Fernsehsender Paris und Stadtbilder [Archivtitel]

Deutschland 1942 Dokumentarfilm

Films from the National-Socialist period must be considered in the context of state-influenced production and reception. Further informations »

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Heinz17herne
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Der Potsdamer Maler und Kunstpädagoge Hubert Globisch (1914 – 2004) hinterließ neben zahlreichen Werken der bildenden Kunst auch Amateurfilme. 1939 kaufte er sich eine Eumig C 3 Federwerkskamera im damals neuen und kleinsten Filmformat 8mm. Maximal dreißig Sekunden konnte ein Take aufgenommen werden. Sie löste eine batteriebetriebene 8mm-Kamera ab, mit dem er bereits als junger Mann experimentiert hatte.

Globisch, der 1939 als Angestellter im Bereich Planung zur Reichspost-Fernsehgesellschaft Berlin gewechselt war, die seit 1934 den nach Paul Nipkow, dem Erfinder der Nipkow-Scheibe, benannten weltweit ersten regulären Fernsehsender betrieb, wechselte, zum Wehrdienst eingezogen, im Mai 1942 als Teil eines Funkeinsatztrupps zum Fernsehsender Paris, der vom 7. Mai 1943 bis zum 18. August 1944 sendete. Die Aufnahmestudios waren in umgebauten Räumlichkeiten des ehemaligen Tanzpalastes „Magic City“ in der Rue de l’Université untergebracht, der Eiffelturm diente als Sendemast – mit einer Leistung von 30 kW seinerzeit der stärkste weltweit.

Gesendet wurde in erster Linie zur Truppenbetreuung sowie zur Unterhaltung der Verwundeten und der Belegschaft in den Lazaretten, das deutsch-französische Programm unter dem Titel „Paris-Télévision“ konnte aber auch, wenn auch nur in schlechterer Bildqualität, von französischen Fernsehgeräten empfangen werden. Nach der Invasion der Alliierten in der Normandie räumten die Berliner „Paul Nipkow“-Techniker die französische Hauptstadt und Hubert Globisch kehrte nach Potsdam zurück, wo er bis Kriegsende1945 als Angestellter der Forschungsanstalt der Deutschen Reichspost in Kleinmachnow südlich von Berlin tätig war.

Auch in der Seine-Metropole drehte er weiterhin im privaten Rahmen und setzte die Dokumentation seiner beruflichen Stationen fort. Der 17-minütige Kurz-Stummfilm „Fernsehsender Paris und Stadtbilder“, der Titel wurde nachträglich vom Bundesarchiv gewählt, dem der Potsdamer im September 2.000 sein Material übergeben hatte, ist ein impressionistisches Porträt der Stadt unter deutscher Besatzung.

Friedliches Leben auf der eleganten Avenue des Champs-Élysées, die königlichen Anlagen Place des Vosges mit seinem charakteristischen Brunnen, Place des Victoires mit dem Reiterstandbild Ludwig XIV. und Place Vendôme mit der Siegessäule, der Arc de Triomph mitten im Autostau. Ein größerer Gegensatz zum in seiner Fahrrad-Rikscha schlafenden Fahrer ist nicht denkbar. Es sind zunächst touristische Impressionen, die Motive zum Teil mit Zwischentiteln erläutert durch Einblendungen von Schildern zu Straßen (Rue de Rivoli) und Gebäuden (Hôtel de Ville), durch Reklameschilder (Moulin Rouge) oder Hinweistafeln (Louvre).

Spielende Kinder in Parkanlagen, Miniatur-Segelschiffe in einem Teich. Darunter ein U-Boot-Modell, erster Hinweis auf die Entstehungszeit dieser Aufnahmen. Auf die unmittelbar Bilder von Lastkähnen, welche die Seine befahren, folgen. Und dann der erste uniformierte Wehrmachts-Soldat, der – wahrscheinlich – von einem Kirchturm auf die Stadt blickt – und ein Trümmergrundstück unmittelbar darunter. Es sollte die Ausnahme bleiben: Hubert Globisch zeigt ein unzerstörtes Paris mit Montmartre-Boheme, Quartier Latin und Pont Neuf, Notre-Dame und immer wieder dem Eiffelturm, „seinem“ Sendemast.

Wehrmachtssoldaten schlendern am Ufer der Seine, begutachten die Werke der Maler und Zeichner, stöbern auch mal in einem der aufgereihten Bücherkästen in antiquarischer Lektüre. Der Invalidendom ist jetzt deutsch-französisches Kriegsmuseum. Immer wieder begegnen dem Potsdamer freundliche, häufig fröhlich winkende Landsleute. Mit dem Emailleschild „Musée d’Art Moderne“ endet das dokumentarische Paris-Porträt abrupt.

Hubert Globisch gilt zwar als Amateurfilmer, er hat aber stets mit künstlerischen Mitteln gearbeitet im Rahmen seiner bescheidenen technischen Möglichkeiten, so in „Paris“ (der Name in Leuchtbuchstaben gleich zu Beginn wirkt wie ein Filmtitel) mit witzig-skurrilen Rückwärtslauf-Projektionen, absichtsvollen Tempoveränderungen sowie Auf- und Abblenden. Ralf Forster, Sammlungsleiter des Filmmuseums Potsdam, hat „Fernsehsender Paris und Stadtbilder“ nach seiner Digitalisierung am 23. Januar 2022 im Filmmuseum Potsdam in Anwesenheit von Hubert Globischs Tochter Hendrikje Beschnidt erstmals öffentlich gezeigt im Rahmen der von ihm kuratierten Reihe „Brandenburgs Filmerbe entdecken“.

Pitt Herrmann

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Director of photography

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Director of photography

Duration:
17 min
Video/Audio:
s/w

Titles

  • Originaltitel (DE) Fernsehsender Paris und Stadtbilder [Archivtitel]

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Original

Duration:
17 min
Video/Audio:
s/w