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Im Sommer 1945 sind die Schulen in Berlin noch geschlossen. Jungen ohne Eltern und Zuhause schließen sich zu Banden zusammen und streifen durch die zerstörte Stadt. Dabei besteht eine große Rivalität vor allem zwischen der von Gerhard und der von Dietrich geführten Gruppe. Als die junge Artistin Corona durch ihr Verschulden während der Vorstellung stürzt und verletzt wird, legen die jungen Männer ihre Streitigkeiten bei. Als Corona wegen ihrer Verletzung von ihrem Wanderzirkus zurückgelassen wird, sorgen sie gemeinsam für sie und verschaffen ihr eine Unterkunft. Als sie wieder genesen ist, wird ein Zirkusdirektor auf die Künstlerin aufmerksam, der das Schicksal der ganzen Truppe verändern könnte.
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Der bald handfest ausgetragene Streit zwischen den Gruppen der Anführer Gerhard und Dietrich hat ein Ende, als Zirkusmusik ertönt und die zumeist elternlosen Kinder, die sich mit Schwarzmarkt-Geschäften über Wasser halten, den seit langem vermissten Klängen auf einen Platz folgen, auf dem Hugo Grandini und seine Gattin ihr Zelt aufgebaut haben. Bei den Vorbereitungen zur Premierenvorstellung weiß vor allem die junge Lassowerferin und Hochseil-Artistin Corona (die 19-jährige Eva-Ingeborg Scholz ging nach ihrer zweiten Defa-Produktion in den Westen) zu begeistern.
Die Kinder haben sich heimlich Zugang zum „1. Interzonenzirkus der Welt“ verschafft, um Direktor Grandini zu piesacken, nachdem sie mitbekommen haben, wie Corona, auch sie eine Kriegswaise, von ihm ausgenutzt und misshandelt wird. Fritzchen ist der Scharfschütze, der mit seiner Zwille nicht nur den Jongleur um den verdienten Applaus des unterhaltungsdurstigen Publikums bringt: der irritierte, da ebenfalls von einem Steinchen getroffene Trapezartist lässt Corona fallen. Da keine Klinik die Ohnmächtige aufzunehmen bereit ist, wird sie unter Zustimmung des herbeigerufenen Arztes Dr. Waldner in einem Bauwagen untergebracht, in dem Frau Schmittchen aus den aufgelesenen Stummelresten der Straßenkids Zigaretten für den Schwarzmarkt dreht.
Liebevoll von den sich schuldig fühlenden Jungs und den um ihre Gunst konkurrierenden Anführern umsorgt, selbst an einen Nachttopf unterm Himmelbett wird gedacht, geht es Corona bald besser. Aber da ist der Circus Grandini längst weitergezogen, sodass Dr. Waldner die Idee zu einer „verantwortungsvollen Aufgabe“ hat als „bestes Mittel gegen Demoralisierung“ nach Krieg und Zusammenbruch: Corona und die Kids gründen mit bescheidener, aus den Trümmern geklaubter Ausstattung, aber mit großem Herzblut einen eigenen Zirkus und aus dem Schlachtruf „1-2-3 Corona“ wird der Eingangsschlager einer Vorstellung, die nicht nur die beiden Promovierten Hanke und Waldner begeistern, sondern auch das Berliner Publikum.
Darunter mit Harry Barlay der Direktor eines namhaften, bisher aber brach liegenden Zirkusunternehmens. Er wird nicht nur Corona ein vielversprechendes Angebot unterbreiten, sondern auch den beiden Rivalen Gerhard und Dietrich – die bald international reüssierende Trapez-Artistengruppe „Die 3 Coronas“ ist geboren…
Der jüngst wieder auf großer Leinwand gezeigte Trümmerfilm wurde am 17. September 1948 im Ost-Berliner Babylon uraufgeführt. Gedreht von August bis Dezember 1947 im noch weitgehend kriegszerstörten Berlin sowohl im Westen (Charlottenburg) als im Osten (Prenzlauer Berg), ist „1-2-3 Corona“ ein Zeitdokument und zugleich ein noch völlig ideologiefreier Kinderfilm. Wobei die Sowjetische Militäradministration (SMAD) keine Skrupel hatte, den Schöpfer der Hitlerjugend-Hymne „Unsere Fahne flattert uns voran“, Hans-Otto Borgmann, mit der Filmmusik zu betrauen.
Apropos Sowjetunion. Ihr war von der Potsdamer Konferenz der Babelsberger Ufa-Studiokomplex zugesprochen worden zur Deckung von Reparationsansprüchen. „1-2-3 Corona“ war der erste Defa-Film überhaupt, der dort entstehen konnte. Das reale Unternehmen Barlay bezog übrigens 1949 einen Neubau neben dem Berliner Ensemble an der Friedrichstraße, wovon heute noch der Straßenname „Am Zirkus“ kündet. Zu Beginn der 1950er Jahre wechselte Harry Barlay (Künstlername für: Reinhold Kwasnik) in den lukrativeren Westen – ein Zirkus seines Namens existiert bis heute in der 8. Familiengeneration.
Pitt Herrmann