Das Inserat

Eine wilde Verfolgungsjagd über Stock und Stein endet mitten im Wald an einem Baumstamm. Den Skoda hat es schwer erwischt. Sein Fahrer hatte, offenbar aus Eifersucht, einen Trabi verfolgt. Schnitt. Juliane „Julchen“ Steiner tippt nach Tonband-Vorlage. Und macht sich einen Kaffee, zum Wachbleiben: Es ist schon sehr spät und die Buchhalterin offenbar die Letzte in der Reparaturwerkstatt Süd. Als sie Geräusche hört, ruft sie nach Opa Wilhelm, dem Nachtwächter. Doch der ist draußen auf dem Hof, weshalb die Sekretärin den Kassenraum aufschließt, in dem sie Verdächtiges wahrgenommen hat. Bevor sie die Polizei rufen kann, wird sie vom maskierten Täter überwältigt…

Oberleutnant Jürgen Hübner und Wachtmeister Lutz Subras ermitteln in einem handwerklichen Kraftfahrzeug-Betrieb. Der Geldschrank ist aufgebrochen worden, 8000 Mark fehlen. Wie der K-Techniker (Karl-Heinz Kaiser) ermittelt, muss der Täter sich ausgekannt haben: der Einstieg war nur fingiert, das Fenster zum Büro von innen geöffnet und die Stäbe ebenfalls von innen mit einem Scherenwagenheber auseinandergebogen worden. Der Verdacht fällt zunächst auf den jungen Autoschlosser Marko Buchholz, der in der Tatnacht seine Freundin Julchen abgeholt hat.

Dagegen spricht, dass der Brigadier Richard Pauli (Fritz Marquardt) in etwa zur Tatzeit Eduard „Eddi“ Alscher, einen Angestellten aus der Kundenannahme, in der Nähe des Betriebsgeländes gesehen hat. Eddi dagegen will am Abend daheim geblieben sein, wofür es eine Zeugin gibt: Ausgerechnet Markos Mutter Beate Buchholz, Bereichsleiterin im Kaufhaus, gibt ihm ein Alibi. Obwohl ihr Sohn jetzt wieder der Hauptverdächtige ist, nachdem sich herausgestellt hat, dass er bei einer strikt verbotenen Privatfahrt mit dem Fahrzeug der bekannten Sängerin Müller-Dommisch (Ingeborg Krabbe) einen schweren Unfall hatte.

Eine Rekonstruktion des Tatablaufs soll Klarheit bringen, doch dabei stellt sich die Aussage Paulis als wertlos heraus. Kfz-Meister Schneebusch identifiziert das Tatwerkzeug als Wagenheber aus Markos Werkstattbereich. Als dann der arg verbeulte sandfarbene Skoda der Sängerin in der Garage von Beate Buchholz gefunden wird, scheint die Sache klar zu sein. Doch der Brigadier lässt nichts auf Marko kommen, attestiert ihm „Ehrlichkeit bis zur Dusseligkeit“.

Mit Hilfe einer Kleinanzeige in der Zeitung baut die Kripo dem Täter eine Falle: „Mucki“ Ratzek ist Oldtimer-Fan und seine Gattin Conny hat auf den avisierten orangefarbenen BMW Dixie bereits 7000 Mark angezahlt. So kommt heraus, dass in der Reparaturwerkstatt Süd bereits seit geraumer Zeit betrügerische Geschäfte mit begehrten Fahrzeugen laufen…

Das Filmnegativ dieser „Polizeiruf 110“-Folge galt viele Jahre als verschollen und wurde erst 2010 wiederentdeckt. Der Mitteldeutsche Rundfunk strahlte „Das Inserat“ danach erstmals am 7. Dezember 2010 im „Dritten“ aus. Bemerkenswert an diesem eher durchschnittlichen Krimi der populären Adlershofer Reihe ist allein die Besetzung: Beate Buchholz wird von Alicja Bobrowska verkörpert, der „Miss Polen“ des Jahres 1957.

In seinem einzigen „Polizeiruf 110“-Auftritt ist der DDR-Schlagersänger Thomas Lück als Kfz-Mechaniker Knut Schulze, Kollege von Marko, Peter Hempel (Ernst-Georg Schwill), Wolfgang „Wolle“ Stibinger (Jörg Knochée) und Richard Pauly in der Werkstatt, zu erleben. Der zeitweilige Gatte Nina Hagens stürmte mit Schlagern wie „Kunigunde“ die DDR-Hitparaden, bevor er ins Musical-Fach wechselte und auch im Film reüssierte. Sein größter Erfolg „Liebesfallen“ hatte im Sommerkino 1976 auf der Freilichtbühne Fürstenwalde Premiere, verschwand aber bald im Babelsberger Giftschrank: im Zuge der Ausbürgerung Wolf Biermanns hatten Nina und Eva-Maria Hagen noch im gleichen Jahr die DDR in Richtung Westdeutschland verlassen.

Pitt Herrmann