ist mit einem Minibudget von noch nicht zwei Millionen D-Mark vor allem in Bulgarien gedreht worden, wobei zuvor 1.100 Schauspieler in zwölf Ländern gecastet wurden. Es verstört wie einst Luis Bunuels surrealistische Streifen. Denn „Tuvalu“ entführt an einen Ort, weit entfernt von unserer Welt, und in eine andere Zeit.
Der 37-jährige Wahl-Berliner Veit Helmer, Absolvent der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen, wurde durch den Kurzfilm „Surprise“, die HFF-Abschlussarbeit aus dem Jahr 1995, bekannt. Seit dieser Zeit arbeitete er am „Tuvalu“-Projekt, brauchte Jahre für die Finanzierung und fand in der bulgarischen Hauptstadt Sofia endlich einen idealen Drehort für den – seinerzeit – sicherlich skurrilsten Filmtraum.
Die märchenhafte Handlung verzichtet fast gänzlich auf Dialoge, was ebenso Assoziationen zum Stummfilm weckt wie die Schwarz-Weiß-Optik des Films, die auf mühsame Weise nachträglich im Studio nachkoloriert wurde. So setzt „Tuvalu“ ganz auf die Kraft der Bilder – und auf den Klang, die Musik Jürgen Kniepers. Der Film kann so ohne Synchronisation auf der ganzen Welt verstanden werden, eine bewusste Zielvorgabe von Michaela Beck und Veit Helmer. Die sich zumindest beim (Fach-) Publikum der zahllosen internationalen Festivals, zu denen Helmers Leinwand-Debut eingeladen wurde, erfüllte.
Pitt Herrmann