Der veruntreute Himmel

BR Deutschland 1990 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
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Im Zentrum der Bildschirmadaption des Romans „Der veruntreute Himmel“ von Franz Werfel steht die jüdische Großbürgerfamilie Argan, die in Wien zuhause ist, sich nun aber, am Vorabend des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich, auf Sommerfrische im eigenen Landhaus befindet. Vater Leopold (Eugen Stark), Gattin Livia (Gertraud Jesserer), Tochter Doris (Svenja Christina Schreiber), Sohn Philipp (Bernhard Schir) und ein Verwandter, der „Dichter“ (Niklaus Paryla), führen ein weltoffen-gebildetes, konservatives, in Glaubensfragen aber sehr liberales Haus. Nur die greise, betont gottesfürchtige Köchin Teta (Elisabeth Epp) schert diesbezüglich aus der Reihe.

Nachdem Philipp auf einer Bergtour stürzt und wenig später stirbt, kehrt die Familie nach Wien zurück. Teta gibt ihren Dienst nach zwanzig Jahren auf und reist mit ihrer großzügigen Abfindung zu ihrem Neffen Mojmir (Paulus Manker), den sie seit mehr als dreißig Jahren finanziell unterstützt hat. Aus seinen (Bettel-) Briefen glaubt sie ihn im Besitz einer Dorfpfarre in der tschechischen Provinz, sodass Teta zunächst zu ihrer Schwester nach Prag und dann weiter aufs Dorf reist, wo sich freilich alles als Schwindel herausstellt.

Sie findet, nach einem Zusammenbruch leidlich genesen und nach Prag zurückgekehrt, Mojmir in völlig verwahrlostem, verarmtem Zustand vor: Er hat nur ihr Geld erschwindeln wollen, um seine Schulden bezahlen zu können. Teta, die allmählich erkennt, ihren Neffen aus höchst eigennützigen Gründen unterstützt zu haben, um sich „im Himmel freikaufen zu können“, schließt sich einer Pilgerreise nach Rom an, wo sie unverhofft auf die Familie Argan trifft: Nach Philipps Tod erkrankte Doris schwer und soll sich nun am Tiber erholen, während daheim in Wien die Hakenkreuzflaggen wehen.

Teta freundet sich mit dem jungen Kaplan Seidel (Peter Simonischek) an, erleidet bei der Papst-Audienz einen Schlaganfall und stirbt wenig später. Im Schlussbild verabschiedet sich die Familie Argan von Wien, um in die Schweiz zu emigrieren...

Regisseur Ottokar Runze hat die unmittelbar bevorstehende Machtergreifung der Nationalsozialisten nur als sehr oberflächliche Folie für diese religiöse Erweckungsgeschichte genommen, die im Hinblick auf Franz Werfels Biographie stark autobiographische Züge trägt. Der Erzähler ist der „Dichter“ im Hause der Argans, der nach Paris auswandern will, um diese Familienchronik zu schreiben und in einem Amsterdamer Exilverlag zu publizieren.

Franz Werfel, Österreicher jüdischer Abstammung und einer der ganz großen Lyriker des deutschen Expressionismus, fühlte sich in den 1930er Jahren immer stärker zur katholischen Kirche hingezogen. Und das vor allem als Gegenentwurf zur gottlosen Gesellschaft der Nationalsozialisten. Sein Roman „Der veruntreute Himmel“ ist Ausdruck dieses Ringens um ein anderes religiöses Heil. Ottokar Runzes gleichnamiger Film aber ist in erster Linie weder eine Familien- noch eine Zeitchronik, sondern eine biographisch grundierte Geschichte mit der moralischen Botschaft, dass man mit dem Himmel keine Geschäfte machen kann.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Duration:
100 min
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

TV-Erstsendung (DE): 12.09.1990, ARD

Titles

  • Originaltitel (DE) Der veruntreute Himmel

Versions

Original

Duration:
100 min
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

TV-Erstsendung (DE): 12.09.1990, ARD