Standesamt - Eintritt frei

DDR 1971 TV-Film

Comments

You have seen this movie? We are looking forward to your comment!

Heinz17herne
Heinz17herne
Junge Leute trainieren auf der Regattastrecke in Berlin-Grünau. Darunter Roland Lenz (Mathis Schrader), der es sich gern gefallen lässt, von etwa gleichaltrigen Frauen von einem Fährschiff der Weißen Flotte aus angefeuert zu werden. Als er zufällig an der „Schnellkasse“ im Konsum eine von ihnen wiedererkennt, ist es um ihn geschehen: Christel (Madeleine Lierck) ist nicht nur ausgesprochen hübsch, sondern auch taff.

Roland, der in seiner Brigade als großer Träumer und gleichzeitig ziemlicher Weiberheld gilt, dem eine feste Freundin auch auf der Arbeit als Reparaturschlosser nur guttun würde, gibt sich Christel gegenüber als Artist aus, der zu den „Drei Feuerfressern“ im Zirkus Cicero gehört. Dabei schiebt er im Gegensatz zu seinem besten Freund Karlchen (Karl Thiele), der es eher locker angeht, weil er als „Heringsfänger“ an die Ostsee wechseln will, eine Sonderschicht nach der anderen. Zeigt also durchaus Verantwortung im gesellschaftlichen Sinn.

Und mehr noch: Seit Christel ihm nicht nur ihr schönstes Lächeln zeigt, sondern regelrecht begeistert am Wochenende mit ihm auf dem Motorrad ins Grüne fährt, holt er fast täglich Milch und andere Kleinigkeiten für seine Kollegen Burasch (Hans Hardt-Hardtloff), Schandel (Gerhard Lau) und Matussek (Erich Petraschk). Das mit der Zirkusfamilie lässt sich alsbald nicht mehr aufrechterhalten: Christel ist die Tochter seines Meisters Fritz Jordan (Helmut Müller-Lankow), der große Stücke auf Roland hält und wie auch seine Gattin (Erika Müller-Fürstenau) nichts gegen die immer fester werdende Beziehung hat.

Allerdings bestärkt er seine Tochter darin, sich weiterzubilden. Und hilft mit der ganzen Brigade, dem jungen Glück ein eigenes Nest zu bauen – in einer stark renovierungsbedürftigen ehemaligen Zoohandlung. Nach der standesamtlichen Hochzeit im Rathaus des Bezirks Prenzlauer Berg wird eher bescheiden gefeiert – zu dritt mit Karlchen an Walter Womackas „Brunnen der Völkerfreundschaft“ am Alexanderplatz, der erst kurz vor Drehbeginn am 7. Oktober 1970 zum 21. Jahrestag der Gründung der DDR eingeweiht worden war. Nicht zufällig stets im Bild ein weiters Vorzeigeobjekt der Hauptstadt, das wenig später am 25. November 1970 eröffnete Centrum Warenhaus, mit 15.000 Quadratmetern Verkaufsfläche das größte in der DDR.

Das junge Glück könnte komplett sein, doch die selbstbewusste Christel wehrt sich gegen gut gemeinte Fürsorge ihrer Mutter wie ihrer Schwiegermutter (Elsa Grube-Deister). Weil sie sich bevormundet fühlt und arg gestresst ist: ihr Stundenplan ist durch die Büffelei für die Abendschule randvoll. Wofür der eigensinnige Kindskopf von schnell gelangweiltem Roland kein Verständnis aufbringt, der ihr wie ein Hündchen sogar bis in die Staatsbibliothek folgt. Der möchte die Wochenenden lieber in der Natur verbringen und hat bei einem früheren Kollegen, dem Pensionär Krippenstapel (Julius Klee), eine Datsche in Rheinsberg besorgt. Aber Christel kann sich in seiner Gegenwart nicht konzentrieren, beide reisen im Streit vorzeitig ab.

Rolands Mutter, die als Reichsbahn-Schaffnerin ihren Sohn alleinerziehend offenbar zu sehr verwöhnt hat, redet ihm ins Gewissen, seine Frau in Ruhe lernen zu lassen. Die war schon kurz davor, die Abendschule zu schmeißen. Nun hat sie mit „gut“ bestanden und feiert entsprechend, was der sich intellektuell zurückgesetzt fühlende Roland mit Eifersucht quittiert. Zum Glück steuert seine Brigade dagegen mit einem mindestens ebenso feucht-fröhlichen Gemeinschaftsabend auf einer neueröffneten Bowling-Bahn. Als Christel ungeplant schwanger wird, kann Roland beweisen, dass er an Reife gewonnen hat: Wie Karlchen, den es inzwischen in den hohen Norden gezogen hat, einst spöttisch prophezeite, tauscht er sein Motorrad gegen einen Kinderwagen und offenbart nach Schichtende Hausmannqualitäten, indem er sich rührend um seine kleine Tochter kümmert. Was ihn nicht daran hindert, über das Angebot seines Schwiegervaters nachzudenken, sich als Lehrausbilder weiter zu qualifizieren…

Nach einem Szenarium von Peter Abraham erzählt Drehbuchautor und Regisseur Manfred Mosblech mit dem 90-minütigen Film „Standesamt - Eintritt frei“ (PL Eva-Marie Martens), der im Deutschen Fernsehfunk unmittelbar vor der Umbenennung in Fernsehen der DDR erstausgestrahlt worden ist, eine optimistische Berliner Alltagsgeschichte zweier junger Menschen, die durchaus Stress verspüren bei den Anforderungen im Beruf, in der Ehe, in der wachsenden Familie und bei der Fortbildung. Die sich aber im Gegensatz zur Generation ihrer Eltern in der aufstrebenden sozialistischen Republik keine grundsätzlichen Sorgen machen müssen um den Arbeitsplatz, um das berufliche Fortkommen und die Kinderbetreuung.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Screening:

Uraufführung (DD): 26.12.1971, DFF

Titles

  • Originaltitel (DD) Standesamt - Eintritt frei

Versions

Original

Screening:

Uraufführung (DD): 26.12.1971, DFF