1992

11. Januar
Der Kinobesitzer Heinz Riech, 69, stirbt in Warendorf. 1955 eröffnete er sein erstes Lichtspieltheater, am Ende war er Herr über 453 Kinos in 67 deutschen Städten. Das Wachstum seines Kinoimperiums beschleunigte er durch Zellteilung. Er war der Vater der "Schachtelkinos".

18. Januar
Der Film "Hitlerjunge Salomon" (englischer Titel: "Europa, Europa" ), produziert von Artur Brauner, inszeniert von Agnieszka Holland, wird in Los Angeles mit dem "Golden Globe" als bester ausländischer Film ausgezeichnet. Eine "Oscar"-Nominierung scheiterte am deutschen Auswahlgremium. Darüber entfacht Brauner, tief verletzt, öffentlichen Streit.

13. - 24. Februar
Die Retrospektive der Berliner Filmfestspiele ist der Geschichte des Studios Babelsberg gewidmet. Gezeigt werden 73 Filme. Dazu erscheint das Buch "Babelsberg. Ein Filmstudio 1912-1992", herausgegeben von Wolfgang Jacobsen.

 

17. Februar
Der Carl Hanser Verlag und der Autor Klaus Kreimeier präsentieren in Berlin das Buch "Die Ufa-Story". Selbst der Journalist Will Tremper ist von dem Werk beeindruckt: "Eine grandiose Forschungsarbeit." (Welt am Sonntag, 5. 4.1992).

11. März
Uraufführung des Bavaria-Films "Schtonk!" von Helmut Dietl. Eine Komödie über die peinlichste Fälschungsfarce in Deutschland: als der "Stern" 1983 getürkte Hitler-Tagebücher für echt ansah. 15 Millionen DM Produktionskosten, zwei Millionen Kinobesucher in der Bundesrepublik. Im Juni mit dem "Filmband in Gold" ausgezeichnet. 1993 als "bester ausländischer Film" für den "Oscar" nominiert.

6. Mai
Marlene Dietrich stirbt in Paris. Sie wird auf eigenen Wunsch am 16. Mai in ihrer Geburtsstadt Berlin bestattet. Auf ihrem Grabstein steht als Inschrift ein Theodor Körner-Zitat: "Hier steh ich an den Marken meiner Tage. Marlene. 1901-1992". Ihre autobiografischen Reflexionen erschienen 1979: "Nehmt nur mein Leben …".

15. Juli
An seinem 90. Geburtstag stirbt der Filmjournalist Hans Feld in London. Von 1926 bis 1932 war er Leitender Redakteur und Hauptkritiker des täglich erscheinenden "Film-Kurier". 1933 zunächst nach Prag, dann nach London emigriert. Er war für die deutsche Filmgeschichtsschreibung ein wichtiger Zeuge der Zeit.

7. August
In Hamburg stirbt der Regisseur Eberhard Fechner, 65. In "filmischen Erzählungen", die er ungern "dokumentarisch" nannte, hat er vom Leben in Deutschland im 20. Jahrhundert berichtet: "Nachrede auf Klara Heydebreck", "Klassenphoto", "Die Comedian Harmonists", "Der Prozess".

21. August
In Rheinsberg stirbt der Autor Rolf Richter, 59 Jahre alt. Als Kritiker, Filmwissenschaftler und Dokumentarist bemühte er sich in der DDR um eine weitgehend unabhängige Position.

25. August
Die Treuhandanstalt verkauft das DEFA-Studiogelände in Potsdam-Babelsberg für 130 Millionen DM an die "Compagnie Immobilière Phénix (CIP) Deutschland GmbH", eine Tochtergesellschaft des französischen Mischkonzerns "Compagnie Générale des Eaux" (CGE). Geschäftsführer der in diesem Zusammenhang gegründeten Firma "Studio Babelsberg GmbH" werden Volker Schlöndorff und Pierre Couveinhes.

September
In München und Venedig wird der Filmzyklus "Die zweite Heimat" von Edgar Reitz uraufgeführt. Er dauert fast 26 Stunden und ist "eine deutsche "L'éducation sentimentale" in den sechziger Jahren" (Wolfram Schütte): die Erlebnisse des Studenten und Musikers Hermann Simon, der aus dem Hunsrückdorf Schabbach nach München kommt, die Geschichten seiner Clique als "Essenz der Zeit".

18. September
Die Kritikerin Karena Niehoff stirbt im Alter von 71 Jahren in Berlin. Seit Ende der vierziger Jahre schrieb sie für den West-Berliner "Tagesspiegel" (später auch für die "Süddeutsche Zeitung") Feuilletons. Vor allem Filmkritiken, die pointiert und voller Arabesken den Inhalt zur Form brachten.

Oktober
In Frankfurt erscheint der erste Band der Reihe "KINtop", ein "Jahrbuch zur Erforschung des frühen Films", herausgegeben von Frank Kessler, Sabine Lenk und Martin Loiperdinger. Durch Essays, Berichte und Dokumente werden hier neue Erkenntnisse zur Frühgeschichte des Kinos vermittelt.

1. Dezember
Beim Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm wird "Neues aus Wittstock" mit der "Goldenen Taube" ausgezeichnet: Volker Koepps vierter Film über Arbeiterinnen eines Textilbetriebs in Brandenburg.

2. Dezember
In Berlin wird eine Ausstellung zum 75jährigen Bestehen der Ufa eröffnet, veranstaltet vom Deutschen Historischen Museum und der Stiftung Deutsche Kinemathek. Eine Reise durch die deutsche (Film)Geschichte der Jahre 1917-1945 in 21 Stationen. Rechtzeitig zum Jubiläum erscheint bei 2001 "Das Ufa-Buch", herausgegeben von Hans-Michael Bock und Michael Töteberg.

 

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Hans Helmut Prinzler: Chronik, 1895-2004. In: Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler (Hg.): Geschichte des deutschen Films. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler 2004

© 2004 J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart.