Ein Schritt zu weit

DDR 1984/1985 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Hektik im Betriebsbüro, die Sekretärin Brandt kann sich vor Telefonaten nicht retten. „Wir spielen im Freien“ steht auf einem Banner über dem Eingang der (in der Karl-May-Stadt Radebeul beheimateten) Landesbühne Sachsen, die in den Sommermonaten die hier Freienfels genannte Felsenbühne Rathen in der Sächsischen Schweiz bespielt. Es sind nur noch wenige Tage bis zur „Freischütz“-Premiere (die romantische Oper Carl Maria von Webers steht tatsächlich seit 1956 durchgängig auf dem Spielplan!), alle Gewerke arbeiten unter Hochdruck. Und das bei großer Hitze in beengten Räumlichkeiten, zu denen auch das Kabuff des „Grabens“ unterhalb der Bühne gehört: Dirigent Böhlke und die Musiker proben in luftigen Freizeitklamotten.

Da kann ein älterer Kollege wie Konzertmeister Martin Veltin schon ‘mal schwächeln. Aber mitten im Finale die Probe verlassen? Ist noch nie vorgekommen, weshalb sich seine Gattin Luise und die Medizin studierende Tochter Carmen Veltin große Sorgen machen. Die größer werden, als Martin erst am frühen Morgen nach Hause kommt und sein Wartburg einen eingedrückten Kotflügel aufweist. Seine hanebüchene Erklärung: „Ich habe heute Nacht eine Frau getötet.“ Und nach dem Unfall auf nächtlicher Dorfstraße Fahrerflucht begangen.

Die Wartburg-Beule ist für den befreundeten Kfz-Werkstattleiter Eckert kein Problem, Martin Veltins Niedergeschlagenheit, die er mit Alkohol zu bekämpfen trachtet, dagegen schon - privat und zunehmend auch beruflich. Weshalb der Orchester- Vertrauensmann Mähne bei Luise Veltin vorstellig wird. Die sich die Sache schon deshalb nicht erklären kann, weil es auf ihre Nachfrage beim ihr bekannten Hauptmann Reichenbach gar keinen Autounfall bei Tannenwalde gegeben hat.

Und dann taucht plötzlich Oberleutnant Jürgen Hübner bei seinem Kollegen im Elbsandsteingebirge auf: An besagtem Abend vor vier Tagen sollen Touristen einen Schrei unterhalb eines Felsplateaus gehört haben. Und die Postbotin Tanner vermisst seither ihre Tochter Silke. Die Physiotherapeutin tritt in den Sommerferien in der Band ihres Freundes, des Keyboarders Axel Gebauer, als Frontsängerin im Stadtpark von Burgstadt auf.

Dort geben nachmittags Musiker des Landesbühnenorchesters Konzerte für die Touristen. Silke Tanner lauscht andächtig (dem Messerschmidt-Quartett, das den 1. Satz aus dem Streichquartett C-Dur KV 157 von Wolfgang Amadeus Mozart spielt) besonders dem gefühlvollen Spiel Martin Veltins und spricht ihn nach dem Konzert auf dem Parkplatz an. Dieser zeigt sich zunächst höchst erstaunt über das Interesse der attraktiven jungen Frau, deren Stimme ihm zuvor bei einem ihrer Auftritte aufgefallen war, an klassischer Musik.

Und noch mehr an ihrem ganz offenbaren Interesse an ihm selbst: „Ich fühle mich bei Ihnen geborgen – und Ihrer Musik.“ Was Martin Veltlin nicht wissen kann: Die Pop-Sängerin im Alter seiner Tochter hat sich mit Axel Gebauer verkracht, wirft ihm vor, sie ausgenutzt zu haben, will die Band verlassen. Und macht den „Alten“ dermaßen an, dass er die Situation nach einem romantischen Abendessen bei Wein und Kerzenschein auf einem Spaziergang missversteht. Mit Folgen: Gebauer erpresst den vermeintlichen Mörder um 10.000 Mark als Ausgleich dafür, dass sich die Band eine neue Frontfrau suchen muss - und bald mit Steffi (Stefanie Behrendt) auch findet.

Die Situation spitzt sich dermaßen zu, dass Martin sich bei Paula Rebhahn in Burgstadt ein Zimmer nimmt, um nicht täglich nach Hause fahren zu müssen. Und endlich seiner Gattin die Wahrheit beichtet: Als unsichtbares „Tuttischwein“ im Orchestergraben beneidet er die in der Öffentlichkeit agierenden und entsprechend gefeierten Schauspieler und Sänger. Und findet junge Pop-Musiker wie Silke „anmaßend selbstbewusst“. Nach beleidigenden Äußerungen („Stehgeiger-Mentalität“) der jungen Frau habe er Silke geohrfeigt, woraufhin sie zurücktaumelnd einen Abhang hinuntergestürzt sei. Ein Unfall also, aber wie beweisen mit dem Erpresser Axel als einzigem Zeugen?

Carmen Veltin, die der Version ihres Vaters glaubt, erzählt diese den Ermittlern. Während Hübner an ein Tötungsdelikt glaubt, ist Reichenbach skeptisch: eine minutiöse Untersuchung des „Tatortes“ und seiner Umgebung fördert Indizien zutage wie die Handtasche der Vermissten samt Ausweis, aber nicht die Leiche der angeblich Ermordeten…

„Ein Schritt zu weit“ ist die 99. Folge der populären TV-Serie „Polizeiruf 110“. Um den am Ende dieses eher psychologischen Falls nicht mehr ganz so überraschenden Schluss nicht zu verraten: Genrespezialist Hans-Joachim Hildebrandt lässt Oberleutnant Jürgen Hübner ausgerechnet in seinem 50. Serien-Auftritt alt aussehen beim Blick hinter die Kulissen einer Tourneebühne beim jährlichen Sommer-Gastspiel in der sächsischen Freilichtbühne. Übrigens: „Europas schönstes Naturtheater“ führt ab 25. Juli 2025 wieder siebenmal den „Freischütz“ auf in einer Neuinszenierung von Manuel Schöbel.

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Darsteller

Alle Credits

Regie-Assistenz

Dramaturgie

Kamera

Kamera-Assistenz

Licht

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Dreharbeiten

    • 15.08.1984 - 15.10.1984: Rathen und Umgebung (Sachsen)
Länge:
82 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 01.09.1985, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Ein Schritt zu weit
  • Arbeitstitel (DD) Angst

Fassungen

Original

Länge:
82 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 01.09.1985, DDR-TV