Was guckst Du? Migration als Komödie, Ausländer als Witzfiguren und lebende Klischees

Während eine Reihe ambitionierter Filmemacher in den 70er und 80er Jahren versuchte, mit eindringlichen Sozialdramen und Dokumentarfilmen auf die Nöte ausländischer Arbeitskräfte aufmerksam zu machen, entwickelte sich parallel dazu das filmische Klischee vom Ausländer als lächerlicher Witzfigur. Das beginnt mit Sexkomödien der 70er Jahre, in denen es der italienische Darsteller Rinaldo Talamonti in Filmen wie "Laß jucken, Kumpel!", "Alpenglühn im Dirndlrock" oder "Geh zieh dein Dirndl aus" unter Namen wie "Roberto Ravioli" oder "Vittorio Parmesano" zur Belustigung der Zuschauer immer wieder mit großen, drallen Blondinen zu tun bekommt. Und es zieht sich hin bis zu neueren Filmen wie "Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit", in dem der deutsche Schauspieler Dieter Landuris einen verschmitzten Italiener verkörpert, der ein amüsant gebrochenes Deutsch spricht und so südländisch-leidenschaftlich veranlagt ist, dass er aus Liebeskummer vom Dach eines Hochhauses springen will. In Doris Dörries durchaus wohlmeinender Komödie "Keiner liebt mich" taucht zwar ein Afrikaner als Hauptfigur auf – jedoch in leicht absurder Überhöhung als mystischer Lebenskünstler, der sein Gesicht mit archaisch anmutenden Symbolen bemalt, auf einer afrikanischen Trommel musiziert und wie ein Schamane über hellseherische Fähigkeiten verfügt. Andererseits sind Doris Dörrie in der Krimikomödie "Happy Birthday, Türke" eine Reihe von Gags gelungen, in denen Klischees und Vorurteile gegenüber Türken und Ausländern süffisant ad absurdum geführt werden. 

 
Quelle: Constantin, DIF
Tom Gerhardt und Hilmi Sözer in "Voll normaal" (1994)
 

Humor und Migration: Noch immer eine seltene Kombination
Insgesamt aber gibt es nur erstaunlich wenige Filme, die sich auf komödiantische Weise mit dem Thema Migration auseinander setzen. Rolf Lyssys Satire "Die Schweizermacher", der die Einbürgerungspraxis der Eidgenossen aufs Korn nimmt, war der erste Versuch, sich der grotesken Bedingungen, unter denen Ausländer von der mitteleuropäischen Wohlstandsgesellschaft "akzeptiert" werden, komödiantisch zu nähern. Ebenfalls aus der Schweiz stammt "Hunderennen" von Bernard Safarik. Der Film über das Schicksal osteuropäischer Flüchtlinge im "goldenen Westen" ist zwar keine Komödie, trägt in seiner Melancholie aber durchaus bitter-tragikomische Elemente. In Deutschland war "Ich Chef, Du Turnschuh" eine der ersten Produktionen, die einen satirischen Blick auf die Migrations- und Asylproblematik wagten: Der Film erzählt von einem illegal eingereisten Armenier, der nichts unversucht lässt, um an eine Aufenthaltsgenehmigung zu gelangen. "Ich Chef, Du Turnschuh" war jedoch, anders als den schweizerischen und österreichischen Komödien zum Thema, kein großer Erfolg beschieden. Offenbar galt die "Ausländerproblematik" hier zu Lande noch immer als zu ernst, um darüber Witze zu machen. Manchen Komödien gelingt es gleichwohl, auf beiläufige Art mit Klischees zu spielen und Stereotypen zu ironisieren. Wenn Moritz Bleibtreu in "Knockin" on Heaven’s Door", Erkan Maria Moosleitner in "Erkan und Stefan" oder Hilmi Sözer in "Voll Normaal" ausländische Charaktere verkörpern, ist dies kein Rückfall in rassistische Stereotypen, sondern vielmehr eine Reflexion der alten Klischees. Diese Figuren sind bewusst als hoffnungslos überzeichnete Stereotypen angelegt, um – neben dem klar komödiantischen Effekt – ganz nebenbei bestehende Vorurteile und Klischees ad absurdum zu führen. So schlicht einem diese Filme und ihr Humor auch erscheinen mögen, treffen sie auf hintersinnige Weise voll ins Schwarze: Denn das Bild vom vertrottelten Ausländer, der haarsträubendes Deutsch spricht und wie ein tumber Tor durch die Welt stolpert, taugt heute wirklich nur noch zur Witzfigur.