Jud Süß

Deutschland 1940 Spielfilm

Filme der NS-Zeit sind im Kontext der staatlich beeinflussten Produktion und Rezeption zu sehen. Mehr erfahren »

Inhalt

Der von der nationalsozialistischen Regierung in Auftrag gegebene und als Propagandafilm konzipierte "Jud Süß" ist ein antisemitischer, rassistischer Spielfilm von Veit Harlan aus dem Jahr 1940.

Der Film zeigt eine ideologisch verzerrte Version der Biografie der historischen Figur Joseph Süß Oppenheimer. Der jüdische Finanzberater wird vom württembergischen Herzog Karl Alexander an den Hof berufen, um dessen maßlosen Lebensstil zu finanzieren. Machtbesessen und selbstsüchtig wird Süß inszeniert, bei den Landständen macht er sich entsprechend unbeliebt. Seinen Einfluss nutzt er, um den Judenbann in Stuttgart aufzuheben, woraufhin viele Juden in die Stadt kommen – als Statisten wurden jüdische Bewohner des Warschauer Ghettos zwangsverpflichtet. Das tugendhafte, deutsche Gegenbild zu Oppenheimer liefern der Staatsrat Sturm, dessen Tochter Dorothea und ihr Verlobter Faber. Oppenheimer setzt alles daran, Dorothea zur Frau zu nehmen. Da ihm dies nicht gelingt, droht er Faber zu foltern und vergewaltigt sie. Als Oppenheimer den Herzog dazu bringt, die beginnenden Aufstände der Bevölkerung niederzuschlagen, stirbt letzter an einem Schlaganfall. Als dann auch noch entdeckt wird, dass Dorothea Selbstmord begangen hat, wird Oppenheimer von der Bevölkerung festgenommen. Er wird zum Tode verurteilt und gehängt. Alle Juden müssen daraufhin Württemberg verlassen und werden erneut mit dem Judenbann belegt.

Die NS-Propaganda behauptete, der Film würde auf historischen Tatsachen beruhen, allerdings entspricht, mit Ausnahme einiger Personen- und Ortsnamen, nichts der Wahrheit. Auch mit dem Roman "Jew Suss" (1925) von Lion Feuchtwanger sowie der englischen Verfilmung hat der Nazi-Film nicht viel gemein. 1933 gab es bereits erste Drehbuchvorschläge zu "Jud Süß", aber erst 1939 begann die Umsetzung auf Grundlage des Drehbuchs von Veit Harlan. Nach dem Krieg wurde der Regisseur wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ angeklagt. Er selbst wies alle Schuld von sich und wurde freigesprochen. Sicher ist, dass Goebbels jeden Produktionsschritt überwachte und zahlreiche Änderungen am Drehbuch vornahm. Mit "Jud Süß" sollte eine ideologische Grundlage und Rechtfertigung für den Massenmord an europäischen Juden geschaffen werden.

Von den Alliierten wurde der Film 1945 als Verbotsfilm klassifiziert. Seit 1966 befinden sich die ehemaligen Verbotsfilme im Bestand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und werden unter Vorbehalt in öffentlichen Aufführungen zugänglich gemacht. Darunter fallen die Propagandafilme aus der Zeit des Nationalsozialismus, deren Inhalt kriegsverherrlichend, rassistisch, antisemitisch und/oder volksverhetzend ist und deshalb auf Beschluss des Stiftungs-Kuratoriums nicht für den allgemeinen Vertrieb freigegeben werden.

Quelle: Murnau-Stiftung

 

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Falk Schwarz
Die Infamie
Aus dem unteren Stockwerk des Gebäudes hört Dorothea (Kristina Söderbaum) die Schmerzensschreie ihres Mannes, der gefoltert wird. Im Zimmer des Süß Oppenheimer (Ferdinand Marian), den sie aufgesucht hat, um für ihren Mann Gnade zu erflehen, kann sie sich seiner Attacken nicht erwehren. Er kommt ihr bedrohlich näher und zischt aus dem hinterhaltig lächelnden Mundwinkel: „Bete nur zu deinem Gott, bete nur, aber nicht nur ihr Christen habt einen Gott, die Juden haben auch einen und das ist der Gott der Rache. Auge um Auge, Zahn um Zahn, bedank‘ sie sich bei ihrem Vater“. Und vergewaltigt sie. Schnitt. Sie stürzt sich ins Wasser und ertrinkt (auch daher wurde sie im Volksmund die „Reichswasserleiche“ genannt). So entwickelt sich die zentrale Szene des Films. „Wenn der Jude sein säuisches Wesen will treiben mit unseren Frauen und Töchtern...“ - Karsten Witte hat in der „Geschichte des deutschen Films“ analysiert, wie geschickt und berechnend Harlan diesen Film im Detail gestaltet hat, welch zentrale Bedeutung in diesem Film Überblendungen haben, die „nie eine Verwandlung nach vorwärts, sondern stets eine Verwandlung nach rückwärts“ sind. Man steht verwundert vor der Tatsache, dass Deutschlands berühmteste Schauspieler hier ihr „Bestes“ geben. Harlan hat in seiner Autobiographie versucht, sich als Goebbels Opfer darzustellen. Das war er nun wirklich nicht. Goebbels und Harlan waren sich ja ideologisch einig und stritten lediglich über Details der Filme. Das wird vergessen. Peinlich in diesem Zusammenhang, dass Noack (2000) und Buchloh (2010) in ihren Studien zu belegen versuchen, dass Harlan Opfer und nicht Täter war. Ob Harlan diesen Film machen wollte oder nicht, ist letztlich unwichtig. Er hat ihn gemacht. Und zwar genau so. Dieser Film ist bis heute nicht zugänglich. Das sollte so bleiben. Harlan hätte nach dem Krieg als Schöpfer dieses und anderer Machwerke für immer von der Filmbildfläche verschwinden müssen. Doch fand er Produzenten, die ihn auch weiterhin beschäftigten. Ein Treppenwitz der Filmgeschichte.

Credits

Regie

Kamera

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Kamera

Bauten

Bau-Ausführung

Kostüm-Ausführung

Choreografie

Darsteller

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • 15.03.1940 - Juni 1940
Länge:
2663 m, 97 min
Format:
35mm, 1:1,37
Bild/Ton:
s/w, Tobis-Klangfilm
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 06.09.1940, B.54227, Jugendfrei / feiertagsfrei;
Zensur (DE): Juni 1945, Verbot [Alliierte Militärzensur]

Aufführung:

Uraufführung (IT): 05.09.1940, Venedig, IFF;
Erstaufführung (DE): 24.09.1940, Berlin, Ufa-Palast am Zoo

Titel

  • Originaltitel (DE) Jud Süß
  • Weiterer Titel (ES) El Judio Suss
  • Weiterer Titel (FR) Le Juif Süs
  • Weiterer Titel (IT) Suss l'ebreo
  • Weiterer Titel (SU) Zidov Süss
  • Weiterer Titel (US) Jew Suss

Fassungen

Original

Länge:
2663 m, 97 min
Format:
35mm, 1:1,37
Bild/Ton:
s/w, Tobis-Klangfilm
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 06.09.1940, B.54227, Jugendfrei / feiertagsfrei;
Zensur (DE): Juni 1945, Verbot [Alliierte Militärzensur]

Aufführung:

Uraufführung (IT): 05.09.1940, Venedig, IFF;
Erstaufführung (DE): 24.09.1940, Berlin, Ufa-Palast am Zoo

Digitalisierte Fassung

Länge:
96 min
Format:
DCP 2k, 1:1,37
Bild/Ton:
5.1 Mono

Formatfassung

Länge:
1060 m, 97 min
Format:
16mm

Prüffassung

Länge:
2640 m, 96 min
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 01.11.1943, B.59532, Jugendfrei ab 14 Jahre / feiertagsfrei