Kinder der Hoffnung

Deutschland 2021 Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
32 Kinder einer Schulklasse im israelischen Petach Tikva posieren 1988 für ein Foto. In Schlips und Kragen. Als sich ihre Wege trennen, sind sie voller Hoffnung auf ein Leben in Frieden und Freiheit. „Wer sind wir heute?“ fragt die Filmemacherin Yael Reuveny aus dem Off: „Haben wir das Versprechen gehalten, dass wir als Kinder gegeben haben, nämlich in Israel zu bleiben und das Land aufzubauen?“ Sie selbst verneint ihre eigene Frage: Sie hat Israel bereits vor langer Zeit verlassen, um mit romantischen Vorstellungen von Europa nach Deutschland zu gehen. In ein Land, aus dem ihre Großeltern einst flüchten mussten. Sie hat Israel erst nach mehreren Jahren wirklich vermisst – und fühlt sich jetzt im Widerspruch des Exils gefangen.

Nun ist Yael in den Ort ihrer, wie verwackelte Super-8-Aufnahmen belegen, offenbar unbeschwerten Kindheit zurückgekehrt. Einer kleinen, von großen Orangenhainen umgebenen Stadt. Um mit einigen ihrer damaligen Mitschüler ihr eigenes Selbstverständnis und das ihrer Generation zu reflektieren. „Warum gibt es keinen Frieden mit den Palästinensern?“, ist nur eine der vielen Fragen. Erste Gesprächspartnerin ist Meital, die sie seit Kindergartenzeiten kennt: ihre Eltern kamen als konservative Mittelschichts-Juden aus Rumänien, Meital ist somit Shoa-Überlebende der 2. Generation. Mosh will sich nur noch an die guten Dinge aus der Kindheit, die auch von dokumentarischen Schwarzweiß-Aufnahmen unterlegt sind, erinnern. Das Schicksal seines arbeitslosen Vaters spornt ihn an, nach Ableistung des obligatorischen Wehrdienstes im Beruf erfolgreich zu sein.

Die in den 1940er und 1950er Jahren geborene Aufbaugeneration entstammt nicht selten arabischen Nachbarländern und wuchs zunächst in Flüchtlingslagern auf. Das hat ihren weiteren Lebensweg geprägt. Keren dagegen ist als behütete Tochter in einem Neubauviertel aufgewachsen, wollte immer ihren Eltern und ihrem Umfeld gefallen, hat sich durch den selbstauferlegten Druck aber nicht glücklicher gefühlt. Moran war ein Jahr in Deutschland und hat das einfachere, leichtere Leben dort genossen. Aber mit ihrem Mann hat es nicht geklappt, so lebt sie nun wieder in Petach Tikva. Avi war freiwillig lange bei der Armee, hat nun beruflich viel in den USA zu tun und ist glücklich über die Zeit, die er mit seiner Familie verbringen kann. Auch bei Moran steht die vielköpfige Familie ganz im Mittelpunkt, sie lebt mit ihren Eltern und ihrer Schwester zusammen.

Yael Reuveny, deren Vater als Jude aus dem Irak flüchten musste und deren aus Osteuropa stammende Mutter stets ihre alte Heimat vermisste, porträtiert in ihrem 84-minütigen Film eine Generation von Israelis, die eingesteht, keine Kinder der Hoffnung zu sein. Mit vierzig sind sie zwar noch jung, wissen aber, dass nicht mehr alles möglich ist. Die erste Generation, die ihrer Eltern, setzte alle Hoffnung auf Israel. Doch Shiri, die mit ihrer Mutter zusammenlebende Influencerin, Rachel, die Mutter von vier Kindern, die in Vollzeit arbeitet und am Ende ihrer Kräfte ist, Naama, die in den USA studiert hat und nun ganz nach Los Angeles auswandert, Dudu, der von seiner Musik die Familie nicht ernähren kann, oder der Augenarzt Alon, der mit einem Zahnarzt zusammenlebt und bei der Armee Schreckliches erdulden musste – sie alle sind nicht frei und reichlich desillusioniert. Auch vom Krieg als ständigem Hintergrundgeräusch. Weshalb Sarit, die Innenarchitektin und Mutter dreier Kinder, „Safe Rooms“ in jedem Neubau, auch in Hochhäusern, errichten lässt. In einem solchen wohnt Michal, der in Rom studiert hat, um Arzt zu werden, nach einem Jahr aber nach Israel zurückgekehrt ist.

Yael Ronens Fazit: Nur wer frei ist, oder sich wie der ehemalige Ministerpräsident und Friedensnobelpreisträger Jitzchak Rabin von seinen Dogmen befreit, kann Frieden schließen. „Kinder der Hoffnung“, uraufgeführt am 15. August 2021 beim Jüdischen Filmfestival Berlin-Brandenburg, kommt in der Originalfassung mit Untertiteln am 4. November 2021 in die Kinos – dem Jahrestag der Ermordung von Jitzchak Rabin auf einer großen Friedenskundgebung in Tel-Aviv im Jahr 1995. Nach dem Tod Rabins gerieten die Verhandlungen und der gesamte Friedensprozess ins Stocken. 1996 beginnt in Israel die Ära Netanjahu...

Yael Reuveny im FilmKinoText-Presseheft: „Was ist für mich besonders wichtig? Was will ich verstehen? Was wurde bisher noch nicht gesagt und aufgearbeitet? Und mir wurde klar, dass wir das sind. Die erste Generation, die in dieses Land hineingeboren wurde, frei von der Diaspora. Einerseits - ein wahr gewordener Traum, von dem Generationen von Juden vor uns nur geträumt haben. Andererseits - ganz normale Menschen aus der Mittelschicht, mittleren Alters, mitten in Israel, die eine gewisse Hoffnungslosigkeit entwickelt haben. Das ist genau die Art von Menschen, die man nie auf der Leinwand oder in den Nachrichten sieht. Aber wenn man Israel verstehen will, wenn man verstehen will, was es geworden ist, muss man sie, also uns, verstehen. Und man muss ihre ganz spezielle Hoffnungslosigkeit verstehen.“

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Duration:
84 min
Format:
DCP
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 11.03.2021, 204819, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Screening:

Aufführung (DE): 15.08.2021, Berlin, Jüdisches Filmfestival Berlin Brandenburg, Delphi Lux;
Kinostart (DE): 04.11.2021

Titles

  • Weiterer Titel (DE) Kinder der Hoffnung - One of US
  • Weiterer Titel (eng) Promised Lands
  • Originaltitel (DE) Kinder der Hoffnung

Versions

Original

Duration:
84 min
Format:
DCP
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 11.03.2021, 204819, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Screening:

Aufführung (DE): 15.08.2021, Berlin, Jüdisches Filmfestival Berlin Brandenburg, Delphi Lux;
Kinostart (DE): 04.11.2021

Awards

Jüdisches Filmfestival Berlin Brandenburg 2021
  • Gershon-Klein-Dokumentarfilmpreis