Freitag gegen Mitternacht

DDR 1972/1973 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Dr. Bokelch (Gerd Michael Henneberg), Chef eines Wissenschaftszentrums, stolziert geradezu durch die Labors, eine Mappe unterm Arm. Er ist auf dem Weg zu Dr. Dieter Lorenz, dessen Abteilung einen Forschungsauftrag vorfristig zur vollsten Zufriedenheit der industriellen Auftraggeber erledigt hat: Die Entwicklung eines speziellen Kunststoffes macht devisenträchtige Importe künftig überflüssig.

Klar, dass kräftig gefeiert wird und die Krimsekt-Korken knallen. Selbst der älteste, gerade noch über Magensäure klagende Kollege Kersten (Johannes Wieke) wird wieder jung und schwingt ausgiebig das Tanzbein. Nur der allseits Gefeierte verabschiedet sich als Erster, irrt wie angetrunken durchs Gebäude und bleibt vor der Tür zur Kasse stehen. Die er mit einem im Flur lagernden Metallteil aufbricht. Doch als er sich dem Geldschrank nähert, dröhnt die Alarmsirene. Lorenz wird vom Schäferhund des gerade seine Runde drehenden Wachmannes gestoppt, bis die Polizei eintrifft.

Oberleutnant Peter Fuchs und Leutnant Vera Arndt treffen auf einen geständigen Täter und seine fassungslosen Mitarbeiter: Der erfolgreiche Chemiker, dessen Patente auch im Westen gutes Geld einbringen, als Dieb mitten in der Nacht? Kann sich niemand vorstellen, schon gar nicht seine Gattin Ilse, die als Lehrerin ihr eigenes Auskommen hat. Sodass trotz nagelneuem Skoda und einem Motorboot in der Halle des Bootsbauers Schellong Dieters überdurchschnittliches Einkommen aufs Sparbuch kommt. Schließlich gehören zur Familie Lorenz auch noch zwei schulpflichtige Töchter.

„So betrunken war er gar nicht. Seine Familie interessiert mich“: Vera Arndt glaubt nicht an Lorenz‘ Version von Überarbeitung und Trunkenheit und wird anderntags durch den Bluttest bestätigt. Mit 1,2 Promille ist man seiner Sinne noch halbwegs mächtig. Es muss also etwas anderes dahinterstecken. Ein Blick ins Sparbuch weist einen aktuellen Kontostand von 14,82 Mark auf nach Abhebungen von insgesamt 12.000 Mark in den letzten fünf Wochen. Wofür hat der renommierte und allseits anerkannte Wissenschaftler das Geld benötigt?

Leutnant Arndt ist sich sicher: Dieter Lorenz wird erpresst. Kersten steckt ihr, dass Lorenz eine Affäre mit der damaligen Betriebsärztin Dr. Brigitte „Biggi“ Riedel hatte, als dessen einstiger Uni-Kommilitone und jetzige Kollege und bester Freund Dr. Hannes Weißbach für ein Austauschjahr in Budapest weilte. Nun ist dieser mit der inzwischen in einer Poliklinik tätigen Medizinerin liiert, beide wollen demnächst heiraten und ihrem unehelichen Kind endlich ein familiäres Nest bauen. Wofür Weißbach der Ruheständlerin Doggenfurth ihr idyllisch gelegenes Siedlungshäuschen abzukaufen gedenkt.

Nach und nach können die beiden VP-Kriminalisten Erkenntnissteinchen zu einem Mosaik zusammensetzen. Als Brigitte Riedel an einem Freitagabend ihren Geburtstag nachfeiert, wird Weißbach gegen Mitternacht von seinem Chef abgeholt zu einer offenbar wichtigen Institutsangelegenheit. Was nicht ohne ein, zwei Gläschen Sekt abgeht. Es kommt zu einer Kollision mit einem Motorradfahrer – und auf Drängen Weißbachs zu Fahrerflucht und unterlassener Hilfeleistung. Dass Max Braun die Maschine, mit der er sich nicht auskannte, gestohlen hat und vor der später von Lorenz doch noch benachrichtigten Rettung geflohen ist, zumal er selbst mit einer nur kleinen Schramme glimpflich davongekommen ist, können die beiden „Freunde“ nicht wissen. So wird Dieter Lorenz das leichte Opfer eines Erpressers, der zudem herausgefunden hat, wer der leibliche Vater von Brigitte Riedels Kind ist…

Erst durch Alfred Schellong ist die Polizei überhaupt auf die Spur eines zwar anonym gemeldeten, aber nicht weiter verfolgten Verkehrsunfalls gekommen, hat Max Braun doch das stark beschädigte Motorrad in der Teufelskuhle versenkt: Der Sohn des Bootsbauers hat eine Beule am Kotflügel des Skoda ausgespachtelt und den nagelneuen Importwagen auf Wunsch von Dieter Lorenz umgespritzt.

Weil Hannes Weißbach, der sich schon im Studium von Dieter Lorenz ausgenutzt fühlte, welcher gerade erst im Institut die Lorbeeren auch für seine Forscherarbeit ernten konnte, noch 10.000 Mark für den Hauskauf fehlen, fordert er seinen „Freund“ ultimativ auf, die Summe zu besorgen, und sei es durch den Verkauf des Motorbootes oder des Autos. Doch Lorenz will einen Schlussstrich ziehen: „Das ist mein letztes Wort. Die Kasse ist geschlossen“. Er informiert die Polizei, die dem Erpresser eine Falle stellt…

„Freitag gegen Mitternacht“ handelt von allzumenschlichen Sehnsüchten in einem Staat, der dem neuen sozialistischen Menschen den Materialismus vergeblich auszutreiben suchte. So macht auf Brigitte Riedels Fete das teure Geburtstagsgeschenk eines Persinaner-Pelzmantels die Runde unter den weiblichen Gästen. Die innovativen, für den gesellschaftlichen Fortschritt bedeutenden Wissenschaftler versagen bei der privaten Verantwortung und haben auch sonst mit erheblichen persönlichen Defiziten zu kämpfen – Stichworte sind Konkurrenzdenken und Neid.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie-Assistenz

Drehbuch

Szenarium

Dramaturgie

Schnitt

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 06.05.1973, DDR1

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Freitag gegen Mitternacht

Fassungen

Original

Länge:
80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 06.05.1973, DDR1