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Alle Fotos (5)Biografie
Michael Thomas wurde 1962 in Wien, Österreich, geboren. Durch seine Eltern Tilla Hohenfels und Fred Weis, die als Schauspieler arbeiteten, kam er schon als kleines Kind mit der Bühnenwelt in Kontakt. So war er oftmals dabei, wenn seine Eltern mit ihrer Kleinkunstgruppe 'Wiener Werkel' auf Tournee gingen: "Ich [war] als Kind immer on the road, ein Tourneeautokind", erzählte er später dem österreichischen Magazin 'Rokkos Adventures', "da hab' ich geschlafen und meinen Kakao gekriegt. Ich war in Deutschland, in Schweden, Dänemark, der Schweiz – und das war für damals unglaublich weit draußen!". Zeitweise wuchs Thomas auch bei seinen konservativen Großeltern auf einem Bauernhof im Waldviertel auf. Nach häufigen Schulwechseln und zahlreichen Konflikten mit Lehrer*innen und Mitschüler*innen verließ Thomas mit 15 Jahren die Schule und begab sich auf eine Weltreise: "Da bin ich abgehauen, Seemann und Abenteurer geworden, wollte mir die Welt anschauen", so Thomas in 'Rokkos Adventures', "Ich habe zweieinhalb Jahre in Amerika gelebt, war in Afrika, Asien, Europa, hab' gearbeitet auf Fischerbooten, als Holzfäller, Drogendealer, Hurenbock, hab in einem dänischen und einem deutschen Pornofilm gespielt."
Zwischendurch kehrte er nach Wien zurück, wo er unregelmäßig die Schauspielschule Krauss besuchte. "Ab und zu, wenn ich zurückgekommen bin, ist mir eine Rolle in den Schoß gefallen". Eine seine ersten Rollen hatte er in Balzacs "Das Finanzgenie" an der Seite von Horst Tappert: "Ich war 17, das war meine erste große Rolle. (...) Mit dem Horst war das schon eine coole Geschichte, aber… ich würde sagen, ein Herzerl war er nicht. Er war zu niemandem besonders freundlich, nur ich hatte das Glück, dass ich so jung war und er mich wie seinen Sohn gesehen hat. Der ist da mit seinen Glubschaugen gesessen und hat philosophiert: 'Na, mein Junge…, wenn bloß dieses verdammte Ficken nicht wär'! ' Der konnte schon derb reden, der konnte schon, der konnte schon! Nur nicht in der Öffentlichkeit."
Der Bühnen-Durchbruch gelang Thomas 1987/88 in einer Inszenierung von Nigel Williams "Klassenfeind" am Wiener Theater beim Auersperg, an der Seite von Georg Friedrich, damals ebenfalls ein Newcomer. Das Stück war ein großer Erfolg, Thomas wurde praktisch über Nacht bekannt. Ab 1988 spielte er bei den Karl May-Festspielen in Österreich 20 Sommersaisons lang den Old Shatterhand; die Rolle des Winnetou bekam sein enger Freund Gerhard Rühmkorf. "Wir beide wollten immer schon Winnetou und Old Shatterhand sein und dann hab' ich [zu Intendant Paul Roberts] gesagt: 'Ich spiel' den Old Shatterhand, wenn Gerhard den Winnetou spielt. Wir sind richtige Blutsbrüder. ' (...) Ich habe es geliebt, sonst hätte ich es nicht gemacht. (...) Ich bin ja nicht Schauspieler geworden, damit ich den Hamlet spielen darf – sondern Old Shatterhand." Im Rahmen dieses Engagements absolvierte Thomas eine spezielle Stuntman-Ausbildung für Schlägereien und erlernte Karate, Boxen und Fechten. Im Boxsport wurde er nach eigener Angabe zweimal Vizestaatsmeister im Schwergewicht. Neben der Theaterarbeit wirkte er – obwohl er keine Gesangsausbildung hat – in Musicals und Gala-Shows mit, 1995 sogar in einer Operninszenierung der "Zauberflöte" an der Mailänder Scala.
Als Film- und Fernsehschauspieler übernahm Michael Thomas erst ab Mitte der 1990er-Jahre vereinzelte, meist kleinere Rollen. Unter anderem spielte er in dem Mickey-Rourke-Film "Love in Paris" ("9 1/2 Wochen in Paris", US/FR/GB 1997) einen Transvestiten und in einer Folge der Serie "Die Neue - Eine Frau mit Kaliber" (1999) einen Möbelpacker. Der Durchbruch kam 2007 mit Ulrich Seidls "Import/Export" (At/DE/FR) – obwohl seine zentrale Rolle als derber Stiefvater der Hauptfigur zunächst gar nicht im Drehbuch stand. Vielmehr war Seidl beim Casting so beeindruckt von Thomas, dass er das Drehbuch für ihn umschrieb. Der beim Cannes Film Festival uraufgeführte Film wurde von der Kritik hoch gelobt. Seither wirkte Thomas vor allem in Kino- und Fernsehproduktionen mit.
Mit dem Kurzfilm "Glück" gab er 2010 sein Regiedebüt. Zusammen mit Renate Woltron schrieb er das Drehbuch zu der urbanen Charakterstudie "Randgänger" (AT 2012), in der er auch eine Hauptrolle übernahm. In gemeinsamer Regie inszenierten die beiden das gesellschaftskritische Jugenddrama "Across the Mile" (AT 2012). Ebenfalls als Regisseur drehte Thomas zwischen 2013 und 2016 den Dokumentarfilm "Für Oswald", eine liebevolle Hommage an den österreichischen Schauspieler Oswald Fuchs.
In erster Linie blieb er jedoch als Schauspieler aktiv. In dem Roadmovie "Let me try again" (AT 2012) hatte er eine Hauptrolle als vagabundierender Sänger, in der Serie "Braunschlag" (AT 2012) die Nebenrolle des Leo. Ulrich Seidl besetzte ihn in "Paradies: Hoffnung" (AT7DE/FR 2013) als Sporttrainer der jungen Hauptfigur, in der österreichischen Serie "CopStories" hatte er zwischen 2013 und 2018 eine wiederkehrende Rolle als Bewohner des Wiener Bezirks Ottakring.
Eine Hauptrolle spielte Thomas in der Hamburger "Tatort"-Folge "Die goldene Zeit" (2019), als Angestellter eines Bordellbesitzers, der die Mörder seines Chefs überführen will. In dem düsteren Sozialdrama "Baby Bitchka" (2020) war er ein 60-jähriger Alkoholiker, der eine zunehmend zerstörerische Beziehung mit einer fast 40 Jahre jüngeren Drifterin eingeht.
Erneut unter der Regie von Ulrich Seidl spielte Michael Thomas die Hauptrolle in der Charakter- und Milieustudie "Rimini", die im Mai 2022 im Wettbewerb von Cannes uraufgeführt wurde. Er verkörperte darin einen abgehalfterten Schlagersänger, der sich mit Auftritten im winterlichen Rimini mehr schlecht als recht durchschlägt. Im gleichen Jahr gehörte er zum Hauptensemble des hochgelobten österreichischen True-Crime-Thrillers "Taktik", über drei Gefängnisinsassen, die drei Mitarbeiterinnen der Gefängniskantine in ihre Gewalt bringen.