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Das gesellschaftskritische Schülerdrama spielt in einer Kleinstadt kurz vor Ende der DDR. Die 16jährige Ulla liebt Winfried, den Sohn des Generaldirektors. Die beiden verbringen ihre erste gemeinsame Nacht an einem Bach, zu dem anderntags eine Klassenexkursion stattfindet. Dabei wird offenbar, dass jemand an dem unter Naturschutz stehenden Gewässer Datschen und eine Forellenzucht errichten lässt. Ulla setzt sich gegen diesen Eingriff entschieden zur Wehr – auch dann noch, als sich herausstellt, dass Winfrieds Vater der Verursacher ist. Alle anderen scheuen sich, gegen den einflussreichen Mann aufzutreten. Ulla bleibt allein und wird zuletzt sogar von der Schule geworfen.
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„Biologie!“, der einzige Umweltfilm der Defa, ist am 6. Mai 1990 als Voraufführung auf dem letzten Nationalen Spielfilm-Festival der DDR im Berliner Kino International gezeigt worden. Er gehört etwa zusammen mit Andreas Höntschs „Der Straß“, Evelyn Schmidts „Der Hut“ und „Rückwärtslaufen kann ich auch“ von Karl Heinz Lotz zu den lange auf Eis liegenden Projekten, die in der unmittelbaren Vorwendezeit in den ersten Defa-Produktionsplan nach dem gesundheitsbedingten Rücktritt des Generaldirektors Hans Dieter Mäde aufgenommen wurden und zu Jahresbeginn 1989 in die Produktion gehen konnten. Die Uraufführungen dieser Filme der vierten Defa-Regisseursgeneration blieben aber weitgehend unbeachtet: Nach dem Fall der Mauer gehörte die Aufmerksamkeit des Publikums nicht mehr der heimischen Produktion, was ja nicht nur auf den Film beschränkt gewesen ist.
An dem Sujet, dem 1984 im Kinderbuchverlag der DDR herausgekommenen Jugendroman „Die Wasseramsel“ von Wolf Spillner, hatten sich zuvor bereits die Regisseure Egon Schlegel und Hermann Zschoche versucht – und waren gescheitert. Auch Jörg Foth, der nach zwei Spielfilmen mit weiteren Projekten bei der Defa scheiterte und 1988 zum Theater gewechselt war, bevor er 1989 von der Defa zurückgeholt wurde, hatte mit der Hauptverwaltung Film genannten Zensurbehörde im Ministerium für Kultur zu kämpfen: Rund fünfzig Änderungsvorschläge fürs Drehbuch sollen die SED-Ideologen dem Drehbuchautoren-Duo Gabriele Kotte und Wolfgang Müller unterbreitet haben. Ihre Adaption stellt die nur Ulla genannte Schülerin Ursula als, so Mirko Wiermann, „Greta Thunberg der DDR“ in den Mittelpunkt, während die Vorlage im Stil eines Bildungsromans den Biologielehrer Hansen als treibende Kraft ins Zentrum rückt.
Die letztlich abgenommene Fassung endet mit einer Kamerafahrt aus der Vogelperspektive über das idyllische Tal samt fertiggestellter Datsche. Bei der Vorführung am 28. Oktober 2019 im Berliner Arsenal-Kino präsentierte Mirko Wiermann, bei der Deutschen Kinemathek zuständig für den Verleih der Defa-Filme, eine ungleich kritischeres Finale: der Kampf der jungen Leute, welche die soeben von ihrer Mutter im Stich gelassene Ursula ganz selbstverständlich wieder in ihrer Mitte aufnehmen, geht weiter. Sie bilden nachts eine Menschenkette im Wald, aber es gelingt ihnen nicht, die LKW aufzuhalten.
Pitt Herrmann