Der Unfall

DDR 1981/1982 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ein sonniger Herbsttag in einem kleinen Dorf unweit von Stralsund. Elfie Brahe hat es eilig, zu ihrem Mann Hans aufs Feld zu kommen, der mit den anderen Bauern der LPG bereits bei der Ernte ist. Weshalb sie ihren kleinen Sohn Sven (Thomas Richter), der schon wieder verschlafen hat, hastig weckt. Das Frühstück und das Schulbrot stünden auf dem Küchentisch, er müsse sich sputen. Doch der verträumte Junge begrüßt erst sein Lieblingspferd, während die anderen Kinder des Ortes längst kollektiv auf den Fahrrädern zur Schule unterwegs sind. Außerdem sind die Apfelbäume am Weg voller lockender Früchte – da kann er nicht so ohne Weiteres vorbeiradeln.

Schnitt. Bei den Perlbachs in Stralsund hängt einmal mehr der Haussegen schief. Weil der
Schiffskonstrukteur Günter seine Sachen am Vorabend nicht weggeräumt hat, kann Gattin Brigitte nicht den Küchentisch decken. Dabei soll es gleich nach Hiddensee gehen, wo sie ihre Tochter Tina (Julia Mosblech) „in Pension gegeben“ haben. So jedenfalls die Sprachregelung der Eltern, die beide in ihren Berufen aufgehen und viel unterwegs sind. Die Ehe läuft schon geraume Zeit schlecht: Brigitte, die als Zeitungsfotografin arbeitet, fühlt sich vernachlässigt und denkt an Scheidung.

Als Günter auch am Frühstückstisch die Ostsee-Zeitung nicht aus der Hand legt und auf ihre Fragen nicht reagiert, fährt Brigitte kurzerhand vor, um dann in Schaprode an der Fähre nach Vitte, wo ihre Eltern wohnen, auf ihn zu warten. Vergeblich, denn als Günter im letzten Moment doch noch die Kurve kriegt und seinen Wartburg durch die unübersichtlichen Alleen peitscht, ist er viel zu schnell unterwegs, um rechtzeitig vor dem am Straßenrand Äpfel aufsammelnden Jungen bremsen zu können.

Statt dem ganz offenbar schwer verletzten und bewusstlosen Kind zu helfen, begeht Günter Perlbach Fahrerflucht und bringt sein Fahrzeug in die Werkstatt des ihm bekannten Autoschlossers Paul (Günter Schubert). Sven, inzwischen von LKW-Fahrern gefunden, wird mit Schädel-Hirn-Trauma und zertrümmertem rechten Bein ins Stralsunder Krankenhaus gebracht, wo der Arzt (Manfred Müller) den fassungslosen Eltern immerhin mitteilen kann, dass ihr Sohn außer Lebensgefahr ist. Wenn auch wahrscheinlich das Bein nicht zu retten sein wird.

Hauptmann Peter Fuchs leitet die Ermittlungen, die sich nach dem Befund des Spurensicherers (Hans-Joachim Leschnitz) auf einen blauen Wartburg mit beschädigtem Rücklicht konzentrieren. Weil ein Abschnitts-Bevollmächtigter (Manfred Schiller) in Pauls Werkstatt fündig wird, ist der Halter des Tatfahrzeugs rasch ermittelt: eine Nachbarin (Inge Hesse-Peters) weiß, dass die Perlbachs zu Brigittes Eltern Rau auf die Insel Hiddensee gefahren sind.

Dort ist selbst der kleinen Tochter Tina nicht entgangen, dass die Chemie zwischen ihren Eltern nicht mehr stimmt. Als er eine Suchmeldung im Rundfunk hört, beichtet Günter abends im Hafen von Vitte seiner Frau den Unfall und seine feige Flucht. Sie fordert ihn auf, sich der Polizei zu stellen und nimmt mit ihm gleich am anderen Morgen die Fähre nach Rügen. Doch einmal mehr drückt sich Günter vor der Verantwortung, springt von Bord, schwimmt zurück nach Hiddensee und versorgt sich in seiner Datsche mit trockenen Klamotten. Seine Hoffnung, im Wirtshaus seines alten Kumpels Falstaff unterzukommen, ist allerdings vergeblich, zwingt dieser ihn doch, sich selbst bei der Polizei zu melden, um ihn dann persönlich in Vitte abzuliefern…

„Der Unfall“ ist ein Paradebeispiel für die ganz auf eine intakte (Klein-) Familie zielende Politik im real existierenden Sozialismus. Zwei Modelle werden von Manfred Mosblech, der als Barkas-Fahrer auch erneut selbst kurz auf dem Bildschirm erscheint, mit klarer moralischer Wertung gegenübergestellt: Auf der einen Seite die beruflich ehrgeizigen städtischen Selbstverwirklicher, die ihr Kind zu den Großeltern abschieben. Auf der anderen Seite die beruflich kaum weniger geforderten, aber in ihrer bäuerlichen Gemeinschaft eingebundenen Mitglieder einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, ihr Nachbar Kurt (Fritz Barthold) bietet sogleich Hilfe an, die sich bei allem Stress liebevoll um ihren Sohn kümmern.

Das Szenarium von Eberhard Görner und Manfred Mosblech soll angeblich auf Motive eines ungenannten Romans von Jens Bahre (1945 – 2007) zurückgehen. Umgekehrt könnte ein Schuh daraus werden, nachdem 1983 Peter Vogels Krimi „Auskünfte in Blindenschrift“ ebenfalls für die TV-Serie „Polizeiruf 110“ gedreht worden ist – nach einem Szenarium von Jens Bahre. Der offenbar erst daraus seinen Roman „Der blinde Zeuge“ schrieb, der 1987 im Mitteldeutschen Verlag in Halle/Saale erschien.

Pitt Herrmann

Credits

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Dreharbeiten

    • August 1981 - September 1981: Rügen, MS Hiddensee, Stralsund und Umgebung
Länge:
80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 05.09.1982, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Der Unfall

Fassungen

Original

Länge:
80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 05.09.1982, DDR-TV