Biografie
Jürgen Enz, geboren 1941, kam während des Studiums als Filmvorführer mit der Kinobranche in Berührung. Über seinen weiteren Werdegang gibt es nur wenige gesicherte Informationen. Wie er der Zeitung Merkur Mitte der 2000er Jahre erzählte, schlug er zunächst eine Schauspielkarriere ein und war elf Jahre am Stuttgarter Stadttheater tätig. Anfang der 1970er Jahre zog er nach München, wo er eine Synchronfirma gründete, zu deren Sprechern unter anderen Heiner Lauterbach zählte: "Heiner Lauterbach habe ich groß gemacht", so Enz im Merkur, "er war bei mir Synchron-Stimme und war noch völlig unbekannt."
Ab 1973 war Enz vor allem als Regisseur tätig. Er drehte Erotikfilme, Sexklamotten sowie Soft- und Hardcorepornos; einige seiner Werke zählen zu den sogenannten Lederhosenfilmen, so etwa "Wo der Wildbach durch das Höschen rauscht" (1974). Zuweilen arbeitete er unter den Pseudonymen Bert Haid, Kenneth Howard, William Howard und Jörg Michael. Wenngleich es sich bei Enz' Filmen meist um (in jeder Hinsicht) ausgesprochen mäßige Werke handelte, erlangte er einen gewissen Kultstatus, wenn auch erst viele Jahre nach seinem Rückzug aus dem Filmgeschäft. Zu den wichtigsten Arbeiten seiner Filmografie zählen unter Fans "Die Liebesvögel – Küss mich da, wo ich es mag …" (1979), "Verbotene Spiele auf der Schulbank" (1980, "ein zauberhafter kleiner Schatz", so die Schriftstellerin Silvia Szymanski) und "Waidmannsheil im Spitzenhöschen" (1982). Der Kritiker Robert Wagner schrieb in seinem Enz-Nachruf: "Die Filme zeigen den Sex (…) nicht durch die Brille der Lust, sondern mit einer durchaus schmerzlichen Unzulänglichkeit. Es kann einen gruseln, was man zu sehen bekommt."
Vor allem aber Enz' einziger Nicht-Sexfilm wird von seinen Verehrern hochgeschätzt: 1980 drehte er in der Gegend um Oberkirchen den Heimatfilm "Herbstromanze", für dessen Hauptrolle er Rudolf Lenz gewinnen konnte, einen früheren Heimatfilm-Star, der zu diesem Zeitpunkt aber auch einige Filme mit Rainer Werner Fassbinder gedreht hatte. Der Filmkritiker Hans Schifferle nannte "Herbstromanze" in einem Essay für die Zeitschrift epd Film (12/2015) "einen somnambulen Heimatfilm, der solitär und verloren am Beginn der 80er steht, ein Spätwestern aus dem Sauerland mit einem erschöpften Rudolf Lenz, der einst 'Der Förster vom Silberwald' war. (…) Man merkt in Ansätzen noch die Aufbruchsstimmung von Enz, er zitiert Fassbinder und Bresson." Im weiteren Verlauf der 80er Jahre realisierte Jürgen Enz noch einige Sexfilme. In "Intime Stunden auf der Schulbank" (1981) übernahm der damals populäre Volksschauspieler Peter Steiner eine Hauptrolle. Enz' letzte Regiearbeit war "Josefine Mutzenbacher" (1990).
Anfang der 90er Jahre kehrte er dem aktiven Filmgeschäft den Rücken. 1995 übernahm er in Unterschleißheim bei München das Capitol Kino mit 80 Sitzplätzen. Als die Besucherzahlen nach einigen Jahren stetig zurückgingen, konnte er das Kino (und sich selbst) nur noch mit den Tantiemen seiner Filme über die Runden bringen. 2006 musste Enz, inzwischen Mitte 70, das Capitol endgültig schließen. Wie der Merkur berichtete, fiel sogar die Abschlussvorstellung aus, da kein einziger Besucher erschien. In den folgenden Jahren wurde Enz' filmisches Schaffen vereinzelt in Filmreihen und auf Special Interest Festivals gewürdigt, so etwa 2015 beim Nürnberger Hofbauer-Kongress.
Jürgen Enz starb am Jahreswechsel 2020/21 in München.